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Krisendiplomatie in New York
So will die UNO einen grossen Krieg im Libanon abwenden

epa11625137 Prime Minister of Lebanon Najib Mikati addresses the United Nations Security Council during an emergency meeting called to address the rising tensions between Israel and Lebanon on the sidelines of the General Debate of the 79th session of the United Nations General Assembly at United Nations Headquarters in New York, New York, USA, 25 September 2024.  EPA/STEPHANI SPINDEL
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In Kürze:
  • An der UNO-Generalversammlung in New York suchen Politiker, Diplomaten und Vermittler Lösungen für den Konflikt zwischen Israel und der Hizbollah.
  • Bislang gibt es einen Vorschlag: der Aufruf zu einer dreiwöchigen Waffenruhe entlang der Blue Line, der Demarkationslinie zwischen Israel und dem Libanon
  • Weder von Israel noch von der Hizbollah gibt es bisher Reaktionen zum Vorschlag.
  • Am Freitag wird Israels Premier Benjamin Netanyahu bei der UNO auftreten.

Die Woche der UNO-Generalversammlung im September in New York gilt als diplomatisches Speeddating. Staats- und Regierungschefs tummeln sich am East River, ebenso Aussenminister und hochrangige Diplomaten. Seit am Dienstag die Aussprache eröffnet wurde, hat die Krise im Nahen Osten in vielen Reden eine Rolle gespielt. (Lesen Sie auch den Artikel «Joe Bidens Vermächtnis vor den Vereinten Nationen».)

Zugleich aber haben Emissäre wichtiger westlicher und arabischer Staaten in den vergangenen Tagen diskret an einer Initiative gearbeitet, um zunächst dem immer heftigeren Schlagabtausch zwischen der vom Iran kontrollierten Schiitenmiliz Hizbollah im Libanon und in Israel Einhalt zu gebieten.

Bisheriges Ergebnis der UNO ist ein Aufruf zur Waffenruhe

Was normalerweise wochenlange Pendeldiplomatie voraussetzen würde, liess sich in Konferenzräumen im UNO-Hauptquartier, in Botschaften und New Yorker Hotelsuiten binnen weniger Tage auf die Beine stellen. US-Präsident Joe Biden beriet mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron, der hatte zuvor Masoud Pezeshkian getroffen, den neuen Präsidenten des Iran. US-Aussenminister Antony Blinken verhandelte mit den arabischen Partnern, Deutschlands Kanzler Olaf Scholz rief von Berlin aus Najib Mikati an, den geschäftsführenden Premier des Libanon – die Liste erhebt keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit.

Das Ergebnis der Krisendiplomatie im Zeitraffer: der Aufruf zu einer dreiwöchigen Waffenruhe entlang der Blue Line, der Demarkationslinie zwischen Israel und dem Libanon.

Israel hatte in den vergangenen Tagen massive Luftangriffe auf Raketenstellungen der Hizbollah im Süden des Libanon ausgeführt und mit gezielten Bombardements in Beirut wichtige Militärkommandanten der Miliz getötet. Die Hizbollah feuerte Raketen auf Israel, vor allem auf das evakuierte Grenzgebiet. Mit dem Abschuss einer Mittelstreckenrakete in Richtung Tel Aviv demonstrierte sie, dass sie einen grösseren Schlagabtausch nicht fürchtet. (Lesen Sie zum Thema auch den Artikel «Wir dürfen der Hizbollah keine Pause gönnen».)

Bodenoffensive Israels könnte umfassenden Krieg auslösen

Die Waffenruhe soll nun Raum schaffen für eine diplomatische Lösung des Konflikts zwischen Israel und der Hizbollah im Libanon und, wenn das gelingt, auch den seit fast einem Jahr andauernden Gazakrieg beruhigen. So steht es in der gemeinsamen Stellungnahme, die die USA, Deutschland, die EU, Australien, Kanada, Frankreich, Italien, Japan, Saudiarabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar unterzeichnet haben.

Biden und Macron teilten in einer gemeinsamen Erklärung mit, es sei «Zeit für eine Einigung an der israelisch-libanesischen Grenze, die Sicherheit gewährleistet und es den Zivilisten ermöglicht, in ihre Häuser zurückzukehren». Der wechselseitige Beschuss seit dem 7. Oktober 2023 und insbesondere in den vergangenen beiden Wochen berge die Gefahr eines noch grösseren Konflikts und von Schäden für die Zivilbevölkerung.

Israels Generalstabschef Herzi Halevi hatte am Mittwoch angedeutet, dass die Regierung von Premier Benjamin Netanyahu einen Einmarsch israelischer Truppen im Südlibanon in Erwägung zieht. Sollte es dazu kommen, wäre ein umfassender Krieg im Nahen Osten kaum noch zu vermeiden. Dasselbe gilt, sollte die Hizbollah oder der Iran eine massive Salve von Raketen über das Grenzgebiet in Israels Norden hinaus in den Ballungsraum von Tel Aviv feuern. (Hören Sie zum Thema unseren «Apropos»-Podcast «Was, wenn Israel im Libanon einmarschiert?»)

Auftritt bei der UNO von Israels Premier Netanyahu

Die neue Dynamik in New York speist sich daraus, dass Amerikaner, Franzosen, aber auch andere europäische und arabische Regierungen einen breiten Konsens herstellen konnten für einen Vorschlag zu einer Waffenruhe. Daraus ergibt sich politischer Druck auf Israel, die Hizbollah, den Iran. Zugleich scheinen die Kriegsparteien selbst kein Interesse an einem umfassenden Krieg zu haben, in den wohl auch Syrien, der Irak und der Jemen hineingezogen würden.

Eine offizielle Reaktion lag zunächst weder aus Israel noch von der Hizbollah vor. In Diplomatenkreisen hiess es, es gebe Anzeichen dafür, dass Israel und die Hizbollah sich Gespräche vorstellen können, die zu einer Feuerpause führen. Israels Premier Netanyahu wird am Freitag in vor der UNO sprechen.

Die Erfolgsaussichten der Krisendiplomatie in New York sind offen. US-Präsident Joe Biden sagte im US-Sender ABC, ein umfassender Krieg sei weiter möglich, aber «ich denke, es besteht auch die Chance, eine Einigung zu erzielen, die die gesamte Region grundlegend verändern kann». Also eine umfassende Friedenslösung, die neben dem Gazastreifen auch das Westjordanland einbeziehen müsste.