Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

The Last Dinner Party
Es ist 2024, doch diese Rockband steht vor dem Welterfolg

Wohldurchdachte «mittelalterliche Goth-Ästhetik»: The Last Dinner Party mit Emily Roberts, Aurora Nishevci, Sängerin Abigail Morris (vorne Mitte), Georgia Davies und Lizzie Mayland.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Am vergangenen Freitag traten The Last Dinner Party im Zürcher Mascotte auf. Der Club am Bellevue war schon lange ausverkauft, auf die Gästeliste wollten viel mehr Medienleute, als für sie Platz war. Keine geringe Leistung für fünf junge Londonerinnen, die vor einem Jahr noch völlig unbekannt waren und darum beim Montreux Jazz Festival nicht weiter auffielen.

In England sind The Last Dinner Party jetzt die Band der Stunde. Ihre Hits «Nothing Matters» und «Sinner» haben bereits den Hauch moderner Klassiker erlangt, das Debütalbum «Prelude to Ecstasy», Anfang Monat veröffentlicht, landete bereits in der Erscheinungswoche auf Platz 1 der Charts.

Angeblich verdanken The Last Dinner Party ihren Erfolg der harten Aufbauarbeit, die sie seit der Bandgründung 2021 in den Londoner Musikclubs geleistet haben. Um Netzpräsenz sollen sie sich lange nicht gekümmert haben. «Facebook, Instagram und Tiktok haben uns anfänglich nicht interessiert», bestätigt Bassistin Georgia Davies im Gespräch. «Wir kommen aus einer Szene, wo man eine Band sehen muss, wenn man ihre Musik hören will. Natürlich bedienen wir heute die Plattformen. Wir wollen uns aber nicht vom Musikmachen ablenken lassen. Darum haben wir ein Social-Media-Team angeheuert.»

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

The Last Dinner Partys Musik ist weit entfernt von Pop-Gefälligkeit, Dance-Geratter und Urban-Gewummer: «Prelude to Ecstasy» schwankt zwischen Glam-Rock, New Wave und Bänkellied. Diese stilistische Bandbreite hat The Last Dinner Party darum auch vorteilhafte Vergleiche mit Roxy Music, Queen und Lana Del Rey eingebracht.

Die gebündelte Energie, mit der die um einen Schlagzeuger erweiterte Band ihre Zürcher Premiere bestreitet, täuscht über die harten Stilbrüche in The Last Dinner Partys Repertoire hinweg. Sängerin Abigail Morris' wacher Gesang tut das Übrige.

An Morris' Seite zeigen ihre Mitmusikerinnen, wie virtuos The Last Dinner Party sind. Emily Roberts brilliert mit melodischen, aber überraschenden Gitarrenläufen, von ihren Keyboards aus dirigiert Aurora Nishevci die Musikerinnen durch fünfstimmige und oft auch mehrsprachige Gesangsharmonien. Hier kommt vieles zusammen, was sonst nicht zusammengehört.

Management der alten Schule

Abigail Morris, Georgia Davies und Rhythmusgitarristin Lizzie Mayland lernten sich an der Universität von London kennen, wo sie Anglistik beziehungsweise Kunstgeschichte studierten. Emily Roberts und Aurora Nishevci waren an der renommierten Musikschule Guildhall eingeschrieben und stiessen erst später zur Band. «Ich denke, dass unser akademischer Hintergrund viel zu unserem Appeal beiträgt», sagt Abigail Morris. «In England gab es schon lange keine Rockband mehr, die sich wie wir sowohl von Musik wie auch von Kunst und Literatur beeinflussen lässt.»

The Last Dinner Partys Songs handeln von sexuellen Transgressionen, Genderkonflikten und der ganzen Verklemmtheit der katholischen Kirche. Nicht umsonst zählt Abigail Morris Wladimir Nabokow, Oscar Wilde und William S. Burroughs zu ihren wichtigsten literarischen Inspirationen. «‹Lolita› ist mein Lieblingsbuch», verrät sie. «Das hat aber mehr mit Nabokows virtuosem Umgang mit der englischen Sprache zu tun als mit der Handlung.»

Auf «Prelude to Ecstasy» werden aber nicht einfach literarische Gedankenexperimente durchgespielt, versichert Morris. In The Last Dinner Partys Musik geht es um eigene Erfahrungen. «Der frühe Tod meines Vaters hat mir das ganze Grauen des Lebens vor Augen geführt. Und mich für viele widersprüchliche Gefühle zwischen Euphorie und Trauer geöffnet.»

Das Cover des Debütalbums, das in England auf Platz 1 in die Charts einstieg: Die Band inszeniert sich üppig.

Schon bald nach The Last Dinner Partys ersten Auftritten begann sich die amerikanische Managementagentur Q Prime für die Band zu interessieren. Die Firmengründer Peter Mensch und Cliff Burnstein waren bereits für die Weltkarrieren von Def Leppard, Metallica und The Red Hot Chili Peppers verantwortlich, Madonna durften sie hingegen nur ganz kurz betreuen. «Q Prime sind Manager der alten Schule», sagt Georgia Davies. «Sie verstehen mehr von Musik, Bühnenhandwerk und Tourplanung als von Social Media. Darum passen sie auch gut zu einer Band wie The Last Dinner Party.»

Q Prime ist es wohl zu verdanken, dass The Last Dinner Party 2022 im Vorprogramm der Rolling Stones auftraten, als diese im Londoner Hyde Park ihr sechzigjähriges Bestehen feierten. Und dass die junge Band die bürokratischen Folgen des Brexit scheinbar mühelos wegsteckt. «Die Zeiten, als britische Bands ohne Zolldokumente in der EU auftreten konnten, sind definitiv vorbei», hält Abigail Morris fest. «Ohne die Unterstützung eines engagierten Teams, das den ganzen Papierkram für uns erledigt, hätten wir es nie nach Europa geschafft.»

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Das Publikum im Mascotte quittiert The Last Dinner Partys 50 Minuten kurzen Auftritt mit Jubel. Und das zu Recht. Wenn man etwas an diesem Abend bemängeln kann, dann dies: Der Auftritt ist mehr ein Showcase als ein Konzert. The Last Dinner Party spielen ihr Album «Prelude to Ecstasy in sanft abgeänderter Reihenfolge durch, auf Experimente lässt sich die Band nicht ein. Auf eine Zugabe auch nicht.

Das Unerwartete erwarten

Dabei mangelt es The Last Dinner Party nach eigener Aussage nicht an neuen Songs. «Wir haben bereits eine Country-Nummer und ein Industrial-Stück in Arbeit», sagt Georgia Davies. «Von uns soll man immer das Unerwartete erwarten dürfen. Ausser vielleicht einen Abstecher in Richtung Reggae. Wir wollen schliesslich nicht der kulturellen Aneignung beschuldigt werden.»

Bis in den Herbst hinein sind The Last Dinner Party mit Tourneen durch Amerika, Mexiko und Europa beschäftigt. Im Mai wollen sie sich ein paar Wochen Auszeit gönnen. Es wäre schade, würden The Last Dinner Party wegen ihres strengen Arbeitspensums ausbrennen. Tolle Songs kann diese begnadete Band jetzt schon schreiben. Mitreissende Konzerte gibt sie auch. Wenn The Last Dinner Party sich richtig entfalten können, wird diese Band noch viel grossartiger, als sie es ohnehin schon ist. Man freut sich auf ein Wiedersehen mit ihr. 

Man freut sich auf das nächste Wiedersehen mit ihnen.