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Israel verstärkt Angriffe im Libanon
«Wir dürfen der Hizbollah keine Pause gönnen»

Smoke rises from an Israeli airstrike on the Mahmoudieh mountain, as seen from Marjayoun town, south Lebanon, Tuesday, Sept. 24, 2024. (AP Photo/Hussein Malla)
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In Kürze:
  • Israel verstärkt die Angriffe auf die Hizbollah im Süden des Libanon.
  • Seit Montag starben rund 560 Menschen, mehr als 1800 Personen wurden verletzt.
  • Die libanesische Regierung verurteilt die Angriffe als «Vernichtungskrieg».
  • UNO-Generalsekretär Guterres mahnt, der Libanon dürfe nicht «zu einem zweiten Gaza» werden.

In den Bergen sieht man die Flammen der brennenden Häuser und Fahrzeuge, die von israelischen Bombern getroffen wurden. Die Spitäler sind überlastet angesichts der Tausenden Toten und Verletzten, die sie versorgen mussten. Wer ein Auto hat, macht sich auf den Weg vom Süden des Landes in die Hauptstadt Beirut, viele Kilometer lang stauen sich die Flüchtlinge.

Während sich die Welt noch fragt, ob nun der ganz grosse Krieg kommt im Nahen Osten, haben viele Libanesen diese Frage schon für sich beantwortet. Der Montag war der tödlichste Tag seit dem Ende des Libanon-Krieges im Jahr 1990: 558 Menschen wurden durch israelische Bomben und Raketen getötet, mehr als 1800 verletzt, so teilte es der libanesische Gesundheitsminister Firass Abiad am Dienstag mit, an dem die Angriffe weitergingen. «Die überwiegende Mehrheit waren unbewaffnete Menschen in ihren Häusern.»

People who fled the southern villages amid ongoing Israeli airstrikes Monday, sit in their cars as they are stuck in traffic at a highway that links to Beirut city, in the southern port city of Sidon, Lebanon, Tuesday, Sept. 24, 2024. (AP Photo/Mohammed Zaatari)

Schon vergangene Woche starben knapp 40 Menschen im Libanon bei einer Attacke mit explodierenden Pagern, mehrere Tausend wurden schwer verletzt. Hunderte Hizbollah-Mitglieder haben durch die mit Sprengstoff versehenen Pager Augen verloren, Hände und Genitalien. Das Gesundheitssystem ist überlastet, am Flughafen Beirut wurden sehr viele Flüge gestrichen.

Die geschäftsführend amtierende Regierung des Libanons wirft Israel einen «Vernichtungskrieg» vor. «Die israelische Aggression, die sich brutal gegen unser Volk, unsere Häuser, unsere Dörfer und unsere Städte richtet, ist nicht nur ein Angriff auf die Geografie, sondern auch auf die Würde, die Rechte und die Zukunft unserer Generationen», sagte der Parlamentsabgeordnete Charbel Massaad, ein maronitischer Christ.

Israels Armee kündigt neue Angriffe an

Die schiitische Hizbollah wird oft als «Staat im Staat» beschrieben, obgleich sie wohl nur von einer Minderheit der Libanesen unterstützt wird. Sie betreibt im Libanon Spitäler und Schulen, und sie stellt Parlamentsabgeordnete. Vor allem aber begann die Hizbollah nach dem 7. Oktober mit den Bombardements des israelischen Nordens, etwa 60’000 Menschen mussten ihre Heimat verlassen.

Ihre Rückkehr zu ermöglichen, beschreibt die israelische Armee als eines der Hauptziele der Offensive, die vor einer knappen Woche begann – mit den gesteuerten Explosionen der Pager in den Händen der Hizbollah-Mitglieder, zu denen sich Israel nicht bekennt, der gezielten Tötung ihrer Führungsmitglieder und dem Bombardement vor allem im Süden des Libanons.

Dort kündigte die israelische Armee für Dienstagabend neue Angriffe an. «Wir dürfen der Hizbollah keine Pause gönnen. Wir werden die Offensivoperationen beschleunigen und alle Formationen verdichten. Die Situation erfordert weiterhin ein energisches Vorgehen in allen Bereichen», sagte Stabschef Herzi Halevi. Die Hizbollah will auf die Angriffe mit dem Beschuss eines Flughafens in Israel und einer Sprengstofffabrik reagiert haben.

Rescuers stand on the rubble of a building hit in an Israeli airstrike in the southern village of Akbieh, Lebanon, Tuesday, Sept. 24, 2024. (AP Photo/Mohammed Zaatari)

Frankreich forderte ein Ende aller Kämpfe und berief eine Sondersitzung des UNO-Sicherheitsrates ein, auch die USA mahnten zur Zurückhaltung. «Wir glauben nicht, dass es im Interesse Israels ist, dass die Situation eskaliert, dass es zwischen Israel und Libanon zu einem totalen Krieg kommt», sagte John Kirby, der Sprecher für nationale Sicherheit des Weissen Hauses.

UNO-Generalsekretär António Guterres mahnte, der Libanon dürfe nicht «zu einem zweiten Gaza» werden. Solche Aufrufe hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu in der Vergangenheit regelmässig ignoriert. Am Montag sprach er von «komplizierten Tagen», die bevorstehen würden.

Bemerkenswerte Erfolge gegen Hizbollah

Seine Armee kann auf in jüngerer Zeit fast beispiellose Erfolge verweisen: In nur einer Woche hat Israel Tausende Kämpfer verletzt, die Führung der Radwan-Elitetruppe der Hizbollah getötet, Hunderte Infrastruktureinrichtungen zerstört und die Hizbollah wie nie zuvor gedemütigt. Dass die von den USA und Europa als Terrorgruppe eingestufte Organisation sich aber Israel beugt und alle Kämpfe wie gefordert einstellt, gilt als unwahrscheinlich.

Der grosse Gegenschlag mit dem angeblich 150’000 Raketen starken Arsenal der Terrormiliz blieb aber ebenfalls aus. Die Hizbollah hat sich zwar zum Ziel gesetzt, Israel zu vernichten, das Regime in Iran, das die Gruppe mit aufgebaut hat, sieht in ihr jedoch vor allem ein Bollwerk für das eigene Überleben, den Schutz vor einem direkten israelischen Angriff.

Der iranische Präsident Masoud Pezeshkian äusserte sich eher defensiv: «Es besteht die Gefahr, dass sich das Feuer der aktuellen Ereignisse auf die gesamte Region ausweitet. Wir dürfen nicht zulassen, dass der Libanon durch die Hand Israels zu einem weiteren Gaza wird.» Pezeshkian gehört nicht zu den Hardlinern der Revolutionären Garden, die den Terror der Hizbollah steuern. Aber auch dort, so vermuten Beobachter, werde die derzeitige Situation nicht nur als Niederlage eingeschätzt, da Israel in vielen Teilen der Welt als Aggressor gelte, als militärischer Sieger, aber zunehmend als moralischer Verlierer.