Ticker zur Rentenerhöhung13. AHV: 58 Prozent Ja | Initianten: Jubel, Tränen | Maillard: Historisch | Finanzierung: Wie das?
Das Ja ist eine Sensation: Die Initiative für eine 13. AHV-Rente wird von Volk und Ständen angenommen. Wir berichteten live.
Das Wichtigste in Kürze
Deutliches Ja: Das Stimmvolk hat die Initiative für eine 13. AHV-Rente mit 58 Prozent angenommen.
Ständemehr: Die Initiative hat auch die Hürde des Ständemehrs genommen. 15 Stände stimmten Ja, acht Nein.
Der Promotor der Initiative, Pierre-Yves Maillard, jubelt und hat Tränen: Der Gewerkschaftsboss spricht von einer «neuen Seite in der Geschichte».
Es ist das erste Mal, dass eine Initiative angenommen wird, die einen Ausbau von Sozialleistungen verlangt - und das erste Mal, dass die Gewerkschaften mit einer Initiative siegreich sind.
Wie die Milliarden finanzieren? Lohnabzüge? Mehrwertsteuer? Die Mitte-Partei, die im Nein-Lager war, plädiert für eine Finanzmarkttransaktionssteuer.
Der Kanton Zürich sagt mit 52 Prozent Ja.
Basel-Stadt sagt mit 64 Prozent Ja, Basel-Landschaft mit knapp 61 Prozent. Im Kanton Bern wird die Initiative mit 56 Prozent Ja angenommen.
Hohe Zustimmung in der Westschweiz: In der Romandie ist die Initiative überaus deutlich angenommen worden – im Kanton Jura mit fast 83 Prozent.
Die Nein-Stimmen kamen von Zentralschweizer und Ostschweizer Kantonen. Den höchsten Nein-Anteil verzeichnet Appenzell Innerrhoden mit rund 69 Prozent.
Schuldfrage bei den Gegnern: Das Ja dürfte am Sessionsanlass von Economiesuisse vom Montag zu reden geben.
Lesen Sie auch: Kommentar – Dieses Ja ist eine Sensation. Start der 13. AVH-Rente – Ab wann sie kommt und was Sie dafür tun müssen
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Unsere Bundeshausredaktorin ordnet das deutliche Ja ein
Sieg trotz weniger Geld
Zum ersten Mal war vor dieser Abstimmung transparent, wieviel die Kampagnen kosteten. Das Nein-Lager mit den bürgerlichen Parteien und dem Wirtschaftsdachverband Economiesuisse investierte deutlich mehr: Es plante mit einem Budget von 3,55 Millionen Franken. Das Ja-Lager rund um die Gewerkschaften hatte 1,5 Millionen Franken in der Kampagnenkasse. Der finanzielle Vorsprung nützte dem Nein-Lager aber nichts. Gewonnen haben nun trotzdem der Gewerschaftsbund und die linken Parteien.
Junge SVP stellt AHV in Frage
«Es gilt nun zu prüfen, ob die AHV in ihrer heutigen Form noch unterstützenswert ist», schreibt die Junge SVP in einer Mitteilung. Die Solidarität zwischen den Generationen sei gebrochen.
Resultat unter den Top Ten
Die Initiative für eine 13. AHV-Rente holte rund 58 Prozent der Stimmen. Das ist das neuntbeste Resultat für eine Volksinitiative. Das grösste Volksmehr in der Schweizer Geschichte erzielte die Volksinitiative «Für einen arbeitsfreien Bundesfeiertag», die 1993 mit fast 84 Prozent Ja-Stimmen angenommen wurde. Einen Ja-Anteil von über 60 Prozent erzielte zuletzt die Pflegeinitiative – sie liegt auf dem siebten Platz der Gesamtrangliste. 61 Prozent sagten 2021 Ja dazu. (SDA)
Elefantenrunde
Im SRF-Studio analysieren die Parteipräsidenten das Abstimmungsresultat. Der Kaufkraftverlust dürfte eine Rolle gespielt haben, sagen auch die Gegner. «Es ist ein Auftrag an die Politik», stellt Mitte-Präsident Gerhard Pfister fest. FDP-Präsident Thierry Burkart sagt, der Kaufkraftverlust könne «nicht ganz wegdiskutiert werden». Es sei aber auffällig, dass nicht darüber diskutiert worden sei, wer die 13. AHV-Rente finanziere. SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer sagt, die Bürgerlichen hätten an der Bevölkerung vorbei politisiert. Sie müssten sich fragen, ob sie den Menschen in den letzten Jahren zugehört hätten. Die Leute hätten zurecht gesagt: «Jetzt sind wir an der Reihe.»
Medienkonferenz des Bundesrats
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider (SP) kommentiert das Abstimmungsergebnis. Nach einer intensiven Debatte habe das Volk gesprochen, sagt sie. Die 13. AHV-Rente werde Realität. Die Bevölkerung habe ein sehr klares Signal gesendet: Sie wolle eine AHV, die allen ein würdiges Leben im Alter ermögliche. Der Bundesrat werde die Initiative rasch umsetzen, verspricht Baume-Schneider. Der Bundesrat werde noch in diesem Jahr über einen Vorschlag für die Finanzierung entscheiden. «Die AHV ist unser wichtigstes Sozialwerk», stellt Baume-Schneider fest. Der Entscheid sei Ausdruck des anhaltenden Vertrauens in die AHV. Ob der zusätzliche Beitrag des Bundes für die 13. Rente – 800 Millionen im Jahr 2026 – anderswo eingespart werden soll, ist noch unklar: Es sei zu früh, um diese Frage zu beantworten, sagt Baume-Schneider.
Das Endresultat: 58 Prozent Ja
Die Sensation ist definitiv: Die Initiative für eine 13. AHV-Rente ist mit 58,2 Prozent angenommen worden. 15 Stände stimmten der Initiative zu. Den höchsten Ja-Anteil verzeichnet der Kanton Jura mit rund 83 Prozent. Von den deutschsprachigen Kantonen hat Basel-Stadt mit rund 65 Prozent den höchsten Ja-Anteil. Die Nein-Stimmen kamen von Zentralschweizer und Ostschweizer Kantonen. Den höchsten Nein-Anteil hatte Appenzell Innerrhoden mit 69 Prozent. Die Stimmbeteiligung liegt bei über 58 Prozent.
SVP fordert Einsparungen
Die SVP sieht das Ja zur 13. AHV-Rente als «Quittung für die Geldverschwendung ins Ausland». Sie fordert, dass die Initiative ohne höhere Mehrwertsteuern und Lohnabzüge umgesetzt wird. Die Mehrkosten der AHV-Initiative seien durch Einsparungen zu kompensieren, etwa bei der Entwicklungshilfe und im Asylwesen, schreibt die Partei. Die FDP spricht von einem «Scherbenhaufen». Sie werde sich bei der Umsetzung «gegen jegliche Schröpfungsversuche des Mittelstandes wehren».
Vor der Elefantenrunde
Die Parteien sind sich nicht einig, wie die 13. AHV-Rente finanziert werden soll. In einer ersten Parteienrunde forderten SP-Co-Fraktionschefin Samira Marti und Grünen-Präsident Balthasar Glättli eine «sozial gerechte Finanzierung». Auf der Gegnerseite sagte Mitte-Nationalrat Lorenz Hess, man habe das Anliegen wohl zunächst unterschätzt. Bei der Finanzierung dürfte man nun nicht «herumeiern». SVP-Nationalrat Lars Guggisberg sagte, die SVP werde sich «kategorisch wehren» gegen zusätzliche Lohnabzüge und Steuererhöhungen. Holen will die SVP das Geld zum Beispiel bei der Entwicklungshilfe.
Nur Zürich fehlt noch
Nun liegen die Resultate aus fast allen Kantonen vor. Nur der Kanton Zürich fehlt noch. Lukas Golder vom Forschungsinstitut gfs.bern sieht ein Muster in den Ergebnissen, eine «sozialfürsorgliche Achse»: In Regionen, wo die Solidarität höher gewichtet werde, sie die Zustimmung deutlicher ausgefallen – vor allem in der Westschweiz und im Tessin. Golder vermutet zudem einen Protestanteil.
Economiesuisse will höheres Rentenalter
Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse fordert nach dem Ja zur 13. AHV-Rente «strukturelle Massnahmen» zur Finanzierung der AHV. Mit der Renteninitiative – die ein höheres Rentenalter forderte – sei eine solche strukturelle Massnahme zur Debatte gestanden. «Diese Debatte muss fortgesetzt werden», schreibt Economiesuisse.
EVP für Erbschaftssteuer
Die EVP fordert zur Finanzierung der 13. AHV-Rente die Einführung einer nationalen Erbschaftssteuer auf hohen Erbschaften. Die junge Generation dürfe nicht mit höheren Lohnabzügen und einer höheren Mehrwertsteuer belastet werden, schreibt sie.
Mitte-Partei: «Mittelstand nicht belasten»
Die Mitte will sich dafür einsetzen, dass die Mehrbelastungen für den Mittelstand, der schon jetzt leide, möglichst gering ausfallen. Nach dem Ja zur 13. AHV-Rente sei nun die Reform der beruflichen Vorsorge, über die ebenfalls noch in diesem Jahr abgestimmt wird, umso wichtiger (lesen Sie hier mehr dazu). Auch die Grünliberalen wollen sich für ein Ja zu dieser Reform einsetzen.
SP: «Sieg für die Bevölkerung»
Die SP spricht von einem «Sieg für die Bevölkerung». Die Stimmberechtigten hätten sich nicht von der millionenschweren Nein-Kampagne überlisten lassen, schreibt die Partei. Vielmehr hätten sie klargemacht, dass sie sich eine starke AHV wünschten – «die einzige Säule der Altersvorsorge, die sozial finanziert wird».
Gewerkschaft: «Klares Bekenntnis zur AHV»
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) wertet das Ja zu seiner Initiative als klares Bekenntnis zur AHV. Bundesrat und Parlamentsmehrheit hätten das Rentenproblem zu lange ignoriert, schreibt der SGB. Das Resultat und die hohe Stimmbeteiligung zeigten unmissverständlich, dass eine anständige Rente verdient habe, wer sein Leben lang gearbeitet habe. (SDA)
«Wackelkantone»: Mehrheit sagt Ja
Vor der Abstimmung wurden einige Kantone als «Wackelkantone» identifiziert. Nicht in allen gab es aber ein knappes Resultat. Die Kantone Solothurn und Basel-Landschaft nahmen die Initiative mit 60 Prozent an. Auch Glarus und Schaffhausen sagten Ja. Nein sagte dagegen Luzern.
Hohe Zustimmung in der Westschweiz, Jura mit fast 83 Prozent Ja
In der Westschweiz ist die Initiative für eine 13. AHV-Rente überaus deutlich angenommen worden. Im Kanton Jura sagten fast 83 Prozent der Stimmenden Ja, im Kanton Neuenburg 78 Prozent, im Kanton Genf 75 Prozent und im Kanton Waadt 74 Prozent. Auch im Tessin erzielte die Initiative mit 71 Prozent eine hohe Zustimmung.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
https://abstimmungen.tagesanzeiger.ch/embed/detail?popularVoteId=2024-03-03&federalBallotId=1
Die Nein-Kantone
Von den bisher ausgezählten Ständen haben sechs die Initiative abgelehnt. Es handelt sich um die Kantone und Halbkantone Luzern, Obwalden, Nidwalden, Zug, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden.
Ständemehr ist definitiv erreicht
Das Ständemehr ist erreicht: Eine Mehrheit der Stände hat der 13. AHV-Rente zugestimmt.
Generationenvertrag beendet? Heftige Reaktionen
Die Reaktionen auf das Abstimmungsresultat fallen teils heftig aus. Das Stimmvolk habe den Generationenvertrag beendet, heisst es von rechtsbürgerlicher Seite. «Nichts begriffen», erwidert die Linke. So schreibt etwa SP-Nationalrat Jon Pult auf X: «Wer vom Egoismus der Alten spricht, ist blind für die Realität des Kaufkraftverlusts und hat das System der AHV nicht verstanden. Eine starke AHV ist die günstigste Altersvorsorge der heutigen Jungen.» Und SP-Nationalrätin Gabriela Suter schreibt: «Das ist ein wichtiger Schritt hin zu existenzsichernden Renten, wie sie es gemäss Verfassung sein müssen.»
Fehler gefunden?Jetzt melden.