Ticker zur VerrechnungssteuerSchweizer Bevölkerung lehnt Reform knapp ab – Frauen gaben den Ausschlag
Die Schweiz stimmt über die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer ab. Wir berichten live.
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Das Wichtigste in Kürze:
Die Stimmberechtigten haben die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer knapp abgelehnt.
Die Ablehnung war in der Romandie deutlich höher als in der Deutschschweiz.
Gegner der Vorlage sprechen von einer «Quittung an die bürgerliche Steuerpolitik». Die Befürworter sehen Fehler in der Kommunikation zum Argument der Steuerausfälle der Gegenseite.
Artikel zum Thema:
Kommentar zum Verrechnungssteuer-Nein: Die Wirtschaft hat diese Niederlage verdient
Zu den anderen Abstimmungen:
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Ticker beendet
An dieser Stelle beenden wir den Ticker zur Verrechnungssteuer-Vorlage. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Nachwahlbefragung
Gemäss der Nachwahlbefragung von Tamedia und LeeWas haben die Frauen die Verrechnungssteuer-Vorlage deutlich abgelehnt, während eine Mehrheit der Männer zustimmte. Von den SP-Wählerinnen und Wähler stimmten über 80 Prozent Nein. Am deutlichsten Ja sagten FDP-Wählende. In den Städten und bei jüngeren Personen war die Skepsis grösser als auf dem Land und bei älteren Personen. Ja sagten Menschen mit einem Einkommen von über 11’000 Franken im Monat.
Kommentar zum Nein
Das Problem der Befürworter der Vorlage war deren Argumentation. Der Abstimmungskampf des Pro-Lagers sei in weiten Teilen ein Blindflug gewesen, kommentiert Wirschaftsredaktor Konrad Staehelin den Entscheid. Lesen Sie hier, warum die Wirtschaft diese Niederlage verdient hat.
Maurer: «Wir senden nicht sehr gute Signale für Konzerne aus»
Finanzminister Ueli Maurer bedauert, dass die «bescheidene Reform» zur Verrechnungssteuer nicht gelungen sei. «Wir senden damit nicht sehr gute Signale aus für internationale Konzerne aus.» Bundesrat und Parlament müssten für die Zukunft die Lehren ziehen.
Ganz offensichtlich schwinde in der Stimmbevölkerung das Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge, sagte Maurer am Abend des Abstimmungssonntags vor den Medien in Bern. Die Verrechnungssteuerreform habe erfolglos versucht, Mehreinnahmen für die Bundeskasse zu generieren und den Finanz- und Wirtschaftsplatz zu stärken. Der Hoffnungsschimmer sei, dass das Nein weniger deutlich gewesen sei als bei früheren Steuervorlagen.

Maurer plädierte dafür, künftige Steuerreformen besser zu planen. Das Timing sei wichtig. Die Verrechnungssteuerreform sei «in einem nicht sehr glücklichen Zeitpunkt» zur Abstimmung gekommen.
Zudem sei es wichtig, in Steuerfragen zu priorisieren. «Nicht jedes gesellschaftliche Problem kann mit einer Steuervorlage geändert werden», sagte der Finanzminister.
Dass die Ablehnung ein schlechtes Vorzeichen für die wahrscheinliche Abstimmung über die OECD-Mindeststeuer im nächsten Jahr sei, bezweifelte Maurer. Dieses Projekt bringe Mehreinnahmen. «Es würde mich dann schon erstaunen, wenn man Mehreinnahmen nicht will.»
Bundesrat nimmt Stellung zu den Abstimmungsergebnissen
Der Bundesrat nimmt um 17.45 Uhr Stellung zu den Abstimmungsergebnissen für die vier eidgenössischen Vorlagen. Die Nachrichtenagentur Keystone-SDA deckt den Anlass multimedial ab.
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Linke fordern mehr Kooperation im Parlament
SP-Co-Präsident Cédric Wermuth führt den knappen Ausgang der Abstimmung auf die massive Kampagne der Befürworter zurück. Am Ende hätten die Menschen aber verstanden, dass es nur um eine Subvention für ein paar wenige gegangen sei.
«Das spaltet das Land, mit dieser Politik sollten wir wirklich aufhören», sagte der Aargauer Nationalrat auf Radio SRF. Man habe gemeinsam mit den Gewerkschaften gegen die geballte Kraft der Wirtschaftsverbände gekämpft. Diese hätten eine Millionenkampagne geführt.
Wermuths Waadtländer Nationalratskollege Samuel Bendahan sieht im Resultat ein Votum für eine neue Kultur der Zusammenarbeit in der Schweizer Politik. Die Reform sei auf viel zu einseitige Art aufgegleist worden, sagte der SP-Politiker dem Westschweizer Radio RTS.
Komplexität der Verrechnungssteuer-Vorlage als Problem
Aus Sicht der Befürworter hat die Komplexität der Vorlage eine entscheidende Rolle gespielt. Ein positives Zeichen sehen sie im knappen Ausgang der Abstimmung.
«Ich persönlich bin fast noch positiv überrascht», sagte der Zürcher SVP-Nationalrat Thomas Matter gegenüber Radio SRF. In den vergangenen Jahren seien mehrere Steuervorlagen abgelehnt worden, welche die Wirtschaft entlastet hätten. Das jüngste Ergebnis zeige aber, dass das Bewusstsein dafür steige, dass man damit auch den Wohlstand schwäche.
Es handle sich um eine komplexe Vorlage, so Matter. Diese seien schwierig zu gewinnen. «Es geht mir persönlich ja genau gleich: Wenn ich etwas nicht verstehe, dann stimme ich notfalls Nein.»
Seit mittlerweile 15 Jahren wachse das Bruttoinlandprodukt pro Kopf nicht mehr, sagte Matter. Dies werde sich früher oder später bemerkbar machen. Die Wirtschaft und ihre Verbände müssten alles dafür tun, um das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen.
Klarer Nein-Trend
Die Live-Prognosen von Tamedia zeigen um kurz vor 14 Uhr einen klaren Nein-Trend. 51,8 Prozent der Stimmbevölkerung lehnen die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer ab.
Die Ablehnung sei in der Romandie deutlich höher als in der Deutschschweiz, sagt gfs-Politologe Lukas Golder auf SRF. In Zürich gehen die Hochrechnungen von einem knappen Ja aus, in Genf von einer deutlichen Ablehnung.
Gegner sprechen von Quittung an bürgerliche Steuerpolitik
Das Abstimmungsresultat sei eine Quittung an die bürgerliche Steuerpolitik, sagt Franziska Ryser, Nationalrätin der Grünen in einem Interview mit SRF. «Das Learning des heutigen Tages ist, dass die Bevölkerung ausgewogene Steuervorlagen haben will, von der alle profitieren.»
Auf der Befürworterseite sieht FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen Fehler in der eigenen Kommunikation. «Wir hätten die Mär von den abnehmenden Steuereinnahmen stärker bekämpfen müssen.» Alle bisherigen Reformen hätten nicht zu Steuerausfällen geführt.
Nein-Trend zeichnet sich ab
Ein Nein zur Teilabschaffung der Verrechnungssteuer wird wahrscheinlicher: Die Live-Prognosen von Tamedia zeigen einen Nein-Trend mit einem Nein-Stimmen-Anteil von 51,9 Prozent, die Abweichung liegt um kurz nach 13 Uhr bei ±1 Prozent. Auch die zweite Hochrechnung von gfs.bern geht von einem Nein-Stimmen-Anteil von 51 Prozent aus. Die gfs-Politologen gehen von einem Nein aus.
Leichter Nein-Trend
Die nationalen Live-Prognosen von Tamedia zeigen um 12:30 einen leichten Nein-Trend mit 51 Prozent Nein-Stimmen-Anteil. Auch die erste Hochrechnung des Forschungsinstituts gfs.bern im Auftrag der SRG geht von einem Nein-Anteil von 51 Prozent aus.
«Das Resultat könnte theoretisch noch kippen», sagt der Politologe Urs Bieri von gfs.bern um 12.30 Uhr in einem Gespräch mit Radio SRF. Die Nein-Tendenz sei «ein bisschen mehr als ein Gefühl». Die Signale aus den Gemeinden gingen eher in Richtung Ablehnung. Die Zustimmung zur Vorlage sei in der Deutschschweiz deutlich höher als in der Romandie.
Gegner hoffen auf ein Nein
Auf ein Nein hofft Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes im Interview mit SRF. Die Reform könne zu Steuerausfälle führen, das sei Geld, das man in der Schweiz in der aktuellen Situation gut brauchen könne.
«Wir verlieren Steuereinnahmen ins Ausland – vor allem an Luxemburg», sagt dagegen Monika Rühl. Diese Steuereinnahmen müsse man zurückholen, so die Direktorin von Economiesuisse. Das dürfe ab dem ersten Jahr der Reform der Fall sein. «Wir wollen ein starker Finanzplatz sein.»
Erste Hochrechnungen
Bei der Verrechnungssteuer ist noch alles offen: Eine erste nationale Hochrechnung von Tamedia um 12 Uhr zeigt einen Nein-Anteil von 50 Prozent. Erste Hochrechnungen aus dem Kanton Zürich zeigen einen Nein-Anteil von 51 Prozent bei 48 ausgezählten Gemeinden. Weil das Vertrauensintervall derzeit noch relativ gross ist, könnte auch noch ein Ja zur Verrechnungssteuer-Reform resultieren.
Im Kanton Aargau zeichnet sich ebenfalls ein Nein ab. Nach Auszählung in zwei von elf Bezirken beträgt der Nein-Stimmen-Anteil 51,8 Prozent. Ausgezählt sind zwei ländliche Bezirke. Im Kanton Graubünden zeichnet sich dagegen ein Ja ab. Gemäss Zwischenresultat waren bisher 53,5 Prozent der Stimmenden für die Vorlage.
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Das müssen Sie wissen
Darum gehts
Um den Fremdkapitalmarkt zu stärken, wollen Bundesrat und Parlament die Zinserträge mit einer Ausnahme von der Verrechnungssteuer befreien und die Umsatzabgabe auf inländischen Obligationen aufheben. Konkret sollen ab 2023 neu herausgegebene Obligationen von der Verrechnungssteuer befreit werden. Zudem sollen Anteile von ausländischen Geldmarktfonds von der Stempelabgabe befreit werden.
Die Abschaffung der Steuer würde kurzfristig zu einer Einbusse von einer Milliarde Franken und danach, langfristig, von jährlich rund 215 bis 275 Millionen Franken führen, bei konstanter Wirtschaftslage und tiefen Zinsen. Finanzminister Ueli Maurer hatte in der Parlamentsdebatte argumentiert, dass die Vorlage sich bezüglich Mindereinnahmen und Mehrausgaben ungefähr die Waage halte. Entlastungen in diesem Bereich hätten letztlich immer zu mehr Steuersubstrat geführt. Zum Abstimmungs-Dossier
Wie sehen die Prognosen aus?
Die Befürworter der Reform der Verrechnungssteuer haben seit der ersten Umfragewelle Mitte August konstant Boden gutgemacht, von 30 auf 40 Prozent. In der letzten Welle war der Nein-Anteil aber immer noch bei 48 Prozent.
Wer ist dafür?
Nach Ansicht der bürgerlichen Parteien SVP, FDP und Die Mitte sowie der GLP stellen die Verrechnungssteuer und die Umsatzabgabe ein Hindernis für den Schweizer Fremdkapitalmarkt dar. Die Reform sei «überfällig». Heute seien Betriebe im Inland faktisch gezwungen, ihr Kapital für Investitionen im Ausland aufzunehmen. Künftig werde es attraktiver, inländische Obligationen über einen inländischen Effektenhändler zu erwerben.
Wenn die Anpassung nicht gemacht werde, sei das «ein Schuss ins eigene Bein», warnen auch die Wirtschaftsverbände. Es würden noch mehr Firmen und Gelder abwandern. Der Werkplatz brauche dieses Geld.
Die Reform bringe Steuern zurück und trage zur Stabilität und zu gesunden Staatsfinanzen bei, halten die Befürworter weiter fest. Die geltenden Regeln hätten Nachteile für den Wirtschaftsstandort und den Fiskus in der Schweiz.
Wer ist dagegen?
Das Referendum gegen die Abschaffung der Verrechnungssteuer war von SP, Grünen und Gewerkschaften ergriffen worden. Sie reichten rund 60'000 Unterschriften ein. Die EVP hat ebenfalls die Nein-Parole zur Vorlage ergriffen. Die Abschaffung der Verrechnungssteuer sei ein «Freipass zur Steuerkriminalität» auf Kosten der Allgemeinheit, machen die Gegner geltend. Für Sparkonti nämlich bleibe die Verrechnungssteuer bestehen.
Das Referendumskomitee argumentiert auch mit finanziellen Verlusten für den Bund. Altersvorsorge, Klimawandel und der Verlust an Biodiversität seien grosse finanzpolitische Herausforderungen. Da bleibe es ein Rätsel, weshalb nun jene Steuerprivilegien erhalten sollten, die sie am wenigsten nötig hätten.
Die Warnung vor Steuerausfällen war jüngst erfolgreich. Im Februar wurde die teilweise Abschaffung der Stempelsteuer vom Stimmvolk deutlich verworfen.
(Mit Material der SDA)
SDA/Redaktion
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