Konflikt in MoldauTransnistrien provoziert mit Hilferuf an Moskau
Die separatistische Region in Moldau sucht Beistand in Russland. Wegen des Kriegs in der Ukraine ist die Lage in Transnistrien bereits angespannt.
Seit Jahren hat Russland Transnistrien im Visier, nun haben Separatisten der Konfliktregion offiziell um «Schutz» aus Moskau gebeten. Den Schritt begründeten die Separatisten mit der Behauptung, Moldau übe militärischen und wirtschaftlichen Druck auf Transnistrien aus. Russland solle entsprechende Massnahmen einleiten, hiess es am Mittwoch. Die proeuropäische Regierung in der moldauischen Hauptstadt Chisinau wies das Vorgehen als Propaganda zurück.
Die Separatisten hatten zuvor einen Kongress mit offenbar mehreren Hundert Teilnehmenden abgehalten und anschliessend in einer Resolution auch Forderungen unter anderem an die EU gestellt. Sie verlangten etwa, eine weitere Eskalation der Beziehungen zwischen Chisinau und der Regionalhauptstadt Tiraspol zu verhindern. Angesichts der Abspaltungsversuche ein für Beobachterinnen und Beobachter mehr als irritierendes Vorgehen. Ein Moldauer Regierungsvertreter sprach gemäss Reuters von einer Falle, die keinerlei Beachtung verdiene.
Doch mit der formellen Bitte wachsen die Spannungen innerhalb Moldaus. Das kleine osteuropäische Land, ehemals Sowjetrepublik, strebt eigentlich in die EU. Moldau sieht Transnistrien als sein Gebiet, auch völkerrechtlich zählt es zu Moldau. Die Separatisten aber streben nach Russland und erhalten dafür seit Jahren Unterstützung aus Moskau, teils offen, teils verdeckt, etwa bei organisierten Demonstrationen; häufig mittels Desinformationskampagnen. In der Region dominiert die russische Sprache, ein grosser Teil der etwa 350’000 Menschen dort hat einen russischen Pass.
Die Abspaltungstendenzen werden im Westen auch deswegen mit Sorge verfolgt, weil der Konfliktherd unmittelbar an die Ukraine grenzt. Die Befürchtung ist, dass die Region – aus Moskau gesteuert – Kriegsteilnehmerin werden und sich so der Krieg in der Ukraine ausweiten könnte. Aus Moskau kam am Nachmittag eine erste Reaktion, diese fiel aber vergleichsweise vage aus. Transnistrien sei eine der russischen «Prioritäten», teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Eingehende Anfragen dieser Art würden sorgfältig geprüft.
1500 russische Soldaten in Transnistrien
Dass die Bitte nun konkrete, kurzfristige Auswirkungen hat, ist eher unwahrscheinlich. Das US-amerikanische Institut für Kriegsstudien (ISW) geht davon aus, dass die Ereignisse «wohl keine militärische Bedrohung für die Ukraine» darstellen. Derzeit sollen sich etwa 1500 russische Soldaten in Transnistrien aufhalten. Zu einer Eskalation seien die russischen Streitkräfte nicht in der Lage, berichtet das ISW. «Es sei denn, sie erhalten Verstärkung.» Doch dafür habe Russland derzeit weder Zeit noch Kapazitäten. Die Armee ist weitgehend im Krieg in der Ukraine gebunden. Jedoch, so der Bericht des ISW, könnten die Aktivitäten Moldau auf dem Weg Richtung EU bremsen.
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Das war bereits bei einem vorherigen Sonderkongress der Separatisten zu beobachten. 2006 beschlossen diese ein Referendum über einen Anschluss an Russland, in dem angeblich 97,1 Prozent der Wählenden für den Anschluss stimmten. International anerkannt wurde das Votum zwar nie, doch war es ein Rückschlag auf dem Weg Moldaus Richtung EU, die sich keinen Unruheherd in das Bündnis holen will. Immerhin: Im Juni 2022 erzielte Moldau den Status als EU-Beitrittskandidat, auch angesichts der russischen Bedrohung durch den Einmarsch in die gesamte Ukraine.
Während die Separatisten am Mittwoch in Richtung Chisinau provozierten, traf die moldauische Präsidentin Maia Sandu ihren ukrainischen Amtskollegen Wolodimir Selenski und hielt so gewisserweise ein Kontrastprogramm ab: Sie sprach dem Ukrainer einmal mehr die Unterstützung Moldaus aus und betonte, dass sich die Republik weiter um einen Beitritt zur EU bemühe.
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