Krieg gegen die UkraineTrump und Putin vereinbaren teilweise Waffenruhe
Die Präsidenten der USA und Russlands haben stundenlang über das Schicksal der Ukraine geredet. Wladimir Putin ist vorerst nur zu einem kleinen Schritt bereit.

- An ihrem zweiten Telefongespräch seit Trumps Amtsantritt redeten er und Putin über die Ukraine.
- Putin sagte zu, 30 Tage lang die Bombardierung der ukrainischen Energieversorgung auszusetzen.
- Verhandlungen über eine weitere Waffenruhe sollen sofort im Nahen Osten beginnen.
- Trump soll einverstanden sein, Hockeyspiele zwischen US-amerikanischen und russischen Mannschaften abzuhalten.
Symbolträchtiger hätte der Termin kaum sein können. Elf Jahre nach dem Tag, an dem Russland die ukrainische Halbinsel Krim formell annektierte, haben Wladimir Putin und Donald Trump am Dienstag miteinander über die weitere Teilung der Ukraine verhandelt. Zweieinhalb Stunden lang dauerte die Unterhaltung, die der US-Präsident seit Tagen angekündigt hatte. Noch am Abend vorher teilte er mit, «ich freue mich sehr auf den Anruf mit Präsident Putin». Sein Vorgänger Joe Biden hatte den russischen Machthaber mehrmals einen Diktator genannt. Direkte Gespräche führten die beiden keine mehr nach einem Gipfeltreffen in Genf im Jahr 2021, das nicht verhindern konnte, dass Putin im Februar 2022 seine Panzer tief in die Ukraine eindringen liess.
Trump hingegen hat nun schon das zweite Mal seit seinem Amtsantritt mit Putin telefoniert, und seine Berater liessen die Öffentlichkeit noch während des Gesprächs wissen: «Der Anruf läuft gut.» Was gut in diesem Zusammenhang bedeutet, ist freilich Ansichtssache. Das einzige unmittelbar spürbare Resultat der Unterhaltung vom Dienstag ist, dass der russische Präsident seinen Truppen befahl, 30 Tage lang die ukrainische Energieinfrastruktur nicht mehr zu beschiessen – was gemäss den Genfer Konventionen ohnehin verboten ist.
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Bei der Bombardierungspause handle es sich um einen Vorschlag von Trump, auf den Putin «positiv reagiert» habe, teilte der Kreml nach dem Gespräch mit. Offen ist bisher, ob auch die Ukraine damit einverstanden ist und was geschieht, falls sie ihre Zustimmung verweigert. Die beiden Kriegsparteien haben schon mehrfach über ähnliche partielle Waffenruhen verhandelt, für die Energieversorgung oder auch das Schwarze Meer, meist scheiterte eine Einigung aber im letzten Moment.
Putin sieht in der Ukraine ein «ernsthaftes Risiko»
Auch jetzt schlug der starke Mann in Moskau den Vorschlag eines umfassenden Waffenstillstands aus. Dazu hatte Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit einer Druckkampagne genötigt, in deren Verlauf er die Lieferung von Waffen und Geheimdienstinformationen an das angegriffene Land aussetzte. Putin habe «eine Reihe bedeutender Probleme» mit einer umfassenden Waffenruhe geltend gemacht sowie ein «ernsthaftes Risiko», die Ukraine könnte sich nicht an die Bedingungen halten, teilte der Kreml mit. Dabei war es in erster Linie Russland, das nach dem ersten Angriff auf die Ukraine im Jahr 2014 mehrfach die Minsker Abkommen verletzte.
Laut Darstellung des Kreml scheint Putin weiterhin auf seinen Maximalforderungen für eine Waffenruhe zu bestehen, wonach die Ukraine die Generalmobilmachung beenden müsse und keine weitere Rüstungshilfe erhalten dürfe. Das Weisse Haus hingegen teilt mit, ein «dauerhafter Frieden» sei weiterhin das Ziel, das sowohl Trump als auch Putin anstrebten. In den ersten Sätzen der Stellungnahme erwähnt ist auch «die Notwendigkeit für bessere bilaterale Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Russland». Vor diesem Hintergrund hätten die beiden Präsidenten vereinbart, technische Verhandlungen über die Sicherung des Schiffsverkehrs im Schwarzen Meer zu führen sowie über einen umfassenden Waffenstillstand und eine spätere Friedensvereinbarung. «Diese Verhandlungen werden sofort beginnen im Nahen Osten», teilte das Weisse Haus mit.
Stillschweigen über Sicherheitsgarantien und Friedenstruppen
Worüber genau verhandelt wird, gaben zunächst weder Washington noch Moskau preis. Trump hatte in den vergangenen Wochen davon geredet, dass die Ukraine Territorium abtreten müsse, das ihr völkerrechtlich zusteht – nicht nur die seit 2014 besetzte Krim und Teil des Donbas, sondern auch die seit 2022 von Russland eroberten Gebiete. Zudem sprach der US-Präsident von einer «Aufteilung gewisser Vermögenswerte», wobei er die ukrainischen Kraftwerke erwähnte. Inwiefern er sich mit Putin darüber unterhalten hat, liess das Weisse Haus offen.
Stillschweigen herrschte auch zu weiteren für die Ukraine und Europa wichtigen Fragen, etwa zu den Sicherheitsgarantien für das angegriffene Land und ob Russland internationale Friedenstruppen akzeptieren würde, die europäische Nato-Länder wie Grossbritannien und Frankreich zu organisieren versuchen. Das Schicksal der Ukraine und der Verteidigungsallianz dürfte den EU-Gipfel Ende Woche in Brüssel prägen. Vorab unterhielt sich der französische Präsident Emmanuel Macron am Dienstag mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Danach teilte er mit, Russland müsse jetzt beweisen, dass es wirklich Frieden wolle. Am Abend besuchte er in Berlin den scheidenden deutschen Kanzler Olaf Scholz und dessen Nachfolger Friedrich Merz.
Trump verspricht bereits «enorme Wirtschaftsdeals», und der Kreml plant Hockeyspiele
Donald Trump jedenfalls hat bereits andere Ziele im Auge. Laut Kreml hat er sich auch damit einverstanden erklärt, Hockeyspiele zwischen US-amerikanischen und russischen Teams zu organisieren. Und in der Stellungnahme aus dem Weissen Haus ist die Rede von «enormen Wirtschaftsdeals und geopolitischer Stabilität», wenn man sich einmal auf einen Frieden geeinigt habe. Damit spielte der US-Präsident darauf an, dass er die Beendigung des Kriegs in der Ukraine als Teil einer grösseren geopolitischen Neuordnung betrachtet, bei der er Russland aus der Umklammerung von China zu lösen versucht.
Am vergangenen Freitag fanden in Peking Atomgespräche mit Moskau und Teheran statt, wobei China und Russland signalisierten, auch ohne die USA an Lösungen arbeiten zu wollen. Nun hätten Trump und Putin «den Nahen Osten als Region potenzieller Zusammenarbeit zur Vermeidung künftiger Konflikte» besprochen, ebenso die Notwendigkeit, die Weiterverbreitung von Atomwaffen zu verhindern. Die beiden teilten die Ansicht, dass der Iran niemals in der Lage sein dürfe, Israel zu zerstören, schrieb das Weisse Haus.
Kurz vor dem Gespräch wurde publik, dass Trump Putin umfassender entgegengeht als bisher bekannt. Das US-Aussenministerium beendete die Unterstützung für Wissenschaftler an der Yale-Universität, die Hinweise auf die Entführung ukrainischer Kinder nach Russland sammelten. Laut «Washington Post» ist damit auch der Informationsfluss an den Internationalen Strafgerichtshof versiegt, der mutmassliche russische Kriegsverbrechen untersucht.
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