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«Golf von Amerika»
Trump ändert Meeresnamen – doch der Schweizer Schulatlas spielt nicht mit

Mann sitzt an einem Tisch und gestikuliert, während ein grosses Poster mit der Aufschrift ’Gulf of America’ im Hintergrund gehalten wird.
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In Kürze:
  • Donald Trump benennt geografische Namen mit Präsidialerlassen um.
  • ETH-Professor Lorenz Hurni kritisiert politische Einmischung in die Geografie.
  • Der Schweizer Weltatlas will politische Neutralität bei geografischen Namen wahren.

Am ersten Tag seiner neuen Amtszeit nahm Donald Trump seinen schwarzen Filzstift in die Hand, um die Geografie neu zu schreiben. Mit Präsidialerlassen machte er den Golf von Mexiko zum «Golf von Amerika» und den höchsten Berg Nordamerikas, Denali, zum «Mount McKinley».

Für Trump sind die Umbenennungen mehr als eine symbolische Geste: Der Golf von Mexiko sei für die wirtschaftliche Sicherheit der USA von wesentlicher Bedeutung und verdiene den Namen, der diese Rolle unterstreiche.

Kulturkampf mit geografischen Namen

Am Mount McKinley kehrt Trump zu dem Namen zurück, der bis 2015 offiziell war, bevor Barack Obama ihn in Denali änderte – als Entgegenkommen an die indigene Bevölkerung Alaskas, die den Gipfel immer so genannt hat.

Damit macht Trump die Geografie zum Schlachtfeld seines Kulturkriegs. Doch nicht alle machen mit: ETH-Professor Lorenz Hurni, Chefredaktor des Schweizer Weltatlas, will es beim Golf von Mexiko belassen, wie er in einem ETH-Blog schreibt.

Porträt eines Mannes in Anzug und Hemd, lächelnd, vor grauem Hintergrund.

«Die eigenmächtige Umbenennung ist Ausdruck des Bestrebens, die territoriale Einflusssphäre der USA auszudehnen», sagt Hurni. Eine Übernahme komme höchstens und erst dann infrage, wenn Trumps neuer Name «über längere Zeit und international breit verwendet» würde.

Karte des Golfs von Mexiko mit umliegenden Ländern, einschliesslich Teilen von Mexiko, den USA und der Karibik, gut sichtbar.

Gegen die Umbenennung hat Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum umgehend protestiert: «Für uns ist es immer noch der Golf von Mexiko, und für die ganze Welt ist es immer noch der Golf von Mexiko.»

ETH-Professor: «Karten erzeugen Macht»

Generell beobachtet Hurni die politische Vereinnahmung der Geografie kritisch: «Karten sind das Produkt von Macht und erzeugen Macht.» Gerade darum will Hurni den Schweizer Weltatlas vor Einflussversuchen schützen.

Dieser Atlas ist seit über 100 Jahren das Standardwerk für den Geografieunterricht in der Schweiz und wird regelmässig aufdatiert. «Unser Ziel ist es, eine neutrale, faktenbasierte Sicht auf die Welt zu vermitteln», sagt Chefredaktor Hurni. Dafür greift die fünfköpfige Redaktion auf internationale wissenschaftliche Quellen zurück.

Hurni räumt ein, dass mit einer Umbenennung auf einer Karte noch keine Tatsachen geschaffen werden. Aber: «Steter Tropfen höhlt den Stein: Wenn eine Umbenennung lange genug mit Propagandamitteln wiederholt wird, kann sie sich durchaus etablieren.»

Streitfall Tibet

Der Kartografieprofessor erinnert an Tibet: China marschierte 1950 in das faktisch unabhängige Land am Himalaja ein. In jüngster Zeit bezeichnen die chinesischen Behörden das Gebiet ausschliesslich als Xizang. «Damit sollen die Gebietsansprüche Chinas weiter gefestigt werden.»

Die offizielle Schweiz erachtet Tibet als völkerrechtlich nicht souverän, folglich wird es auch im Schweizer Weltatlas als Teil Chinas dargestellt, aber nach wie vor mit Tibet bezeichnet.

Präsident Trump hat Organisationen, die seine neuen geografischen Bezeichnungen nicht verwenden, mit Konsequenzen gedroht. Journalisten der Nachrichtenagentur Associated Press wurden von Veranstaltungen im Weissen Haus ausgeschlossen, da sie weiterhin den Begriff Golf von Mexiko nutzten.

Google und Apple knickten ein

Google und Apple haben auf Trumps Druck reagiert. In den US-Versionen ihrer Karten heisst der Golf von Mexiko jetzt «Gulf of America».

Kartografieprofessor Hurni kritisiert das Verhalten der Internetkonzerne als opportunistisch: «Finanzielle Überlegungen dürften hier auch eine Rolle spielen.» So würden Grenzen und geografische Namen je «nach dem entsprechenden nationalen Gusto» angezeigt. «Dabei wäre es ein Leichtes, bei einem umstrittenen Namen einen Link – etwa auf eine Wikipedia-Seite – zu setzen, wo die Problematik erläutert wird.»

Politischer Druck auf Kartenmacher

Trumps Dekrete gelten nicht für Organisationen ausserhalb der USA. Mit politischen Druckversuchen sahen sich aber auch die Kartenmacher in der Schweiz ausgesetzt.

Das war der Fall beim Japanischen Meer, das von Südkorea als Ostmeer bezeichnet wird. Die Botschaften beider Länder schalteten sich ein. Sie verbreiteten laut Hurni zudem Hochglanzbroschüren, die die jeweilige Sichtweise erläuterten.

Das – salomonische – Resultat sieht so aus: Im Schweizer Weltatlas heisst das Gewässer nun «Japanisches Meer oder (Koreanisches) Ostmeer».

Karte von Japan und der koreanischen Halbinsel mit topografischen Details und Städtenamen, umgeben vom Japanischen Meer und Ostchinesischen Meer.

Der Kampf um Namen und Grenzen wird auch in Zukunft weitergehen. Aber Hurni und sein Team wollen sich nicht von politischen Launen leiten lassen. «Wir werden widerrechtliche angeeignete Gebiete, aber auch Regionen mit etablierten Namen, etwa in der Ukraine, nicht einfach umbenennen oder umfärben, nur weil eine Partei das fordert», sagt Lorenz Hurni.