Transportbetriebe in NotDer Diesel wird immer teurer – doch wer zahlt am Ende drauf?
Die Preise für Treibstoff sind seit der russischen Invasion der Ukraine sehr hoch. Camion- und Reisebusfirmen erhöhen nun die Preise. Doch das dürfte erst der Anfang sein.
Die Energiehändler schlugen diese Woche an einer Rohstoffkonferenz Alarm: Europa importiere die Hälfte seines Diesels aus Russland, die andere Hälfte aus dem Nahen Osten. Komme es zu Sanktionen, werde Diesel zu einer Mangelware, was zu einer Rationierung führen könne.
Davon wäre die Schweiz ebenso betroffen. Die Pflichtlager für Diesel decken nur den Bedarf für einen Zeitraum von viereinhalb Monaten.
Die derzeit hohen Preise hinterlassen aber heute schon deutliche Spuren – allen voran bei jenen Betrieben, die selber viel Diesel verbrauchen: Busunternehmen, Speditionsfirmen und Unternehmen des öffentlichen Verkehrs.
Schon jetzt betroffen ist, wer mit dem Bus eine Freizeitreise unternimmt. Seit Mittwoch verrechnet Eurobus, das grösste private Busunternehmen der Schweiz, seinen Kunden einen Aufpreis von zwei Franken pro Person und Tag. Nur wer seine Reise früher gebucht hat, bezahlt keinen Aufschlag. «So massive Schwankungen haben wir noch selten erlebt», begründet Eurobus-Chef Patrick Nussbaumer die Preiserhöhung.
Beim Reiseunternehmen Twerenbold – ebenfalls ein Grosser der Branche - gilt bei Neubuchungen ein Treibstoffzuschlag von zwei Franken pro Tag und Person. Das Unternehmen Marti Reisen verrechnet ebenfalls die tagesaktuellen Dieselpreise seinen Kunden.
Nicht in die Karten blicken lässt sich Flixbus, der deutsche Billiganbieter, der auch in der Schweiz tätig ist. «Wir beobachten die Entwicklung der gestiegenen Kraftstoffpreise genau», sagt eine Sprecherin. Man wolle den Kunden «immer die besten marktgerechten Preise» anbieten. In deutschen Medien spricht Flixbus hingegen von «enormen» Belastungen.
Zwei Möglichkeiten zur Deckung der Mehrkosten
Bei den Betrieben des öffentlichen Verkehrs ist der hohe Dieselpreis das Thema Nummer eins. Bleibe er länger so hoch, müsse die Branche mit den Bestellern des Angebots – Bund, Kantone und Gemeinden – nach Lösungen suchen, sagen die Sprecher der zwei grossen Transportanbieter Aargau Verkehr und Bernmobil. Und da gibt es grundsätzlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder zahlen die Passagierinnen und Passagiere mehr, oder die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler decken die Mehrkosten.
Einblick in die aktuelle Lage gibt die Baselland Transport AG, der grösste Anbieter des öffentlichen Verkehrs im Kanton Baselland. Sein Betrieb müsse in diesem Jahr für Diesel im Schnitt 40 Prozent mehr zahlen als im vergangenen Jahr, erklärt der stellvertretende Direktor Fredi Schödler. Hochgerechnet auf dieses Jahr seien das 900’000 Franken.
Wer wird diese Mehrkosten tragen? «Im Verlauf dieses Jahres werden wir das mit den Bestellern diskutieren müssen», sagt Schödler. Wird es zu Ticketpreiserhöhungen kommen? «Das ist eine politische Frage», unterstreicht er. Sprich: Der Kanton als Besteller muss das entscheiden. Doch der Handlungsbedarf ist dringend. Denn laut Schödler sind die Dieselpreise nur ein Teil des Problems: «Wir müssen generell von steigenden Energiepreisen ausgehen.»
Aufschläge drohen auch bei der Auto AG Uri, wenn auch noch nicht jetzt. «Wir sichern jeweils einige Tankzüge mit Diesel im Voraus ab. Somit betreffen uns die hohen Treibstoffpreise noch nicht», sagte Geschäftsführer Reto Marzer gegenüber der «Urner Zeitung». Doch: «Sollte die Krise länger andauern, so wären auch wir betroffen, weil wir dann zu marktüblichen Preisen bestellen müssten.»
Ähnlich sieht es bei der Amstein Bus AG in Willisau LU aus, die für Postauto Schweiz zehn Postautolinien im Luzerner Hinterland und im Entlebuch betreibt. Längerfristig sei denkbar, dass die Ticketpreise für den öffentlichen Verkehr steigen, sagte Robert Amstein gegenüber dem «Willisauer Boten». Momentan sei das aber nicht möglich, weil die Preise für die Postautofahrten vom Tarifverbund Passepartout festgelegt sind.
Bei Postauto selbst haben die höheren Preise derzeit keine unmittelbaren Auswirkungen, wie eine Sprecherin sagt. Der Grund: «Postauto hat den Dieselbezug durch einen Finanzierungsvertrag bis Ende 2023 abgesichert.» Die 2370 Postautos des grössten Busanbieters der Schweiz werden mit Ausnahme von vier Batteriefahrzeugen mit Diesel angetrieben.
Die hohen Dieselpreise spürt nicht nur der öffentliche Verkehr. Transportfirmen zahlen heute deutlich mehr für den Treibstoff, der ihre Lastwagen durch die Schweiz bringt. In Deutschland stehen wegen der Spritpreise gar Lastwagen still.
«Die hohen Treibstoffpreise sind für uns eine grosse Herausforderung», sagt Josef Jäger, Direktor der Ostschweizer Firma Camion Transport. Er hat mit seinen Kunden vertraglich je nach Dieselpreis einen Zu- oder Abschlag auf den Transportpreis vereinbart. Aktuell bedeutet das, dass die Kunden mehr zahlen müssen.
Andere Betriebe geben die Mehrkosten ebenso an ihre Kunden weiter, etwa die Logistikfirmen Planzer und Galliker. «Der Druck vorab auf kleinere KMU-Betriebe, deren Liquidität schon während der Corona-Krise gelitten hat, ist enorm», sagt FDP-Präsident Thierry Burkart, der gleichzeitig den Schweizerischen Nutzfahrzeugverband Astag präsidiert.
Den hohen Druck auf die Transportbranche spürt Benjamin Giezendanner. Der Aargauer SVP-Nationalrat und Transportunternehmer sagt: «Tatsächlich habe ich in den vergangenen Tagen und Wochen viele Anfragen von besorgten Transportunternehmern bekommen, welche die Preise nicht einfach weitergeben können. Teilweise fahren sie einfach auf eigene Rechnung ein Minus ein.» Sein eigenes Unternehmen leide momentan ebenfalls unter den Treibstoffpreisen, sagt Giezendanner.
Er hat wegen der hohen Preise und des Drucks auf die Branche – wie andere Politiker auch – verschiedene politische Vorstösse eingereicht. Das Ziel: Der Bund soll eingreifen und die Situation entschärfen. Dies wäre zum Beispiel möglich, wenn der Bund die Steuerbelastung auf den Dieselpreis aussetzt. Doch die entsprechenden Vorstösse sind politisch umstritten.
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