Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Cora Schumacher geht neue Wege
Wie es ist, wenn der Ex sich als homosexuell outet

ARCHIV - 31.08.2018, Nordrhein-Westfalen, Köln: Cora Schumacher steht bei der Sat.1 Show «Promi Big Brother 2018» im Studio. TV-Sternchen Cora Schumacher verlässt die RTL-Show «Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!». Die 47-Jährige gehe auf eigenen Wunsch, teilte der Sender am Sonntagabend mit. In der an dem Abend ausgestrahlten Sendung war die Ex-Frau von Ralf Schumacher (48), dem früheren Formel-1-Fahrer, noch dabei. Wegen einer Sportübertragung ging die Dschungelcamp-Sendung am Sonntag nur 40 Minuten. Das Aus der Kandidatin wurde nicht mehr in der Folge bekannt gegeben. Mehr sollten die Zuschauer laut RTL-Mitteilung am Montag erfahren. Zwölf Kandidaten kämpfen in diesem Jahr um die Dschungelkrone. (zu dpa: «Nach Coming-out: Ralf und Cora Schumacher liegen im Clinch») Foto: Henning Kaiser/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Henning Kaiser)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

«Nein!», ruft Cora Schumacher in ihrer jüngsten Story auf Instagram: Versöhnung mit ihrem Ex-Mann, dem ehemaligen Formel-1-Piloten Ralf Schumacher, sei nicht in Sicht. Sie wolle jetzt einfach nur ihre Ruhe und ihren Frieden finden. Und man wünscht ihr, dass sie fündig wird.

Allerdings hat sie den Wirbelsturm, der in den letzten Wochen um ihre Person tobte, selbst zu verantworten. Nachdem Ralf Schumacher im Juli sein Coming-out zelebriert hatte, führte seine Ex-Frau – von der er seit 2009 getrennt und seit 2015 geschieden ist – Mitte August mit dem Magazin «Der Spiegel» ein mehrstündiges Gespräch, in dem sie gekränkt und weinend davon erzählte, wie überrumpelt und verletzt sie sich fühle. In dem Mammut-Porträt mit Originalzitaten erscheint es so, als habe sie ihren Ex-Mann während ihrer langjährigen Partnerschaft verschiedentlich auf die Gerüchte, er sei homosexuell, angesprochen, und er habe es stets vehement abgestritten.

Formula 1 driver Ralf Schumacher kisses his wife Cora, while leaving the church in Maria Plein near Salzburg, Austria where they exchanged wedding vows on Saturday Sept. 7, 2002. (KEYSTONE/AP Photo/Kerstin Joensson)

Cora Schumacher legt nahe, dass sie damit habe leben müssen, dass manche ihr unterstellten, nur ein bezahltes Deckmäntelchen zu sein, um das Schumacher-Image zu schützen: Sie sei quasi eine Scheinehe eingegangen, um selbst dem Rotlichtmilieu zu entkommen, behaupteten manche. Dabei sei es echte Liebe gewesen. «Herr Schumacher», hält sie im «Spiegel» fest, habe das Recht, sich zu outen. Aber «hat er auch einen Moment an die Konsequenzen für mich gedacht?».

Outing von Ex-Partner erschüttert Vertrauen in eigene Wahrnehmung

Es mag vorderhand wie eine unangemessene Reaktion klingen – aber selbst wenn Öffentlichkeit und TV-Auftritte nicht zum eigenen Geschäftsmodell gehören, ist es sicher für niemanden einfach, wenn ein langjähriger Ex-Partner oder eine Ex-Partnerin sich als homosexuell outet und eventuell gar noch gleich öffentlich eine neue Beziehung feiert wie Ralf Schumacher «den richtigen Partner». Da kann man sich schon mit der Frage quälen, ob jedes leidenschaftliche Liebesgeflüster wohl eine Lüge gewesen ist.

Ralf Schumachers Coming-out auf Instagram vor ein paar Wochen.

Die Basler Paartherapeutin Monika Röder, Verfasserin des Ratgebers «Der kleine Sexretter», unterstreicht auf Anfrage: «Für viele Betroffene fühlt sich so etwas an wie eine Art Betrug.» Die gemeinsame Geschichte erscheine vor dem Hintergrund des neuen Wissens in einem anderen Licht. «Es kommen Gedanken auf wie ‹Wie war das damals für dich, als du sagtest, du liebst mich … / der Sex mit mir war toll …›.» Das neue Wissen erschüttere oft das Vertrauen in die eigene Wahrnehmung. «Auch das Vertrauen in Beziehungen, in Menschen dieses Geschlechts oder ins Leben kann dadurch tief erschüttert werden.»

Im Fall von Cora Schumacher spielen weitere Faktoren eine Rolle: Wie sie selbst bekennt, geben die Fans und Follower ihr Trost und bauen ihr Selbstwertgefühl auf; sie hat darum immer wieder in Reality-TV-Formaten mitgemacht, in denen sie Privates ausplauderte. So weitete sich die persönliche Verletzung für sie jetzt, subjektiv empfunden, in öffentliche Schmach aus; womöglich hatte sie auch Angst, dass das Deckmäntelchen-Narrativ wieder in den Fokus rutscht. Dass Sohn David, geboren 2001, sich nach dem Coming-out auf Instagram «zu hundert Prozent» hinter den Vater gestellt hat, wird sie nicht nur gefreut haben.

Outing bedeutet Stress pur

Therapeutin Röder beschreibt, dass ein solches Outing (auch) für den Partner – aber auch für einen Ex-Partner – erst mal Stress pur bedeutet. Sie rät davon ab, in einer solchen Situation weitreichende Entscheidungen zu treffen, «weil unter hohem Stress unser Gehirn nicht vollständig funktioniert». Man brauche zuerst eine gewisse Stabilisierung.

Auf die «Spiegel»-Publikation folgte jedenfalls eine Schlammschlacht, in der das einstige Paar private Chat-Verläufe öffentlich machte: Ralf Schumacher wollte beweisen, dass seine Ex längst Bescheid gewusst habe über die homosexuelle Beziehung mit Freund Étienne – und Cora Schumacher das Gegenteil. Ein Rosenkrieg rund ein Jahrzehnt nach der schwierigen Scheidung. In den sozialen Medien wurde Cora Schumacher dafür mal heftig beschimpft und als pressegeiles TV-Sternchen verurteilt, mal aber auch virtuell in den Arm genommen; die Empörungsmaschinerie lief heiss.

Cora Schumacher hat Only-Fans-Account aufgegeben

Inzwischen wurden die Indiskretionen beiderseits wieder gelöscht. Auch den Account auf der Erotikplattform Only Fans, der Cora Schumacher im Tag bisweilen rund 10’000 Euro eingebracht haben soll, hat die 47-Jährige vor wenigen Tagen aufgegeben. Sie will nun zudem wieder ihren alten Namen führen und als Caroline Brinkmann neu durchstarten.

Kann man, auf eine Beziehung zurückschauend, auch einen gewissen Trost darin finden, dass manche Probleme, Unvereinbarkeiten und Zwistigkeiten vielleicht unter anderem auf die unerkannte sexuelle Orientierung des Partners zurückzuführen sind? Röder sieht es so: «Wenn jemand sich so komplett im Leben umorientiert, hat das vor allem mit der Person selbst zu tun. Die Zeit des Verdrängens ist vorbei, der Betreffende ist jetzt bereit, Verantwortung für die Veränderungen zu übernehmen und den Preis dafür zu bezahlen. Mit dem ehemaligen Beziehungspartner hat das meist nicht viel zu tun.»

COLOGNE, GERMANY - MARCH 20:  (L-R) Defeated Cora Schumacher looks on during the 2nd show of the television competition 'Let's Dance' on March 20, 2015 in Cologne, Germany.  (Photo by Sascha Steinbach/Getty Images)

Ist es grundsätzlich möglich, dass sich ein Partner jahrelang nicht im Klaren über seine sexuelle Orientierung ist? Für Paartherapeutin Röder ist das sogar selbstverständlich. «Letztlich sind die meisten Menschen in unserer Welt heterosexuell sozialisiert.» Und das bedeute, dass wir davon ausgingen, heterosexuell zu sein, und Homosexualität als Sonderform und Abweichung erlebten.

«Vor dem Hintergrund dieser heterosexuellen Sozialisation wünschen sich viele Menschen eine Familie.» Das führe bei Frauen oft dazu, dass sie sich zur Familiengründung zunächst heterosexuell orientierten. Dann, in der stressigen Elternzeit, oder wenn die Kinder aus dem Haus seien oder auch aus Frust über den «männlichen» Sex des anderen wendeten sie sich ihrer ursprünglicheren, verdrängten oder auch als stimmiger ersehnten Orientierung zu. Bei Männern könne es ähnlich sein. «Der Hintergrund ihrer Verdrängung ist aber eher die Wahrnehmung, dass Schwulsein gesellschaftlich immer noch recht niederwertig eingeordnet wird und sie das nicht erleben wollen.»

Deshalb sei es nicht prinzipiell als Unrecht zu werten, wenn Partner ihre Homosexualität erst spät offenbarten – sondern nur, wenn diese bewusst und böswillig verborgen worden sei. Solche Fälle sind Röder jedoch nicht bekannt. Wenn vages «Wissen» oder Ahnen zurückgehalten werde, stehe dahinter meist die positive Intention, sich selbst und andere vor Überforderung oder Verlust zu schützen.

Erkenntnis: «Eigentlich erfüllt mich dieser Sex viel mehr»

«In den meisten Fällen entstehen solche Wandel aus einer eher unerfüllten Lebenssituation, zum Beispiel dass er oder sie unerfüllt ist mit der Art und Weise, wie Sexualität gelebt wird. Wenn der homosexuelle Faden dann aufgegriffen und verfolgt wird, kann es irgendwann zu der ‹Erkenntnis› kommen: ‹Eigentlich erfüllt mich dieser Sex viel mehr.›»

Dann gehe es darum, so Monika Röder, dass sich beide Betroffenen darüber klar würden, welche Werte sie im Leben priorisierten. Ob andere, offene Beziehungsformen infrage kämen oder wie wichtig die ursprüngliche Beziehung tatsächlich sei. Die Paartherapeutin legt jedem eine ehrliche Selbsterforschung ans Herz: «Mit welcher Entscheidung könnte ich im Rückblick auf mein Leben, etwa mit 80 Jahren, am besten leben?»