Umweltkatastrophe im NigerdeltaShell muss sich nach jahrelanger Verzögerungstaktik vor Gericht verantworten
Es geht um Hunderte Fälle von Ölverschmutzungen, welche massive Auswirkungen auf die Gesundheit der Bewohner haben. Der britische Öl- und Erdgaskonzern soll dafür die Verantwortung übernehmen.
![Fischer schieben ihr Boot während der Ebbe auf öligem Schlamm im Fluss im Dorf K-Dere, Ogoniland, nahe Bodo in der Niger-Delta-Region, fotografiert am 20. Februar 2019.](https://cdn.unitycms.io/images/FmFSA48gKyK9m4hKloKJhU.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=0fcXSDiK03U)
Eigentlich hätten die grossen Ölvorkommen im Süden Nigerias dem Land Wohlstand und Fortschritt bringen sollen, doch es kam anders: Seit 1958 sind im Nigerdelta bei rund 7000 Zwischenfällen 1,5 Millionen Tonnen Rohöl ausgelaufen und haben den Boden, das Wasser und die Luft mit giftigen Schadstoffen kontaminiert, wie ein Bericht der Vereinten Nationen aufzeigte.
Das Nigerdelta wird inzwischen regelmässig als Beispiel eines menschengemachten Ökozids herbeigezogen: Die Landwirtschaft, der Fischfang und die Wasserquellen im Delta sind durch die Verschmutzungen der Ölindustrie massiv gestört. Die Lebenserwartung im betroffenen Gebiet liegt aktuell bei rund 41 Jahren, rund zehn Jahre tiefer als im nationalen Durchschnitt.
Nach jahrelanger Verzögerungstaktik wird sich Shell, über Jahrzehnte einer der Hauptbetreiber der Ölförderung im Delta, ab dieser Woche in einem Zivilprozess vor dem Hight Court in London verantworten müssen. Die betroffenen Gemeinden mit rund 50’000 Einwohnern verlangen, dass Shell die Verantwortung für die Ölverschmutzungen übernehmen muss, die zwischen 1989 und 2020 durch seine marode Infrastruktur verursacht wurden.
Shell bestreitet jegliches Fehlverhalten und behauptet, dass die Ölverschmutzungen in der Region durch Sabotage, Diebstahl und illegale Raffinationen verursacht wurden, für die das Unternehmen nicht haftbar ist.
Das Ölunternehmen hat sich in letzter Zeit darum bemüht, seine Anlagen im Delta zu verkaufen, um sich auf Offshorebohrungen und Onshoregas zu konzentrieren, wie die BBC über den Gerichtsfall berichtet.
Gescheitertes Sanierungsprojekt
Bereits vor acht Jahren wurde mit den Sanierungsarbeiten im kontaminierten Gebiet begonnen. Dafür wurde von der nigerianischen Regierung und verschiedenen in der Region tätigen Ölfirmen eine Milliarde Dollar bereitgestellt. Shell hat für das Projekt 350 Millionen Dollar gesprochen. Gemäss der BBC und in der Region tätigen NGOs wie Amnesty International leidet das Ölsanierungsprojekt aber unter massiver Korruption und Ineffizienz und kommt nur extrem langsam voran.
Interne Dokumente weisen gemäss der BBC darauf hin, dass sowohl Shell als auch nigerianische Regierungsbeamte mehrfach vor betrügerischen Praktiken im Rahmen des Ölsanierungsprojekts gewarnt wurden, darunter der Vergabe von Aufträgen an unerfahrene Unternehmen, gefälschten Laborergebnissen und blockierten externen Prüfungen.
Erdöl und Gas machen 90 Prozent der nigerianischen Exporte aus, von denen der grösste Teil aus dem Nigerdelta stammt.
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