USA-Podcast «Alles klar, Amerika?»Zerrissene Vereinigte Staaten: Ein Sonderfall in Nevada
Der US-Wahlkampf ist gehässig, Bürgerkriegsszenarien gehen um. Ein Besuch im Swing-State Nevada zeigt, wie tief gespalten die Vereinigten Staaten sind – und endet auf einer überraschend versöhnlichen Note.
Die einen befürchten eine Invasion von Millionen von Migranten und eine linke Meinungsdiktatur, die anderen sehen das Land kurz vor dem Abgleiten in den Faschismus: Im Wahljahr kochen in den Vereinigten Staaten die Emotionen hoch, es herrschen maximale Besorgnis und Verwirrung.
Der Casino-Staat Nevada ist gerade ein besonders gutes Beispiel dafür. Bei den Republikanern finden gleich zwei Vorwahlen für die Präsidentschaft statt, eine Primary des Bundesstaats Nevada und eine Reihe von Caucuses, Parteiversammlungen, organisiert von der Republikanischen Partei.
Bei den Caucuses nimmt nur Donald Trump teil, der Favorit, bei der Primary hingegen nur Nikki Haley, die aber in Nevada erst gar keine Kampagne führte. Obwohl sie die einzige verbliebene Kandidatin neben Trump ist, landete sie bei der Primary auf dem zweiten Platz: Mehr Wähler hatten ihr Kreuz auf den Wahlzetteln neben «Niemand» gesetzt als neben ihrem Namen.
Treffen sich ein linker und ein rechter Bauer
Fernab solcher parteipolitischer Ränkespiele versuchen der Gemüsebauer Rodney Mehring und der Viehhalter Dann Mathews, mit ihren Farmen in der Wüste von Nevada ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Mehring ist ein überzeugter Demokrat, der im Herbst für Joe Biden stimmen wird: Biden unterstütze innovative Kleinbauern wie ihn, sagt Mehring. Donald Trump hingegen versuche, das Land ins Chaos und in den Faschismus zu stürzen.
Dann Mathews hingegen kann sich nicht vorstellen, für einen Demokraten zu stimmen. Er lebt vom Export seiner Produkte auf die Weltmärkte, Bidens Aussenpolitik hält er für gescheitert und schädlich für den Handel. Zudem befürchtet er, die Demokraten in Washington könnten Pestizide verbieten oder die Viehhaltung in der Wüste von Nevada durch Vorschriften erschweren. Darum wird er im Herbst für Donald Trump stimmen, falls die Alternative Joe Biden heissen wird.
Ein unverhofftes Zeichen des Respekts
Die beiden Bauern in Nevada hat USA-Korrespondent Fabian Fellmann besucht, für eine Serie des «Tages-Anzeigers» über die Swing-States, die bei der Präsidentschaftswahl 2024 eine entscheidende Rolle spielen (die Reportage aus Nevada können Sie hier lesen). Mehring und Mathews diskutierten intensiv über Politik, und obwohl sie ganz unterschiedlicher Meinung sind, gelang es ihnen, einander zuzuhören und einander Respekt entgegenzubringen – am Ende eines langen Abends entschuldigten sie sich sogar für scharfe Worte in der Vergangenheit.
Warum schaffen es so viele andere Amerikaner nicht mehr, sich miteinander zu verständigen? Warum hat es keinen Platz für eine dritte Partei, wenn so viele Menschen nicht mehr zufrieden sind mit den zwei Grossparteien? Und worauf kommt es an, wer im Herbst den wichtigen Swing-State Nevada gewinnen wird? Darüber diskutieren Isabelle Jacobi, Chefredaktorin des «Bund», und USA-Korrespondent Fabian Fellmann in der aktuellen Ausgabe von «Alles klar, Amerika?», dem Politik-Podcast des «Tages-Anzeigers», produziert von Laura Bachmann.
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