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Vorwahlen in den USA
Trumps Kandidaten schwächeln

Donald Trump versuchte bei einem Wahlkampfauftritt am 6. Mai in Pennsylvania, seinen Kandidaten über die Ziellinie zu verhelfen. Das gelang ihm nur teilweise.
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Der Abend begann mit der Niederlage eines besonderen Trumpisten. Madison Cawthorn war mit seinen 26 Jahren der jüngste Abgeordnete im Repräsentantenhaus und eine auffällige Erscheinung als athletisch gebauter junger Mann, der seit einem Autounfall 2014 auf den Rollstuhl angewiesen ist.

Noch auffälliger aber war, was der junge Mann vor den Vorwahlen in North Carolina vom Dienstag alles von sich gegeben hatte. Damit sind nicht Trumps Glaubenssätze gemeint, die Cawthorn getreulich nachplapperte, was ihm die Gunst des Grossmeisters sicherte. Furore machte Cawthorn vielmehr, als er ohne jeglichen Beleg behauptete, andere Abgeordnete in Washington hätten ihn zu Orgien eingeladen und vor seinen Augen gekokst.

Sogar sein Mentor räumte ein, Madison Cawthorn habe Fehler begangen.

Später schwächte er seine Aussagen stark ab, doch selbst für extreme Republikaner war er damit zu einem Paria geworden. Nicht geholfen hat, dass Cawthorn gleich mehrmals bewaffnet ins Flugzeug hatte steigen wollen, sich ohne Führerschein ans Steuer gesetzt und Videos aufgezeichnet hatte, die den für homophobe Positionen bekannten Politiker zumindest beim Imitieren von gleichgeschlechtlichem Sex zeigen.

Sein Mentor bat um eine zweite Chance für den jungen Republikaner – vergebens: Madison Cawthorn in Hendersonville, North Carolina (17. Mai 2022)

Sogar sein Mentor Donald Trump räumte am Wochenende ein, der junge Mann habe Fehler begangen, doch die Wähler sollten ihm eine zweite Chance geben bei den Vorwahlen am Dienstag. Das sahen die Wahlberechtigten in North Carolina anders: Sie zogen Chuck Edwards vor, einen langjährigen Senator in dem Südstaat, der auch die Unterstützung des Partei-Establishments hatte: Er darf bei den Zwischenwahlen vom 8. November für die Republikaner antreten.

Der Erfolg des Wahllügners

Für Trump stand viel auf dem Spiel an diesem Wahltag in fünf verschiedenen US-Staaten. Das Resultat ist sehr durchzogen, wie schon bei den Vorwahlen der vergangenen Wochen. Seine Kandidaten setzten sich am Dienstag in North Carolina etwa in den Vorwahlen für den US-Senat und einen weiteren Abgeordnetensitz durch. Auch in Pennsylvania konnte Trump einen Erfolg feiern: Sein Günstling Doug Mastriano holte die Nominierung zum Gouverneurskandidaten.

Wohl hatte Trump Mastriano erst im letzten Moment zur Wahl empfohlen, als der ohnehin schon deutlich in Führung lag. Dennoch bezeugt sein Sieg den Einfluss, den Trump auf die Partei hat: Seinen Wahlempfehlungen mögen Partei und Wählerschaft nicht immer folgen – aber Trump diktiert weitgehend die Themen. Mastriano zum Beispiel hatte am 6. Januar 2021 an Trumps Putsch-Rallye teilgenommen, die Wahlfälschungslüge gehörte zu den prominentesten Punkten seines Wahlprogramms. Auch andere Kandidaten, die stark auf das Lügenthema setzten, erzielten gute Resultate.

Bei den viel beachteten Senatswahlen in Pennsylvania hingegen bekundete Trump Mühe. Er hatte sich hinter den als Dr. Oz bekannten Fernseharzt Mehmet Oz gestellt. Der lag noch am Mittwoch fast gleichauf mit seinem Herausforderer David McCormick. Sollte Oz verlieren, wäre das eine symbolisch wichtige Niederlage für Trump. Allerdings unterschieden sich McCormicks politische Positionen während des Wahlkampfs nicht wesentlich; er warb intensiv um Trumps Gunst und rekrutierte viele Mitarbeiter in dessen ehemaligem Wahlkampfteam.

Eine Chance für die Gemässigten

Für die gemässigteren Republikaner bietet sich mit der Niederlage von Trumps offiziellen Kandidaten dennoch eine Gelegenheit: Sie werden ihm damit klarzumachen versuchen, dass er bei den Präsidentschaftswahlen 2024 auf eine Niederlage hinsteuern würde – und gleich auf die Kandidatur verzichten solle.

Für die Republikaner ist die Situation aber auch gefährlich. Indem sich ihr ganzes Kandidatenfeld nach rechts verschiebt, verbessern sich die Chancen für ihre Herausforderer, die Demokraten. Das gilt besonders in Pennsylvania, dem hart umkämpften Swing State, in dem die Arbeiterschaft 2008 für Obama stimmte, 2016 aber für Donald Trump. Gegen den ultrarechten Gouverneurskandidaten Mastriano tritt mit Josh Shapiro ein gemässigter Demokrat an. Er warnt schon jetzt lautstark, der Sieger werde zwei Jahre später in einem der wichtigsten Swing States darüber wachen, wer zum US-Präsidenten gewählt wird. Sitzt dann Mastriano am Ruder, könnte er in den Prozess eingreifen. Damit dürfte die Gouverneurswahl von Pennsylvania im Herbst zu einer der meistbeachteten in den USA gehören.

Bei den Demokraten haben Progressive Auftrieb

Einen unkonventionellen, linken Kandidaten haben die Demokraten für die Senatswahl in Pennsylvania nominiert: John Fetterman hatte bei den letzten Präsidentschaftsvorwahlen nicht einmal Joe Biden unterstützt. Dem über 2 Meter grossen bärtigen Hünen, der stets Kapuzenpullis trägt, trauen die Demokraten zu, die Arbeiterschaft für sich zu gewinnen, besonders gegen stramm konservative Gegner.

John Fetterman bei einem Wahlkampfauftritt am 10. Mai in Lemont Furnace, Pennsylvania.

Keine Chance hatte hingegen Bidens gemässigter Kandidat. Auch in Oregon droht einem langjährigen Abgeordneten eine Niederlage gegen eine progressive Herausforderin. Der linke Parteiflügel hat Auftrieb, Bidens Nöte im Weissen Haus werden sich weiter verschärfen.

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