Verbrechen in MexikoUnd dann war sie einfach weg
Die Mexikanerin Daniela Márquez und drei andere junge Leute taten, was offensichtlich lebensgefährlich ist: Sie fuhren nachts im Auto.

Dass Ovidio Guzmán, der Sohn des Drogenbosses Chapo Guzmán, verhaftet wurde und deswegen Mitglieder des Sinaloa-Kartells in der mexikanischen Grossstadt Culiacán wüteten wie in einem Bürgerkrieg – das ging durch die Weltpresse. Unbeachtet bleibt hingegen ausserhalb Mexikos ein Schicksal wie jenes von Daniela Márquez.
Die junge Frau ist höchstwahrscheinlich eines von unzähligen Opfern des sogenannten mexikanischen Drogenkrieges. Seit Jahren sind Fälle wie ihrer zu einer Art Grundrauschen der Nachrichtenagenturen, der Medien und des Internets geworden. Manchmal ist es etwas lauter, dann wieder leiser, aber es ist immer ein Grundrauschen des Grauens. Die spanische Zeitung «El País» schreibt von einem «schwarzen Loch der Gewalt».
Daniela Márquez verschwindet am 25. Dezember in einer gottverlorenen Ortschaft namens Víboras, im Grenzgebiet zwischen den beiden Bundesstaaten Zacatecas und Jalisco. Die 31-jährige Innenarchitektin ist mit ihrem Verlobten José Melesio Gutiérrez, ihrer Schwester Viviana sowie ihrer Cousine Paola Vargas im Auto unterwegs. Sie haben den Tag mit Freunden verbracht und sind nun auf dem Heimweg. Als Daniela Márquez ihrer Mutter den Standort der vier jungen Leute zum letzten Mal aufs Handy schickt, ist es 23.41 Uhr.
Um diese Zeit durch ein von der Drogenmafia beherrschtes Gebiet zu fahren, ist ohne Zweifel unvorsichtig.
Sie befürchten das Schlimmste
Was Danielas Eltern sofort das Schlimmste befürchten lässt: Der Standort, den sie kurz vor Mitternacht erhalten, liegt deutlich neben der Strasse. Auf Antworten und Nachrichten reagiert Daniela nicht, und auch Anrufe auf die Handys der anderen Reisenden bleiben erfolglos. Am plausibelsten ist, dass Entführer die Gruppe zu diesem Zeitpunkt bereits irgendwohin verschleppen und es Daniela gelingt, ihren Standort als einen letzten Notruf abzusetzen.
Am Tag darauf fahren Danielas und Vivianas Eltern sowie Paola Vargas’ Vater dorthin. Im Gespräch mit «El País» sagt Danielas Vater: «Es ist eine einsame, trostlose Gegend.» Laut mexikanischen Medien wurde das verlassene Auto der Gruppe mittlerweile gefunden.
Die Eltern haben die Entführer angefleht und die Behörden aufgefordert, alles zu tun, um die Gekidnappten wiederzufinden.
Seit dem 25. Dezember haben die Eltern der Verschwundenen die Entführer angefleht und die Behörden aufgefordert, alles zu tun, um die jungen Leute wiederzufinden. In Zacatecas, der Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates in Zentralmexiko, haben rund 200 Personen demonstriert, um den Gouverneur und die Ermittler unter Druck zu setzen.
Der Verlobte ist US-Bürger
Tatsächlich hat ein grosses Polizeiaufgebot, unterstützt von Helikoptern, die Gegend, in der sich die Entführung ereignete, mehrmals durchkämmt. Das hat sicher auch damit zu tun, dass die Gekidnappten weisse Angehörige der Mittelschicht sind und José Melesio Gutiérrez laut einigen mexikanischen Medien die US-Staatsbürgerschaft besitzt. Der 38-Jährige, der in Cincinnati für ein Architekturbüro arbeitet, war nach Mexiko gereist, um seine Verlobte zu besuchen. Im nächsten Oktober wollen die beiden heiraten.


Der Polizeichef von Zacatecas sagt, man werde alles tun, um die prekäre Sicherheitslage im Grenzgebiet zum Bundesstaat Jalisco zu verbessern. Im vergangenen Jahr sind in Zacatecas 775 Personen verschwunden. Die Wahrscheinlichkeit, dass Daniela Márquez, ihre Schwester, ihre Cousine und ihr Verlobter noch leben, ist gering.
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