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Neue Konkurrenz für Amazon und Co.
Direktkäufe über Videos: Tiktok Shop startet in Europa

Eine Gastgeberin präsentiert Hautpflegeprodukte in einem TikTok Shop Livestream in einem Studio von Ownline Marketing in Pulilan, Philippinen.
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In Kürze:
  • Tiktok Shop ermöglicht direkten Produktverkauf via Influencer-Videos oder Livestreams.
  • In China tätigen bereits 45 Prozent aller Onlineshopper Einkäufe über Social Media.
  • Handelsverband.swiss prognostiziert einen rasanten Anstieg des Marktanteils von «Social Commerce» bis 2028.

Am Montag wird in den Ländern Deutschland, Frankreich und Italien Tiktok Shop lanciert. Die neue Funktion der besonders bei Jungen sehr beliebten Social-Media-Plattform erlaubt den Direktverkauf von Produkten über die App. Die Artikel werden über kurze Promo-Videos oder Livestreams von Influencern angeboten. Sie können dann in einem zum jeweiligen Kanal gehörigen Onlineshop sogleich erworben werden.

In China ist «Social Commerce», der Verkauf von Produkten über Social Media, bereits ein fester Bestandteil des Detailhandels. Gemäss einer Umfrage des Unternehmensberaters McKinsey kaufen rund 45 Prozent der Chinesinnen und Chinesen, die online shoppen, bereits über Social-Media-Plattformen ein. Im Heimatland von Tiktok, das dort unter dem Namen Douyin vertrieben wird, wurde der Detailhandel auf den sozialen Medien durch besonders lang anhaltende Lockdowns während der Coronapandemie und die starke Verbreitung von sogenannten Super-Apps schnell populär.

Super-Apps vereinen die Funktionen von Social Media, Marketing mit Bezahlfunktionen und erlauben so für Kunden und Anbieter unkomplizierte Verkaufsabwicklungen. Der Verkauf über soziale Medien ist gerade für kleine Unternehmen mit eingeschränkten Möglichkeiten beim Marketing und bei den klassischen Vertriebskanälen attraktiv.

Lancierung in der Schweiz steht noch bevor

Wann genau Tiktok Shop in der Schweiz lanciert wird, ist zurzeit noch nicht bekannt. Bernhard Egger, Geschäftsführer von Handelsverband.swiss, sieht aber auch für den Schweizer Markt weitreichende Folgen, da sich Einkaufsgewohnheiten schnell ändern können, wie er gegenüber der NZZ erklärte: «Social Commerce stellt eine einschneidende Veränderung für den Handel dar. Ich gehe davon aus, dass sein Marktanteil in der Schweiz in fünf Jahren von null auf 15 bis 20 Prozent der Onlineverkäufe steigen wird.»

Um Marktanteile zu gewinnen, gibt sich Tiktok Shop zurzeit noch mit tieferen Margen zufrieden als etwa der Detailhandelsriese Amazon. Das Unternehmen plant aber, auch einen eigenen Lieferdienst zu lancieren, was erlauben würde, die Kosten noch tiefer zu halten und die Konkurrenz noch stärker aus dem Kaufprozess rauszuhalten.

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Anders als die in der Regel wenig kreativen Shopping-Kanäle im klassischen Fernsehen erlaubt Tiktok Shop über Influencer und trendbewusste Moderatorinnen und Moderatoren Produkte mit lebensechten Szenarien zu verbinden: Besonders populär sind sogenannte Get-ready-with-me-Videos, auf denen hippe junge Frauen und Männer sich für den Ausgang bereit machen, ihre Styling-Tipps präsentieren und nebenbei noch Produkte bewerben.

Grosses Potenzial für Impulskäufe beim Onlineshopping

Tiktok selbst bewirbt die Verkaufsfunktion Tiktok Shop als «Discovery E-Commerce». Die Idee dahinter: Nutzerinnen und Nutzer sollen durch ihre spezifischen Interessen und den Tiktok-Algorithmus neue Produkte entdecken, von denen sie vorher gar nicht wussten, dass sie sie haben wollen.

Besonders populär sind Beauty-Produkte, Kleidung oder Nahrungsergänzungsmittel, daher Produkte, die auf das Erscheinungsbild abzielen. Zudem sehen Wirtschaftswissenschaftler bei Tiktok Shop ein grosses Potenzial für Impulskäufe.

Zahlreiche Verfahren gegen Tiktok hängig

Weniger gut sieht es bei der Social-Media-Plattform bezüglich Daten- und Jugendschutz aus: In mehreren EU-Ländern sind Verfahren gegen Tiktok hängig. Das chinesische Unternehmen wird unter anderem beschuldigt, persönliche Nutzerdaten von EU-Bürgern nach China übermittelt und die App bewusst suchterzeugend gestaltet zu haben, was bei Jugendlichen die Anfälligkeit für psychische Störungen und Probleme wie Magersucht erhöhen würde.

Wirtschaftswissenschaftler Gerrit Heinemann, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Niederrhein, sieht Tiktok Shop zudem als bewusste Strategie der chinesischen Wirtschaftspolitik, wie er gegenüber dem «Spiegel» erklärte: Viele chinesische Fabriken würden zurzeit mehr produzieren, als sie absetzen könnten. Tiktok Shop sei daher eine Möglichkeit, diese Überproduktion auf den europäischen Markt zu bringen.