TV-Kritik «Tatort»Toll treibt es die Polizei
Eigentlich geht es im neuen Dortmunder Fall um Sex. Aber am Ende gewinnt die Liebe.
Joggen ist ungesund. Auf jeden Fall im TV-Krimi. Es gibt keine Statistik, aber gefühlt ist der Mann im Turndress zu Beginn der fünfte Läufer, der in der jüngeren «Tatort»-Geschichte ein gewaltsames Ende findet. Dieser wird auf seiner Morgenrunde mit einem Auto überfahren. Und dann, als er schwer verletzt am Boden liegt, gleich nochmals. Er war Polizist.
Ein Fall unter Kollegen also. Denn nicht nur das Opfer war Polizeibeamter. Sein Streifenkollege macht sich sofort verdächtig, eine Mitarbeiterin aus derselben Wache dreht fast durch vor Trauer. Und ihre Mutter – sie ist auch die Chefin der gebeutelten Truppe – erschwert die Ermittlungen, wo sie kann.
Wer wars? Der mit «Masken» betitelte Dortmunder Fall entwickelt sich zu einem klassischen Whodunit-Krimi mit zahlreichen Verdächtigen. Es ist ein Genuss, zu sehen, wie die Kommissare Faber (Jörg Hartmann) und Bönisch (Anna Schudt) dabei immer tiefer ins Personengeflecht eindringen. Es ist ihr 20. Fall, die Ermittlungen leben auch von den Anspielungen und Zickereien, die man verstehen kann, aber nicht muss.
Das Opfer war ein «Pick-up-Artist»
Denn eigentlich geht es um Sex. Nein, nicht zwischen Bönisch und Faber, obwohl Letzterer mit seinen traurigen Augen manchmal ziemlich verliebt Richtung Kollegin schaut. Der ermittlungstechnische relevante Beischlaf kommt erst ins Spiel, als die Kommissare merken, dass das Opfer und der Verdächtige als «Pick-up-Artists» unterwegs waren. Auf Deutsch: Sie veranstalteten einen Wettkampf, wer mehr Frauen aufreissen kann.
Angetrieben wurden die beiden von einem Zahnarzt und selbst ernannten «Muschiversteher». Er bietet Kurse für «vom Feminismus entmannte» Herren an. Der Besuch der Kommissare auf einer solchen Veranstaltung ist der Höhepunkt dieses «Tatorts», besonders als Martina Bönisch das Spiel zum Schein mitmacht – um dann den Macker mit seinen eigenen Mitteln in die Schranken zu weisen.
Aber damit ist der Fall noch nicht gelöst. Wer wars also? Der Tote scheint in seiner Absteige Sex mit dem halben Polizeikorps gehabt zu haben, auch mit der strengen Gerichtsmedizinerin zum Beispiel. Dem Drehbuchteam Arnd Mayer und Claudia Matschulla gelingt es, immer wieder falsche Fährten zu legen. Und Regisseurin Ayse Polat vermag die Spannung zu steigern, bis der Fall mit einer Überraschung endet.
«Ich mag Sie. Das reicht doch.»
Am Ursprung der Lösung steht ein Tanz zwischen Mutter und Tochter. Der ist so sexy, dass da irgendetwas nicht stimmen kann. Es dauert eine Weile, bis Faber und Bönisch darauf kommen. Die Enthüllung ist traurig, und auch das Verhältnis zwischen den beiden Kommissaren bleibt komplex. Sie sagt ihm immerhin: «Ich mag Sie. Das reicht doch.»
Aus dem Mund von Frau Bönisch klingt das fast wie eine Liebeserklärung.
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