Berset beantragt ZertifikatspflichtTrickser müssen 100 Franken Busse zahlen
Jetzt also doch: Der Gesundheitsminister will ab nächstem Montag die Zertifikatspflicht für Restaurants und Veranstaltungen einführen. Auch der Chef darf den Nachweis verlangen.
Noch vor einer Woche hat Alain Berset darauf verzichtet, doch nun hat er eine Kehrtwende vollzogen. Der Gesundheitsminister beantragt dem Bundesrat die Einführung der Zertifikatspflicht für Restaurants, Fitnesscenter und Veranstaltungen.
Die Massnahme läutet eine neue Phase in der Pandemiebekämpfung ein. Künftig sollen nur noch Leute Zutritt zu den genannten Einrichtungen erhalten, die entweder geimpft, genesen oder zeitnah getestet worden sind (3G-Prinzip). Nachweisen müssen sie das mit einem offiziellen Corona-Zertifikat auf dem Handy oder auf Papier. Bundesratsnahe Personen bestätigen entsprechende Onlineberichte des «Blick» und der NZZ. Bereits die «SonntagsZeitung» hatte berichtet, dass Alain Berset die Ausweitung der Zertifikatspflicht vorbereitet.
Der Bundesrat wird den Antrag an seiner Sitzung vom Mittwoch beraten. In Kraft setzen will Berset die neue Massnahme bereits am nächsten Montag, den 13. September. Berset begründet sein Umdenken laut zuverlässigen Informationen mit der sehr angespannten Situation auf den Intensivpflegestationen, die sich seit letzter Woche noch verschärft hat.
Verschärfungen und Erleichterungen
Die Grundzüge der neuen Massnahmen sind bereits bekannt, seitdem der Bundesrat sie vor zwei Wochen in eine Konsultation geschickt hat (lesen Sie hier die Details zur Konsultationsvorlage). In mehreren Punkten hat Berset die Vorlage jedoch angepasst und präzisiert:
Bussen für Trickser
Neu eingefügt hat das Departement Berset eine Strafbestimmung: Wer schummelt und sich vorsätzlich der Zertifikatspflicht entzieht, soll mit einer Ordnungsbusse von 100 Franken bestraft werden. Ordnungsbusse bedeutet: Ein Polizist oder eine Polizistin kann die Busse vor Ort unbürokratisch verhängen.
Allerdings können Zertifikat-Trickser auch härter bestraft werden: Generelle Strafbestimmungen (etwa für Urkundenfälschung) bleiben zusätzlich anwendbar.
Erleichterungen für Fitnesscenter
Eine administrative Erleichterung plant das Departement Berset für Fitnesscenter: Diese sollen das Zertifikat von ihren Stammgästen nicht bei jedem Eintritt verlangen müssen. Sie können in ihrer Kundendatenbank einen entsprechenden Vermerk machen und müssen bei den Kunden erst dann wieder nachfragen, wenn die Gültigkeitsdauer des entsprechenden Zertifikats abgelaufen ist.
Zertifikatsfrei bis 50 Leute
Von der Zertifikatspflicht ausgenommen werden sollen religiöse Veranstaltungen, Bestattungen sowie politische Anlässe bis maximal 50 Personen. Das hatte Berset schon vor zwei Wochen so vorgeschlagen. Damals schlug er jedoch noch eine Obergrenze von 30 Personen vor.
In der Vorlage drin bleibt auch die Möglichkeit, dass Arbeitgeber von ihren Angestellten das Zertifikat verlangen dürfen – jedoch nicht generell, sondern nur, wenn gewisse Bedingungen erfüllt sind.
Die Zertifikatspflicht wird voraussichtlich fast alle Bereiche des öffentlichen Lebens betreffen und vor allem in den Innenbereichen der Gastronomie gelten sowie bei Veranstaltungen in Innenräumen.
Ein Zertifikat bräuchte es nach einem Bundesratsentscheid vom Mittwoch auch für Museen, Zoos, Fitnesscenter, Kletterhallen, Hallenbäder, Aquaparks, Thermalbäder, Billardhallen oder Casinos. Ausgenommen sind Orte, die ausschliesslich Aussenbereiche umfassen.
Bis am Dienstagnachmittag waren von anderen Departementen noch keine Gegenanträge und Mitberichte eingegangen.
Bekannt ist aber, dass sich die SVP-Bundesräte Ueli Maurer (Finanzen) und Guy Parmelin (Wirtschaft) gegen die Zertifikatspflicht wehren. Sie befürchten zusätzliche Ausgaben für Entschädigungen, eine nur schleppende Erholung der Wirtschaft und damit sinkende Steuereinnahmen.
Bettenbelegung in den Spitälern entscheidend
Berset zeigte sich zuletzt erschüttert über die gestiegene Belegung von Spitalbetten. Diese Zahlen sind gemäss früheren Verlautbarungen Bersets entscheidend für den Massnahmenkatalog der Regierung. Mit der Zertifikatspflicht will Berset das Übertragungsrisiko reduzieren, weil damit nur noch Personen zusammentreffen, die nicht ansteckend sind oder ein geringes Risiko aufweisen, ansteckend zu sein. In der Folge sollen so auch die Spitaleintritte Covid-Erkrankter sinken.
Die Spitäler verfügen nur noch über geringe Reserven, um weitere Intensiv-Patienten aufzunehmen. Der Druck auf die Intensivstationen dürfte in den nächsten Tagen noch weiter zunehmen. Denn im Ausland warten rund 80 Covid-Erkrankte mit Wohnsitz in der Schweiz, die auf die Verlegung auf eine Intensivstation in der Schweiz. Laut dem Koordinierten Sanitätsdienst (KSD) müssen rund 10 dieser 80 Patienten innert Wochenfrist in die Schweiz verlegt werden. Der KSD wird die Rückführungsgesuche nach medizinischen Kriterien prüfen und an die Wohnkantone weiterleiten. Falls im Kanton oder der Spitalregion kein Platz verfügbar ist, sucht die Koordinationsstelle einen Platz auf nationaler Ebene.
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