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Anhörung im US-Kongress
Tiktok-Chef verteidigt App – findet aber kein Gehör

Muss sich im US-Repräsentantenhaus erklären: Tiktok-Chef Shou Chew. (23. März 2023) 
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Nie ist eine Social-Media-App schneller gewachsen, nie war eine populärer bei den Jugendlichen der Welt als Tiktok. 150 Millionen Nutzer hat Tiktok allein in den USA – und kämpft doch ums Überleben in seiner jetzigen Form. Bevor Tiktok-Chef Shou Zi Chew am Donnerstag in Washington seinen bislang wohl schwersten Gang antrat, wandte er sich in einem der für Tiktok typischen Kurzvideos direkt an die Nutzer: «Einige Politiker haben angefangen, von einem Verbot Tiktoks zu reden», sagte Chew. «Damit aber könntet ihr 150 Millionen alle Tiktok verlieren.»

Es war kein Zufall, dass im Hintergrund des Videos der Dom des US-Capitols zu sehen war: Es ist der Sitz des US-Kongresses, und dessen Abgeordnete hatten Chew einbestellt, damit er inmitten wachsenden Misstrauens gegen Tiktok Zeugnis ablegt.

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Spiessrutenlauf für den Tiktok-Chef

Die Anhörung im Handelsausschuss des Repräsentantenhauses wurde zu einem Spiessrutenlauf für Chew. Er wurde bombardiert mit Fragen zum schädlichen Einfluss von Tiktok auf die mentale Gesundheit von Teenagern, einmal lief ein aktuelles Tiktok-Video, in dem ein Nutzer der Vorsitzenden des ihn befragenden Komitees mit Waffengewalt drohte. Nach einer zehnminütigen Pause informierte Chew die Abgeordneten, das Video – das zuvor offenbar mehrere Wochen auf der Plattform stand – sei nun entfernt worden.

Im Mittelpunkt der Anhörung aber stand das Verhältnis Tiktoks zum chinesischen Mutterkonzern Bytedance, und daraus abgeleitet vor allem die Fragen: Können amerikanische Nutzerdaten von Akteuren in China eingesehen werden oder dorthin abfliessen? Kann die Kommunistische Partei Chinas direkt oder indirekt Einfluss nehmen auf den Algorithmus für mögliche Desinformationskampagnen?

Chew erklärte zu Beginn der Sitzung, er nehme die Bedenken der Gesetzgeber in Bezug auf die nationale Sicherheit der App «sehr, sehr ernst». Auf die mehrfache Nachfrage von Abgeordneten beider Parteien, ob
Chinas Regierung Zugriff habe auf Tiktok-Daten, entgegnete Chew, dafür habe er «keine Belege gesehen». Er verwies auf das von Tiktok geplante «Project Texas», das eine «Firewall» schaffe, die amerikanische Nutzerdaten in der Zukunft schützen werde.

Keine Nähe zu China? Das Handelsministerium in Peking widerspricht

Die Abgeordneten schienen allerdings nicht sehr viel Geduld mit Chews Erklärungen zu haben. Der Tiktok-Chef wich immer wieder Fragen aus, auch wenn sie mehrfach wiederholt wurden, so zum Beispiel, als er gefragt wurde, ob er glaube, dass die uigurische Minderheit in China Repressionen ausgesetzt sei.

Chew bestritt jegliche Einflussnahme der KP Chinas auf das Unternehmen. Es half ihm allerdings nicht, dass Chinas Handelsministerium Stunden vor der Anhörung in Washington erst verkündet hatte, man werde gegen einen möglichen Verkauf von Tiktok ein Veto einlegen. Mehrere Abgeordnete wiesen den Tiktok-Chef darauf hin, dass die Erklärung des Handelsministeriums in Peking ein klarer Widerspruch zu sein schien zu seiner Behauptung, man habe mit China praktisch nichts zu tun.

Die Anhörung kommt zu einer Zeit, da die Spannungen zwischen den USA und China gestiegen sind. FBI-Direktor Christopher A. Wray hatte zuvor vor «Einflussoperationen» Pekings über Tiktok gewarnt,
eine Gruppe von Abgeordneten fordert ein Verbot, und die US-Regierung hat Berichten zufolge den Mutterkonzern Bytedance mittlerweile aufgefordert, die App zu verkaufen. Derweil erlassen immer mehr Regierungen überall auf der Welt Regeln, die ihren Beamten und Angestellten die Installation von Tiktok auf ihren Handys verbietet. In Europa waren das zuletzt die Niederlande, Norwegen und Grossbritannien.

Der aus Singapur stammende Chew hat sowohl den USA als auch Europa Projekte angeboten, innerhalb derer unabhängige Dritte Tiktoks Datenfluss und seine Algorithmen kontrollieren dürfen. Project Texas heisst das in den USA, doch dies scheint der Regierung von Präsident Joe Biden nicht zu genügen. «Die App ist zu einem Schlachtfeld in einem technologischen kalten Krieg zwischen den beiden Ländern geworden», schrieb die «New York Times» am Donnerstag.