US-Abzug aus AfghanistanTaliban feiern Jahrestag ihrer Rückkehr an die Macht
Die Extremisten zelebrieren ihren Triumph demonstrativ auf einem ehemaligen US-Stützpunkt.
Auf einem ehemaligen US-Luftwaffenstützpunkt in Afghanistan haben die Taliban am Mittwoch ihre Rückkehr an die Macht vor drei Jahren gefeiert. Minister des Kabinetts priesen in Ansprachen unter anderem die Stärkung des islamischen Rechts und den Aufbau eines militärischen Systems, das Frieden und Sicherheit gewährleiste. Die Nöte das Landes und der Bevölkerung wurden nicht erwähnt.
«Das Islamische Emirat hat die internen Differenzen beseitigt und das Ausmass der Einheit und Zusammenarbeit im Land erweitert», sagte der stellvertretende Ministerpräsident Mawlwi Abdul Kabir vor seinen rund 10’000 ausschliesslich männlichen Zuschauern und verwendete dabei die Bezeichnung der Taliban für ihre Regierung. «Niemand darf sich in die inneren Angelegenheiten einmischen, und afghanischer Boden wird nicht gegen ein Land eingesetzt.» Keiner der vier Redner sprach über die Herausforderungen, mit denen die Afghanen im Alltag konfrontiert sind.
Die Reden auf dem früheren US-Stützpunkt Bagram richteten sich an ein internationales Publikum. Darin wurden Afghanen im Ausland zur Rückkehr und der Westen zur Zusammenarbeit mit den Machthabern des Landes aufgefordert. Bisher erkennt kein Land die Taliban als die rechtmässige Regierung Afghanistans an.
Frauen ausgeschlossen
Frauen waren von der Veranstaltung ausgeschlossen, darunter auch Journalistinnen der Nachrichtenagenturen AP, AFP und Reuters. Die Taliban gaben keinen Grund für den Ausschluss der Frauen an.
Unter den Zuschauern waren ranghohe Taliban-Vertreter wie der amtierende Verteidigungsminister Mullah Jakub und der amtierende Innenminister Siradschuddin Hakkani. Der Oberste Führer Hibatullah Achundsada nahm nicht an der Veranstaltung teil. Nach Angaben der Taliban waren auch ausländische Diplomaten gekommen, die jedoch nicht namentlich genannt wurden.
Während einer Parade präsentierten die Taliban in Bagram militärische Ausrüstung, die von den US- und Nato-geführten Truppen nach jahrzehntelangem Krieg zurückgelassen wurden, darunter Hubschrauber und Panzer. Uniformierte Soldaten marschierten mit Maschinengewehren, und eine Motorradformation trug die Taliban-Flagge.
In der Hauptstadt Kabul fuhren Pick-up-Trucks mit Männern jeden Alters durch die Strassen der Hauptstadt Kabul, um die Machtübernahme zu feiern. Einige Männer posierten mit Gewehren für Fotos. Bei einer Parade in der Provinz Helmand im Süden des Landes hielten Männer gelbe Kanister in der Hand, um die Art von Sprengstoff darzustellen, die während des Krieges bei Bombenanschlägen verwendet wurde. Die Taliban erklärten den Mittwoch zum nationalen Feiertag.
Umsetzung der Scharia ist «lebenslange Verantwortung»
Der oberste Anführer der Taliban bezeichnete anlässlich des dritten Jahrestags der Machtübernahme die Umsetzung des islamischen Rechts als lebenslange Verantwortung. «Der Religion zu dienen und nach der Scharia zu regieren, ist unsere lebenslange Verantwortung», sagte Hibatullah Achundsada am Mittwoch auf einer Luftwaffenbasis in der Taliban-Hochburg Kandahar.
«Wir werden Allahs Religion und die Scharia für uns und andere umsetzen, solange wir leben», sagte Achundsada, der sich nur selten in der Öffentlichkeit zeigt, in seiner Rede, die am Mittwochabend von Regierungssprecher Sabihullah Mudschahid im Onlinedienst X veröffentlicht wurde. Die Scharia und das islamische System würden «von Tag zu Tag stärker», fügte der Taliban-Chef hinzu.
Nach dem Zusammenbruch der von den USA unterstützten Regierung in Kabul hatten die Taliban am 15. August 2021 die afghanische Hauptstadt zurückerobert. Der Jahrestag wird im afghanischen Kalender einen Tag früher begangen und wurde landesweit mit Militärparaden und Zusammenkünften gefeiert.
Nach jahrelanger westlicher Militärpräsenz hatten die radikalislamischen Taliban im August 2021 die Macht in Afghanistan zurückerobert und ein sogenanntes islamisches Emirat ausgerufen. Seither setzen sie ihre strenge Auslegung des Islams mit drakonischen Gesetzen durch und beschneiden insbesondere Frauenrechte. International bleiben die Taliban auch weiterhin isoliert, bislang hat kein Staat die islamistischen Machthaber als formale Regierung Afghanistans anerkannt.
DPA/AFP/oli
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