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Meinung

Lesende fragen Peter Schneider
Gibt es in den USA keine jungen, intelligenten Präsidentschaftskandidaten?

(COMBO) This combination of pictures created on October 22, 2020 shows US President Donald Trump and Democratic Presidential candidate and former US Vice President Joe Biden during the final presidential debate at Belmont University in Nashville, Tennessee, on October 22, 2020. (Photo by JIM WATSON and Brendan Smialowski / AFP)
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Wieso werden die USA dieses Jahr vermutlich einen Greis oder einen narzisstischen Psychopathen als Präsidentschaftskandidaten aufstellen? Gibt es in diesem Land keine geeigneten intelligenten jungen Menschen mit Führungsqualität? C.W.

Liebe Frau W.

Sicherlich gibt es die. Es scheint aber so, als gäbe es zu Joe Biden keine brauchbare Alternative, weil jede andere Kandidatur der Demokraten die Gefahr vergrössern könnte, dass Trump der nächste Präsident der USA werden könnte.

Was man kaum für möglich gehalten hätte bei all den Enthüllungen und Gerichtsurteilen und Trumps Verhalten, ist leider Realität geworden: Viele Trump-Wähler und -Wählerinnen setzen auf ihn, weil er ist, wie er ist. Immer dort, wo es angeblich «eng» für Trump hätte werden sollen, hat sich ihm ein neues weites Feld der Demagogie eröffnet.

Sein Versuch vor vier Jahren, mit der Nichtanerkennung der Wahlen und der Befeuerung des Sturms auf das Capitol staatsstreichartig seine Macht zu sichern, hat ihm bei den Hardcore-Trumpisten und -Trumpistinnen noch mehr Anerkennung eingebracht und andere Wähler offenbar nicht abgeschreckt.

Möchte man einen Präsidenten wie Javier Milei in Argentinien, nur weil er mehr als zwanzig Jahre jünger ist als Biden?

Dabei sind die Erfolge der Regierung Bidens nicht nur innenpolitisch positiv, auch aussenpolitisch (die Unterstützung der Ukraine und Israels, beide nicht blindlings und unbesonnen) macht Bidens Politik keine schlechte Falle. Alles scheint auf sehr unspektakuläre Art einigermassen vernünftig. Nach den Regierungsjahren Trumps ist das schon einmal sehr viel.

Damit scheint die Tatsache, dass er ein sehr alter Mann ist – wie die einstige Hoffnungsfigur der Jüngeren, Bernie Sanders, schliesslich auch –, weit in den Hintergrund gerückt. Möchte man einen Präsidenten wie Javier Milei in Argentinien, nur weil er mehr als zwanzig Jahre jünger ist als Biden?

Vielleicht ist der weltweite Trend zu rechten bis rechtsextremen Populisten weitgehend altersunabhängig, was die Politiker betrifft, die solche Bewegungen anführen. Vielleicht geht es vor allem darum, den realen Problemen auszuweichen (Klimaerwärmung, Migration, soziale Sicherung) und stattdessen auf hochstaplerische Stärke und fantastische Versprechen zu setzen, weil das weniger schmerzhaft (und weniger langweilig) erscheint, als den Herausforderungen realpolitisch und demokratisch zu begegnen.

In der frühen christlichen Theologie gab es die Formel «Credo quia absurdum»: Ich glaube, weil es widersinnig ist. Diese Loslösung von der Vernunft, von Argumenten und Begründungen scheint eine besondere Stärke des Glaubens hervorzubringen, eine kindische und zugleich gefährliche Separatwelt, in der sich Trump und seine Verteidiger und Verteidigerinnen eingerichtet und verschanzt zu haben scheinen. Bidens Alter macht mir weniger Sorgen.