Trend 2024Das Höschen des Anstosses
Die von der «Vogue» zur neuen Mode ausgerufene Unterhosen-Strumpfhosen-Kombination wird zünftig für Diskussionen sorgen.
Der Clou liegt darin, dass das Obenrum total gesittet daherkommt. Brav, ja züchtig gar: Mit einem Rollkragenpullover oder einer zugeknöpften Strickjacke. Aber dann! - fehlt da die Hose. Oder der Jupe. Nicht einmal ein Mikromini ist unten dran vorzufinden, nur eine Unterhose. Die allerdings wird wie ein richtiges Kleidungsstück über der Strumpfhose getragen und kommt farblich abgestimmt zum Oberteil daher.
Man versteht sofort: Das ist kein Versehen, das ist ein Konzept. Und definitiv das bemerkenswerteste Ensemble seit langem. Zunächst mag man den Kopf schräg legen, die Stirn runzeln, nur um dann, wie immer bei einem Entwurf von Miuccia Prada, auszurufen: Klar doch, warum nicht und warum nicht schon früher? Die britische «Vogue» jedenfalls hat die Unterhosen-Strumpfhose-Kombine zum modischen Trend 2024 schlechthin ausgerufen - in der so populären wie renommierten BBC-4-Talk-Show «Woman’s Hour», die zu den Top-Ten der beliebtesten Radiosendungen Grossbritanniens zählt. «Vogue»-Redaktorin Julia Hobbs hatte das Tenü gleich selbst auf seine Alltagstauglichkeit getestet und auf dem Weg zur Arbeit getragen. Das sei, erklärte Hobbs, überhaupt kein Problem gewesen. Sie habe nur ein paar verdutzte Blicke in der U-Bahn geerntet.
Sie untertrieb wohl gnadenlos.
«So gehst du mir nicht aus dem Haus»
Denn schon als MiuMiu (die jüngere Linie von Prada) das Ensemble im Frühling 2023 erstmals präsentierte und unter anderem die Schauspielerin Emma Corrin (spielte Diana in der zweitletzten Staffel von «The Crown») darin über den Laufsteg schickte, konnte man das kollektive «Huch» der sich allerhand gewohnten Modewelt hören.
Als Corrin dann ein halbes Jahr später am Filmfestival in Venedig dasselbe Tenü trug und kein Mensch mehr von all den glamourösen Roben sprach, die dort sonst zu sehen waren, wurde klar: Da kommt was auf uns zu.
Denn natürlich wird der Höschen-Trend im kommenden Jahr für sehr viel hitzige Diskussionen sorgen. Vor allem zwischen Eltern und Töchtern («So gehst du mir nicht aus dem Haus!» - «Aber wenns Frau Prada sagt!»). Es wird die feministische Debatte erneut anheizen («Sorry, da muss sich keine wundern, wenn sie belästigt wird, dieses Hösli ist ja geradezu eine Einladung!» - «Das ist weibliche Selbstbestimmung, du ewiggestriger Misogynist!»). Eventuell meldet sich gar die Politik zu Wort, denn zweifellos werden sich die Schulen ebenfalls damit herumschlagen müssen («Das können wir nicht dulden, Hot Pants akzeptieren wir auch nicht!» versus «Wir können nicht das Kopftuch erlauben, aber Unterhosen verbieten»).
Alle werden eine Meinung haben zu diesem kleinen Hösli, und am lautesten die, die sich gemäss eigener Beschreibung «nicht für so einen oberflächlichen Quatsch wie Mode interessieren».
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