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US-Open-Siegerin Coco Gauff
«Heute sah ich meinen Dad erstmals weinen»

epa10851728 Coco Gauff of the United States addresses the crowd after defeating Aryna Sabalenka of Belarus to win the women's singles final match during the US Open Tennis Championships at the USTA National Tennis Center in Flushing Meadows, New York, 09 September 2023. The US Open runs from 28 August through 10 September. EPA/JUSTIN LANE
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Es dauerte nicht lange, da übernahm Coco Gauff auch in der Siegerzeremonie die Kontrolle. Mary-Joe Fernandez hatte sie wie zuvor die Verliererin Aryna Sabalenka interviewen wollen, doch nach ein paar Fragen sagte sie: «Kann ich das Mikrofon haben?» Und dann plauderte sie wild drauflos, als sei es das Normalste der Welt, vor über 20’000 Menschen spontan mal eine Rede zu halten.

«Heute sah ich meinen Dad erstmals weinen», sagte sie strahlend, derweil dieser auf dem Videowürfel überlebensgross eingeblendet wurde und ihr andeutete, das Thema zu wechseln. Aber sie kostete es aus. «Er denkt, er sei so hart, aber das ist er nicht. Er nahm mich als kleines Mädchen an dieses Turnier mit, um Venus und Serena spielen zu sehen. Es ist unglaublich, nun hier zu stehen. Meine Eltern haben immer an mich geglaubt.»

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Dann bedankte sich Gauff auch bei den Zweiflern: «Danke all jenen, die nicht an mich geglaubt haben. Als ich vor einem Monat einen 500er-Titel gewann, sagten viele, das sei es für mich gewesen. Vor drei Wochen gewann ich einen 1000er-Titel, und sie sagten, besser werde es nicht mehr. Nun stehe ich hier mit diesem Pokal. All jene, die dachten, sie würden Wasser in mein Feuer giessen: Es war Benzin. Und jetzt brenne ich lichterloh. Danke New York!»

Allein mit den Sprüchen und Weisheiten, die Gauff im Verlaufe dieses US Open von sich gab, könnte man ein Zitatebuch füllen. Es begann damit, dass sie am Freitag vor Turnierstart an der 50-Jahr-Feier der Frauentour mit ihrer Rede mal kurz die Vorkämpferin und Ikone Billie Jean King in den Schatten stellte. Und auch mit ihrem gelben Kleid, das sie zuvor auf dem Videoportal TikTok präsentiert hatte.

«Ich sah in Serena Williams jemanden, der aussah wie ich und mir half, daran zu glauben, dass ich etwas erreichen kann.»

Coco Gauff

«Weil Billie Jean King und Venus Williams ihre Superkräfte einsetzten, um für die Gleichberechtigung zu kämpfen, sind wir einer Sportwelt näher gekommen, die Männer und Frauen gleichermassen respektiert und belohnt», sagte sie an jenem Galaabend. «Mit Serena Williams habe ich eine Frau gesehen, die das Frauentennis in einer Weise dominiert hat, wie es noch keine andere getan hat. Und was noch wichtiger ist: Ich sah jemanden, der aussah wie ich und mir half, daran zu glauben, dass ich etwas erreichen kann, wenn ich meinen eigenen Weg verfolge.»

Dass sie dieser Weg 15 Tage später zu ihrem ersten Grand-Slam-Titel führen würde, passte perfekt ins Skript. Dies ein Jahr, nachdem Serena Williams in Flushing Meadows ihren pompösen Abschied vom Tennis zelebriert hatte. Die 23-fache Grand-Slam-Siegerin feierte ihre Premiere einst ebenfalls am US Open, 1999 mit einem Finalsieg über Martina Hingis kurz vor ihrem 18. Geburtstag. Gauff hat es mit 19 Jahren geschafft, als erster US-Teenager seit Serena Williams.

epa10851709 Coco Gauff of the USA celebrates with family members after winning her women's singles final match against Aryna Sabalenka of Belarus during the US Open Tennis Championships at the USTA National Tennis Center in Flushing Meadows, New York, USA, 09 September 2023. The US Open runs from 28 August through 10 September. EPA/WILL OLIVER

Im Final gegen Sabalenka musste sie allerdings zunächst bös untendurch. Die Weissrussin dominierte den ersten Satz mit ihren wuchtigen Schlägen und gewann ihn 6:2. Und im ersten Aufschlaggame des zweiten Durchgangs zitterte Gauff, beging sie zwei Doppelfehler und musste zwei Breakchancen abwehren. Danach beherzigte sie den Tipp von Coach Brad Gilbert, der ihr geraten hatte, längere Bälle zu spielen. So häuften sich die Fehler Sabalenkas, die zusehends haderte.

In gut zwei Stunden produzierte Sabalenka 46 unerzwungene Fehler. Zuletzt machte es gar den Anschein, als sei sie einfach froh, dass es bald vorüber sei. Gauff blieb ruhig und verwertete ihren ersten Matchball mit einem Rückhandpassierball. Sie legte sich auf den Rücken, nahm die Gratulation von Sabalenka entgegen und stürmte hoch auf die Tribüne, wo sie zuerst ihren Vater und ihre Mutter umarmte, dann auch ihre Coaches Brad Gilbert und Pere Riba.

«Ich bete nie für Siege. Was auch immer passiert, ich bin gesegnet in meinem Leben.»

Coco Gauff

Zurück auf dem Court, kniete sie vor ihrem Stuhl nieder und betete. Dann versuchte sie, mit einem ihrer zwei Brüder zu facetimen, doch er nahm nicht ab. «Er rief mich zurück, aber dann musste ich schon weiter.» An die Siegerzeremonie. Der Glaube sei ihr wichtig, sagte Gauff da. «Aber ich bete nie für Siege. Sondern dafür, dass ich die Kraft habe, alles zu geben. Was auch immer passiert, ich bin gesegnet in meinem Leben.»

epa10851751 Coco Gauff (L) of the United States reacts with Aryna Sabalenka (R) of Belarus after Gauff defeated Sabalenka to win the women's singles final match during the US Open Tennis Championships at the USTA National Tennis Center in Flushing Meadows, New York, 09 September 2023. The US Open runs from 28 August through 10 September. EPA/CJ GUNTHER

Auch für Sabalenka fand sie die passenden Worte: «Aryna ist eine unglaubliche Spielerin», erklärte sie und sagte zu ihrer Gegnerin: «Hinter den Kulissen bist du ein sehr netter Mensch. Und mit deinem Ehrgeiz und deinem Feuer machst du den Sport besser.»

Doch die Weissrussin, am Montag die neue Nummer 1, war untröstlich und brach während der Zeremonie in Tränen aus. Als das Publikum sie aufmuntern wollte, haderte sie: «Ihr hättet mich während des Spiels so unterstützen sollen.» Doch das war an diesem Abend, an dem Coco Gauff US-Tennisgeschichte schrieb, definitiv zu viel verlangt.