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Trend: Duftende Hotels
Jetzt kommen die Hotels, die man gut riechen kann

Was riecht denn hier so gut? Der Frühling, das Waschmittel – oder doch das Hotel selbst?
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Die ersten Minuten sind entscheidend – fühlt man sich wohl oder nicht? Was im Zwischenmenschlichen funktioniert, ist nun auch in der Hotellerie angekommen. Dabei spielen nicht nur optische Reize eine Rolle, sämtliche Sinne wollen angesprochen werden, vor allem auch der Geruchssinn. Aussergewöhnliche Hotels leisten sich heute einen sogenannten Signature-Duft, der auf die Atmosphäre des Hauses und die Umgebung abgestimmt ist.

Die Rede ist nicht von Raumsprays, die penetrant nach Green Apple, Lavendel oder Vanille riechen. Die meist nur unangenehme Gerüche bekämpfen sollen und vor allem Kopfweh machen. Hier gehts um Raumparfüm, um Düfte, die mit «blumig-pudrig», «frisch-herbal» oder «holzig-warm» beschrieben werden. Unaufdringliche Wohlgerüche, die etwa an «die Magie der rauen, reinen Natur» oder an einen Spaziergang im Wald erinnern sollen. 

«A Walk in the Woods» heisst das Aroma, das den Gast im Hotel The Cambrian in Adelboden empfängt. Die Eigentümer des 4-Stern-Superior-Hotels, die Brüder Grant und Craig Maunder aus Wales, haben sich intensiv mit dem Duftkonzept auseinandergesetzt: Wie die Materialien und Farben – vom schwarzen Steinboden, den Möbeln aus Holz bis zum tannengrünen Bademantel – sollte auch der Geruch mit der Berglandschaft harmonieren.

The Cambrian in Adelboden: Es riecht würzig, harzig, nach einem Spaziergang im Wald.

Bei unserer Ankunft im Designhotel ist das Aroma nur dezent wahrnehmbar, gegen Abend jedoch riecht es würzig, harzig, der Raumduft vermischt sich mit dem Geruch des Holzes, das im Cheminée in der grosszügigen Lobby lodert. Der Gast sitzt auf grünen Sofas oder Sesseln, das Licht ist schummrig, leise Loungemusik ertönt, der Blick durch die Sprossenfenster geht auf die Dreitausender, den Lohner und den Wildstrubel, sowie das Chuenisbergli, Austragungsort des alpinen Skiweltcups. Man fühlt sich wohlig entspannt. 

Auf keinen Fall dürfe der Raumduft dominant sein, sagt Gastgeberin Chiara Laillard. Und weil auch Gerüche Geschmackssache sind, wird «Walk in the Woods» nicht in den 72 Zimmern und Suiten verwendet. Fast täglich werde sie aber auf das Cambrian-Parfüm angesprochen, noch könne man es nicht kaufen, «doch wir sind dran», sagt Chiara Laillard.

Keine Sinneswahrnehmung beeinflusst unsere Empfindungen so unmittelbar wie das Riechen. Auch nach Jahren können Düfte intensive Gefühle in uns hervorrufen. Damit die eigens komponierten Parf¨üme der edlen Hotels im Gedächtnis haften bleiben und nach der Abreise Erinnerungen an die entspannten Tage wecken, werden sie oft in Hotelboutiquen verkauft: als Duftkerze oder luxuriösen Raumspray, als Eau de Toilette, Körperlotion, Seife oder Shampoo.

Schon im Tunnel riechts nach dem Hotel

Ende März hat das Cervo Mountain Resort in Zermatt zusammen mit Soeder, dem Schweizer Hersteller von natürlichen Pflegeprodukten, die neue hoteleigene Naturpflegekollektion «Mystic Journey» vorgestellt. Cervo-Besitzer Daniel F. Lauber und ein «Master Perfumer» in Florenz entwickelten die Duftnote gemeinsam mit dem Gedanken, «die Zermatter Heimat mit einer Prise orientalischem Fernweh» zu vereinen. Das exquisite Resort setzt seit Jahren auf einen individuellen Geruch und wendet diesen besonders grosszügig an: «Beyond Exploring» soll auch in den Zimmern und Lodges, den Restaurants und sogar im Tunnel, der von der Sunnegga-Bahn ins Hotel führt, wahrgenommen werden.

Andere Highend-Hotels wie das Bürgenstock Resort über dem Vierwaldstättersee, das Beau Rivage Palace in Lausanne oder das Six Senses in Crans-Montana lassen sich von der Schweizer Manufaktur Kukui inspirieren, die seit über zehn Jahren spezialisiert ist auf Duftkonzepte in der Hotellerie. Ganze 24 Duftwelten stehen im Angebot: In der Lobby des Bürgenstock soll die Note «Figue» («Eleganz, die schon Legende ist») betören, und die Note «Verbena» verwandelt die öffentlichen Toilettenräume in «eine Oase der Erfrischung» – das Reich der Düfte ist eben auch das der Werbesprüche.

Ein bisschen Schwarztee, ein Hauch von Weihrauch

Hotelketten setzen auf einen einheitlichen olfaktorischen Wiedererkennungswert: Auch 25 hours (die Gruppe zählt 15 Stadthotels in Deutschland, Paris, Florenz, Kopenhagen, Dubai und Zürich) lancierte kürzlich ein globales Duftkonzept. Dabei steht 25 hours für Individualität, die Hotels unterscheiden sich in Architektur und Stil: «Kennst du eins, kennst du keins» lautet das Motto. Einzig der Raumduft «Almost Home», eine Mischung aus «Hölzern, schwarzem Tee und einem Hauch von Weihrauch», soll die urbanen Hotels nun weltweit verbinden.

25-hours-Hotel Langstrasse in Zürich: Der Raumduft «Almost Home» soll die Hotels weltweit verbinden.

Besuch im 25-hours-Hotel Langstrasse in Zürich. Wir schnuppern und riechen… nichts. Weder in der Lobby, noch im Wohnzimmer, noch in der Bibliothek. Dabei sollte der Duft in allen öffentlichen Räumen eingesetzt werden. Darauf angesprochen, sagt der Frontofficemanager: «Da bin ich überfragt, ich rieche generell nichts.» Der Haustechniker wird gerufen; tatsächlich müsse der Duftspender ausgewechselt werden, konstatiert er. Jedenfalls würden sich immer wieder Gäste nach der Geruchsnote erkundigen, sagt nun der Mann von der Front – die Duftkerze gibts im 25-hours-Shop. Sie brennt 25 Stunden lang, der Preis, 30 Franken, würde allerdings manche abschrecken.

Frisch geschrubbte Holzwände duften stärker als jeder Zerstäuber

Und welches ist der beliebteste Hotelgeruch der Schweiz? In den Bergen setzen besonders viele Hotels auf den Duft des Arvenholzes. So auch das Relais & Châteaux In Lain Hotel Cadonau in Brail im Unterengadin. Das kommt nicht von ungefähr: Gastgeber Dario Cadonau stammt aus einer Schreiner- und Sägewerk-Familie – «in lain» ist romanisch und bedeutet «aus Holz». Ein Hotel aus Holz: Lärche, etwas Tanne und vor allem Arve, die Königin der Alpen. 

In Lain Hotel Cadonau in Brail: Es duftet im ganzen Haus nach Arvenholz.

«Die rohe Arve riecht am besten», sagt Gastgeberin Tamara Cadonau, regelmässig würden die Böden und die Wände geschruppt, sodass das Holz seinen Duft entfalten könne. Das Holz riecht stärker als jedes Duftstäbchen, in den 14 Suiten und Badezimmern stehen zusätzlich Raumessenzen.

Die Übernachtung in einem Arvenzimmer sorge für einen besonders tiefen Schlaf, sagt Tamara Cadonau. Die Reaktionen ihrer Gäste seien durchweg positiv, «sie sagen, der Geruch wirke beruhigend». Selbstverständlich dufte es auch in ihren privaten Räumen nach diesem Holz.

Die wohlriechende Arve wurde so zum Rundumkonzept des kleinsten 5-Stern-Superior-Hotels der Schweiz: Raumerfrischer, Kissenspray, Kerzen, Badekristalle, Duschgel, Shampoo und Seife duften nach dem Holz, alles wird in der Boutique angeboten. Arve findet sich sogar auf den Tellern im Restaurant Vivanda wieder: als Chips oder Schaum zu den gefüllten Morcheln, als Creme oder Glace, bis zu den Arven-Pralinés. Mit etwas gutem Willen lässt sich die versprochene Note vielleicht sogar hier erraten. Zum Abschied erwartet den Gast ein duftendes Geschenklein – damit er sich auch zu Hause ein bisschen wie im Hotel beziehungsweise im Arvenwald fühlen darf.

Allgemein aber gilt: Um sich tatsächlich positiv in Erinnerung zu rufen, braucht das Hotel weit mehr als einen verf¨ührerischen Duft.