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Meinung

Analyse zu Ukraine-Konferenz
Friedensgipfel in der Schweiz – naiv oder ein Coup?

Swiss Federal President Viola Amherd, right, welcomes Volodymyr Zelenskyy, President of Ukraine, on Monday, January 15, 2024 in Kehrsatz near Bern, Switzerland. Zelenskyy will attend the World Economic Forum in Davos starting Tuesday. (KEYSTONE/POOL/Alessandro della Valle)
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Die Ankündigung beim Besuch von Wolodimir Selenski kam überraschend: In der Schweiz soll ein hochrangiger Friedensgipfel stattfinden. Zwar gibt es noch keinen Termin. Bundespräsidentin Viola Amherd sagte aber, die Vorbereitungsarbeiten würden sofort beginnen. Aussenminister Ignazio Cassis will nach Peking reisen, um Gespräche über eine mögliche Beteiligung Chinas zu führen.

Ist das eine Ankündigung für die Galerie? Ein Showelement, das zu einem Präsidentenbesuch gehört wie der rote Teppich und die militärischen Ehren? Oder zeigt die Ankündigung, dass die Schweiz doch die grosse Vermittlerin ist, für die sie sich hält? Beides greift zu kurz.

Aussenminister Ignazio Cassis selber hat die Erwartungen gedämpft – noch bevor der Friedensgipfel angekündigt wurde. Es werde keinen Frieden geben ohne eine Beteiligung Russlands, sagte er am Sonntag in Davos. Auf den ersten Blick scheint das gegen die Vorbereitung einer Friedenskonferenz zu sprechen: Die Teilnahme Russlands ist unrealistisch, jene Chinas höchst ungewiss. Gegen die Konferenz spricht auch, dass der Krieg noch in vollem Gang ist. Solange beide Seiten Hoffnungen auf Erfolge mit kriegerischen Mitteln hegen, stehen Verhandlungen nicht im Vordergrund.

Für die Ukraine zählen auch kleine Ergebnisse

Ohnehin hat niemand auf die Schweiz als Friedensstifterin gewartet – und das liegt nicht daran, dass sie zu wenig neutral wäre: In den grossen Konflikten vermitteln andere Länder – nicht neutralere, sondern mächtigere. Länder wie China, die Türkei oder Katar. Auch das hat Cassis vor kurzem eingeräumt, mit entwaffnender Ehrlichkeit. Gute Dienste auf höchster Ebene seien Kraftakte, die mit Macht verbunden seien, sagte er. «Wir haben diese Macht nicht.» Die Schweiz sei auf einer anderen Ebene tätig.

Warum zeigt sich die Schweiz dann bereit, einen hochrangigen Friedensgipfel in einem grossen Konflikt zu organisieren? Die Antwort dürfte sein: weil Selenski darum gebeten hat. Und weil vieles dafür spricht, der Bitte nachzukommen – trotz geringer Erfolgsaussichten.

Erstens zählen für die Ukraine auch kleine Ergebnisse. Gelingt es der Schweiz, China oder andere russlandnahe Staaten an den Tisch zu bringen, wäre das ein erster Schritt hin zu Gesprächen zwischen den Konfliktparteien. Zweitens hat die Ukraine wenig zu verlieren. Sollte die Friedenskonferenz am Ende bloss dazu beitragen, dass sie nicht in Vergessenheit gerät, wäre das immer noch besser als nichts. Drittens droht auch der Schweiz kaum Schaden – abgesehen von einem diplomatischen Misserfolg, wie es schon viele gab.

Nach dem Motto: Der Frieden hat keine Chance, also nutzen wir sie

Der Bundesrat scheint nichts unversucht zu lassen – nach dem Motto: Der Frieden hat keine Chance, also nutzen wir sie. Manchmal. Manchmal aber auch nicht. So hat sich der Bundesrat im Nahen Osten für eine andere Haltung entschieden. Zunächst hiess es, die Schweiz rede mit der Hamas. Dank guter Kontakte könnte sie vermitteln. Dann sagte Cassis: «Es ist nicht die Rolle der Schweiz, mit der Hamas zu verhandeln.» Bundespräsidentin Viola Amherd widersprach ihrem Amtskollegen während ihrer Eröffnungsrede am WEF in Davos indirekt: Die Schweiz spreche mit allen.

Was gilt jetzt? Das ist offenbar für den Bundesrat von Fall zu Fall verschieden, manchmal von Tag zu Tag. Und das ist derzeit wohl auch das Problem in der Schweizer Aussenpolitik.