US-Republikaner ausgeschlossenGeorge Santos spektakulär aus dem US-Kongress geworfen
Er log über seine Identität und verprasste Spendengelder für Botox-Kuren und Erotik-Portale. Seinen historischen Rauswurf kostete der republikanische Abgeordnete bis zuletzt aus.
Zumindest unterhaltsam ist er, auf seine eigene Weise: Congressman George Anthony Devolder Santos, 35 Jahre alt, Vertreter des dritten Distrikts von New York, eines reichen Stadtteils auf Long Island. Den Titel ist der Mann nun los. Die anderen Abgeordneten im Repräsentantenhaus haben ihn am Freitag aus dem Kongress ausgeschlossen, in einem historischen Schritt, nach monatelangem Spektakel. Nötig war ein Zweidrittelmehr von 290 Stimmen; 311 Parlamentarier beider Parteien sprachen sich für Santos’ Rauswurf aus.
«Sie, mein Herr, sind ein Gauner», hatte ihn sein Parteifreund Max Miller aus Ohio angeherrscht, als am Donnerstag über den Antrag debattiert wurde, bevor dieser am Freitag zur Abstimmung gelangte. Santos giftete zurück, er lasse sich doch nicht belehren von einem, der verdächtigt werde, eine Frau geschlagen zu haben. Der New Yorker wirkte, als koste er seine letzten Tage im Capitol noch nach Kräften aus.
Zweifelhafte Premiere
Abgesehen von seinem Unterhaltungswert hat Santos nicht besonders viel vorzuweisen nach seinem knappen Jahr im Kongress. Nicht einmal die historische Premiere, die er nun für sich in Anspruch nehmen kann, ist von erstrebenswerter Art: Santos ist der erste Republikaner in der Geschichte der Vereinigten Staaten, der aus dem Kongress ausgeschlossen wird, und erst der sechste Repräsentant überhaupt. Drei der Vorgänger waren Südstaaten-Sezessionisten, Hochverräter, die anderen zwei in den 1970ern beziehungsweise zur Jahrtausendwende in Bestechungsskandale verwickelt.
Ein eindrückliches Sündenregister häufte auch George Santos an. Ganz am Anfang standen Ungereimtheiten in seinem Lebenslauf, die zuerst einer Lokalzeitung und dann der «New York Times» auffielen. Er log über seine Highschool, seine Universität, seine angebliche Anstellung an der Wallstreet. Er behauptete, seine Mutter sei wegen des Terroranschlags auf das World Trade Center gestorben, seine Grossmutter im Holocaust umgekommen.
Er buchte romantische Hotelzimmer in Las Vegas und gönnte sich gelegentlich etwas auf «OnlyFans».
Nichts davon ist belegbar, im Gegenteil. Alle verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass nichts davon stimmt. Inzwischen werfen ihm Bundesanwälte 23 Straftaten vor, darunter Kreditkartenbetrug, Urkundenfälschung und Identitätsraub, genug, dass Santos jahrelang hinter Gitter wandern könnte. Trotz erdrückender Beweislage gilt er als unschuldig, sein Prozess ist ausstehend, rechtskräftig verurteilt ist er nicht. Vorzeitig aus dem Kongress flog er nun wegen eines vernichtenden Untersuchungsberichts, den der Ethikausschuss des Repräsentantenhauses nach neunmonatigen Ermittlungen Mitte November veröffentlicht hatte.
Auf 56 Seiten ist dort dokumentiert, wie der in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsene Sohn brasilianischer Einwanderer Hunderttausende Spendendollar ausgab, um seinen ausschweifenden Lebensstil zu finanzieren. Er shoppte in den Luxusboutiquen von Ferragamo und Hermès, frischte seine Haut mit Botox- und anderen Schönheitskuren auf, erholte sich in einer Ferienwohnung im schicken Badeort The Hamptons. Er buchte romantische Hotelzimmer für die Hochzeitsreise nach Las Vegas und gönnte sich gelegentlich etwas auf der Erotikplattform «OnlyFans».
Nur waren die Spenden nicht für derlei Vergnügen bestimmt, Santos hatte sie für seine Wahlkampagne erhalten. Nach Kräften versuchte der Politiker, Konsequenzen seines Verhaltens hinauszuzögern, als dieses aufgeflogen war. Er biederte sich beim Trump-Flügel an und versprach, treu auf Parteilinie zu stimmen.
Santos weist Vorwürfe pauschal zurück
Der vor kurzem veröffentlichte Bericht des Ethikausschusses war nun auch vielen Republikanern zu viel. Santos selbst trat noch am Donnerstagmorgen frisch geschminkt vor dem Capitol vor die Presse, um trotzig sich und seinen «Mut» zu verteidigen. Die Vorwürfe wies er samt und sonders zurück, pauschal und ohne Gegenbelege.
Nun wird in Santos’ Distrikt eine Ersatzwahl stattfinden; die Republikaner laufen Gefahr, den Sitz zu verlieren. Santos hat bereits versichert, er werde nicht noch einmal kandidieren. Oder zumindest vorerst nicht, wie er auf seiner Medienkonferenz sagte. «Ich bin 35 Jahre alt. Das ist kein endgültiges Goodbye.»
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