Vorwahlen in den USATrumps «guter Mann» verliert
Vor einer Woche konnte Donald Trump in Ohio einen Triumph feiern. In Nebraska folgte nun der erste Dämpfer – dafür macht ihm Elon Musk ein Geschenk.
Es war ein merkwürdiger Werbespot, mit dem Charles Herbster in den entscheidenden Tagen des Wahlkampfes das Fernsehprogramm in Nebraska flutete. Der Kandidat für das Gouverneursamt erschien nur im Mittelteil kurz im Bild. Davor und danach war nur einer zu sehen und zu hören: Donald Trump. Der schloss nach knapp 30 Sekunden mit einer Segnung: «ein guter Mann, ein sehr guter Mann».
Die Vorwahl unter den Republikanern in Nebraska war also ein Plebiszit über Donald Trumps Rückhalt in der Parteibasis – denn die anderen zwei Republikaner im Rennen, Jim Pillen und Brett Lindstrom, traten ohne dessen Gütesiegel an.
Trump hat aufs falsche Pferd gesetzt, wie sich am Dienstagabend rasch zeigte, nachdem die Wahllokale ihre Tore geschlossen hatten. Herbster hinkte lange abgeschlagen auf dem dritten Platz hinterher, deutlich in Führung lag Jim Pillen, Universitätsfunktionär, Schweinezüchter und Favorit des Parteiestablishments von Nebraska.
Schliesslich endete Herbster, seines Zeichens Rinderzüchter, auf dem zweiten Platz – eine deutliche Niederlage. Er hatte voll auf die Karte Trump gesetzt, als es ihm nicht gelang, in den Umfragen seine Konkurrenten abzuhängen. Dann schöpfte er Hoffnung, weil sich vor einer Woche in Ohio Trumps Kandidat J.D. Vance in einer ausserordentlich kompetitiven Wahl klar durchsetzte. Fortan erweckte Herbsters Kampagne den Eindruck, in Nebraska stehe Trump persönlich auf der Liste.
Frauen beschuldigten Herbster als Grapscher
In der Trump-Welt ist es bekanntlich in der Zwischenzeit undenkbar geworden, dass er eine Wahl verliert, nicht einmal die eines Günstlings. Auch in Nebraska wittert Trump nun eine Verschwörung. Mitten im hart geführten Wahlkampf hatten acht Frauen Trumps «guten Mann» glaubhaft beschuldigt, sie begrapscht zu haben, darunter eine Senatorin der Republikaner. Trump eilte Herbster mit mehreren Rallyes zu Hilfe; vergeblich, wie sich nun herausgestellt hat.
Diese lokale Niederlage sollte aber nicht als böses Omen auf nationaler Ebene überinterpretiert werden. Nebraska hat womöglich lediglich einen Rest seines Sonderstatus bestätigt: Bis zur Wahl Barack Obamas galt die Politik hier als langweilig. Als einziger US-Staat hat Nebraska nur eine Parlamentskammer, was eine konsensorientierte Politkultur förderte, in der sich Republikaner und Demokraten nicht allzu stark unterschieden und zusammenarbeiteten.
Jene heile Welt ist aber inzwischen Geschichte. Herbster zog mit seiner provozierenden Kandidatur auf Trump-Kurs den moderaten Pillen nach rechts, weil der keine Flanke offenlassen wollte. Also hackte plötzlich auch Pillen auf Transgender-Athleten und dem Kulturkampf an den Schulen herum.
In West Virginia, wo ebenfalls am Dienstag Vorwahlen stattfanden, setzte sich der Trump-treue Abgeordnete Alex Mooney hingegen deutlich durch. Er verdrängt den moderaten Abgeordneten David McKinley, nachdem ihre Wahldistrikte zusammengelegt worden sind. McKinley, der in Washington bisweilen mit den Demokraten gestimmt hatte, verlor so deutlich, dass die Associated Press das Rennen schon kurz nach Schliessung der Wahllokale für entschieden erklärte – ein deutlicher Triumph für Donald Trump.
Elon Musk will Trump zu Twitter zurückholen
Ein weiteres Geschenk bereitete dem Ex-Präsidenten am Dienstag Elon Musk. Klappt der Kauf von Twitter, wird Musk Donald Trump auf der Plattform wieder willkommen heissen. Die Firma hatte Trumps Konto zwei Tage nach dem Putschversuch vom 6. Januar 2021 gelöscht. «Es war nicht korrekt, Trump rauszuwerfen», sagte Musk an einer Veranstaltung der «Financial Times». Es sei «moralisch falsch und einfach nur dumm» gewesen.
Trump werde sich nun auf seiner eigenen Plattform Truth Social verschanzen, kritisierte Musk, und mit ihm werde ein grosser Teil der amerikanischen Rechten dort debattieren: «Das könnte also schlimmer werden als ein einziges Forum, in dem jeder mitreden kann.» Auch Twitter-Mitgründer Jack Dorsey, als CEO für Trumps Rauswurf verantwortlich, redet inzwischen von einem Fehler. «Es war eine kommerzielle Entscheidung, und das hätte es nicht sein dürfen», sagte er zur Nachrichtenwebsite Axios.
Die Debatte darüber, wie soziale Medien zur Verbreitung von Desinformation beitragen, hat erst begonnen.
In der amerikanischen Medienwelt ist die Nachricht eingeschlagen wie eine Bombe. Via Twitter hatte Trump den Tagesrhythmus der amerikanischen Politik diktiert, seit seiner Stilllegung ist es deutlich ruhiger geworden. Umso entschiedener lehnen die Demokraten Trumps Rückkehr zu dem Kurznachrichtendienst ab.
Die dürfte auch für Musk eine Herausforderung werden: Die Debatte darüber, wie die sozialen Medien mit ihren Algorithmen zur Verbreitung von Desinformation beitragen, hat erst begonnen; mit Marjorie Taylor Greene hat Twitter bereits eine stramme Trump-Abgeordnete verbannt. Und Trump wird mit Sicherheit alle Grenzen ausloten.
«Alles klar, Amerika?» – der USA-Podcast von Tamedia
Den Podcast können Sie auf Spotify, Apple Podcasts oder Google Podcasts abonnieren. Falls Sie eine andere Podcast-App nutzen, suchen Sie einfach nach «Alles klar, Amerika?».
Fehler gefunden?Jetzt melden.