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Verhaftete Jugendliche Jihadisten
Sie wollen Synagogen sprengen – und werden auf Tiktok rekrutiert

Spenden sammeln auf Tiktok: Ein Hamas-Kämpfer wirbt in einem Livevideo für die Unterstützung der Gruppe.
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Sie sind erst 15 und 16 Jahre alt. In einer Chatgruppe unterhielten sich die Jugendlichen über mögliche Anschlagsziele in der Schweiz. Mit Sprengstoff wollten sie ein Attentat verüben. Welches Ziel sie dabei im Fokus hatten, will die Staatsanwaltschaft Schaffhausen nicht sagen.

An Ostern setzte die Polizei der Unterhaltung ein Ende und verhaftete die beiden Teenager. Auch ein 18-Jähriger, wohnhaft im Kanton Thurgau, befindet sich seither in Untersuchungshaft. Er stand mit den beiden Jüngeren in Kontakt. Die Behörden führen nun ein Verfahren wegen Verdachts auf Unterstützung der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) und strafbarer Vorbereitungshandlungen zu vorsätzlicher Tötung, wie sie mitteilten.

Die Jugendlichen tauschten sich über eine Chatgruppe aus und standen dabei mit Gleichgesinnten in Deutschland in Kontakt, wie die Bundesanwaltschaft bekannt gab. Dort unterhielten sich zwei 15 und 16 Jahre alte Mädchen sowie ein 15-jähriger Junge über Anschläge auf Synagogen. Bevor die Pläne in die Tat umgesetzt wurden, wurden auch sie verhaftet. Bei ihrer Radikalisierung hätten islamistische Influencer eine Rolle gespielt, gaben die Behörden bekannt.

Für Beobachter der Szene ist es nicht überraschend, dass die beiden verhafteten Schaffhauser Jugendlichen in der Gemeinde Neuhausen wohnen. Die dortige Moschee ist Treffpunkt für Radikale: Neben dem ehemaligen IS-Kämpfer Osamah M.* rekrutierte dort auch der Jihad-Reisende Visar L.* für den IS.

Für die Rekrutierung von Jugendlichen verurteilt

Der inzwischen 26-jährige Visar L. aus Winterthur sitzt zurzeit in Haft. Das Bundesstrafgericht verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 35 Monaten, weil er als Führungsperson in der Islamistenszene Jugendliche für den IS angeworben hatte und auch Geld für die Organisation sammelte. Der Richter nannte ihn bei der Urteilseröffnung einen «glühenden Anhänger des IS, der seine Werte kompromisslos teilt».

Visar L. stand bereits 2018 vor Gericht. Weil er zum Zeitpunkt der Tat noch minderjährig war, wurde er nach Jugendstrafrecht zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt. Noch während der Probezeit rekrutierte er weiter Mitglieder und sammelte Geld für den IS. Visar L. traf sich in Neuhausen mit Gleichgesinnten. Weil er für den IS Mitglieder rekrutierte, wurde er im letzten Herbst erneut verurteilt.

Gaza-Krieg radikalisiere Jugendliche, sagt Experte

Johannes Saal forscht am Zentrum für Religion, Wirtschaft und Politik der Universität Luzern über soziale Netzwerke und Identitätsbildung als Faktoren für die jihadistische Radikalisierung im deutschen Sprachraum. Er sagt: «Jugendliche kommen über Social Media erstmals mit der Ideologie von Gruppen wie dem IS in Kontakt. Um sich weiter zu radikalisieren, braucht es aber den persönlichen Kontakt, etwa zu Predigern.»

Viele Jugendliche seien durch den Krieg in Gaza radikalisiert worden. Doch schon vorher habe der IS an Stärke gewonnen und zunehmend junge Leute mobilisiert. Die Szene sei ausserdem sehr gut vernetzt. Saal erinnert an die Attentate von Morges und Lugano. «Auch der Attentäter von Wien, der im November 2020 vier Personen tötete und weitere verletzte, stand mit radikalen Islamisten in der Schweiz in Kontakt», so Saal.

Auffällig sei, dass die Zahl extremistischer Inhalte, die über X oder Tiktok geteilt würden, in den vergangenen Monaten zugenommen habe. «Bei Tiktok spielt wohl eine Rolle, dass Chinas die Strategie verfolgt, die westliche Gesellschaft zu destabilisieren», erklärt Saal.

Weitere Verhaftungen in der Westschweiz

Den Verhaftungen in der Ostschweiz ging Anfang März eine Polizeiaktion in der Westschweiz voraus. Dort wurden drei Jugendliche wegen Terrorverdacht verhaftet, zwei von ihnen sind noch minderjährig.

Auch der Attentäter, der am 2. März in Zürich einen Mann mit einem Messer schwer verletzte, war erst 15 Jahre alt. In einem Bekennervideo, das er auf Social Media postete, bekannte er sich zum IS.

Die Jugendlichen in der Westschweiz standen laut Ermittlern in Kontakt mit Gruppen in Frankreich und Belgien. Dank Informationen aus der Schweiz konnten die dortigen Behörden weitere Jugendliche festnehmen. In Belgien stellte die Polizei bei einem 16-Jährigen ein Video sicher, das ihn mit einer Kalaschnikow zeigt, während er jihadistische Aussagen macht. Laut Ermittlern plante er einen Anschlag auf die Brüsseler Konzerthalle Botanique.

* Name bekannt