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Amokfahrt in New Orleans
Ein Angriff auf die Lebensfreude Amerikas

NEW ORLEANS, LOUISIANA - JANUARY 1: Law enforcement officers from multiple agencies work the scene on Bourbon Street after at least ten people were killed when a person allegedly drove into the crowd in the early morning hours of New Year's Day on January 1, 2025 in New Orleans, Louisiana. Dozens more were injured after a suspect in a rented pickup truck allegedly drove around barricades and through a crowd of New Year's revelers on Bourbon Street. The suspect then got out of the car, opened fire on police officers, and was subsequently killed by law enforcement.   Michael DeMocker/Getty Images/AFP (Photo by Michael DeMocker / GETTY IMAGES NORTH AMERICA / Getty Images via AFP)
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In Kürze:
  • Ein Veteran der US-Armee hat in New Orleans mindestens 14 Menschen getötet.
  • Der Attentäter raste mit einem Ford-Geländewagen in die Bourbon Street.
  • Das FBI untersucht mögliche Verbindungen des Täters zur Terrormiliz IS.
  • Die Republikaner beschuldigen die Sicherheitsbehörden, versagt zu haben.

«The Big Easy» nennen sie New Orleans in den Vereinigten Staaten. Es lebt sich leichter und entspannter dort unten im Süden, wo die Grenzen verschwimmen zwischen dem Mississippi und dem Golf von Mexiko. Hier vermischen sich kaltes Süsswasser aus dem Norden und warmes Meereswasser, hier verschmelzen die Kulturen, das Französische der Gründer, die Spanier waren hier, 1803 kauften die USA das Gebiet.

New Orleans ist eine Stadt von Amerikas tiefem Süden, im stockkonservativen Louisiana. Und gleichzeitig Hort mediterraner Lebens- und Festfreude, des Karnevals Mardi Gras, geprägt nicht nur von den weissen Kolonisten, sondern mindestens ebenso stark von den Sklaven der nahen Baumwollplantagen sowie ihren Nachfahren, den Schöpfern des Jazz.

Das Leben bleibt nie stehen im Herzen von New Orleans, dem malerischen französischen Viertel mit seinen bunten Häusern und ihren schmiedeeisernen Balkonen.

Fast nie. Im kommenden Sommer begeht die Stadt den 20. Jahrestag ihres buchstäblichen Untergangs. Mehr als 700 Menschen kamen ums Leben, als die Deiche dem Wirbelsturm Katrina nachgaben und das Wasser in der Stadt fünf Meter hoch stand. Es dauerte Jahre, bis New Orleans seine alte Leichtigkeit wiedergefunden hatte.

Eine der bekanntesten Strassen der Welt

Nun ist das Leben erneut unvermittelt zum Stillstand gekommen. Verwaist erwachte die Bourbon Street, die sonst stets pulsierende Ader der Altstadt, am Donnerstagmorgen in ungewohnter Stille. In der Neujahrsnacht war das Unglück wieder einmal über die Stadt hereingebrochen. Ein Veteran der US-Armee raste morgens um 3.15 Uhr mit einem Ford-Geländewagen an Absperrungen vorbei in die Bourbon Street, wo feiernde Menschen das neue Jahr willkommen hiessen. Als der weisse Pick-up-Truck stehen blieb, schoss der Mann mit einem Sturmgewehr auf Polizisten, die das Feuer erwiderten und ihn tödlich trafen. Mindestens 14 Menschen brachte der Attentäter um, weitere rund drei Dutzend wurden zum Teil schwer verletzt. Er hatte selbst gebaute Sprengsätze im Auto, Schusswaffen, eine Fahne der Terrorgruppe IS.

«Wir reden hier über eine der ikonischsten Städte und eine der bekanntesten Strassen der Welt», sagte Stadtrat Oliver Thomas nach der Attacke, die die Behörden als einen terroristischen Anschlag untersuchen. «Das ist keine Botschaft und kein Angriff auf New Orleans. Das geht gegen Amerika.»

Die Spuren führen zur Terrormiliz IS

Der Mann, der Amerika angegriffen hat, ist selbst Amerikaner, geboren und aufgewachsen in Texas, mehrere Jahre stand er im Dienst der US-Armee. Die Behörden identifizierten ihn als den 42-jährigen Shamsud J. Präsident Joe Biden sagte am Mittwoch bei einer Medienkonferenz auf dem Landsitz Camp David, der Attentäter habe sich von der Terrormiliz IS anregen lassen: «Vor dem Angriff hatte er Videos auf sozialen Medien veröffentlicht, die darauf hinwiesen, dass er vom IS inspiriert war.» Die Bundespolizei FBI untersucht nun die Verbindungen zwischen dem Mann und der Terrorgruppe, die hauptsächlich in Syrien und im Irak aktiv ist.

Nach neuen Erkenntnissen des FBI handelte der Mann als Einzeltäter. «Wir gehen zum jetzigen Zeitpunkt nicht davon aus, dass ausser Shamsud-Din Jabbar noch jemand anderes an diesem Anschlag beteiligt war», sagte der stellvertretende FBI-Direktor Christopher Raia am Donnerstag in New Orleans. Am Tag zuvor hatte die US-Bundespolizei in ersten Stellungnahmen erklärt, sie gehe davon aus, dass Jabbar nicht allein gehandelt habe.

Was den Mann aus Texas mit der Terrormiliz verbindet, ist bisher nicht klar. Shamsud J. war als Christ aufgewachsen und ist schon in jungen Jahren zum Islam konvertiert. Er diente fast acht Jahre lang in der US-Armee, er war in Afghanistan im Einsatz. Einer Stellungnahme der Armee zufolge war er Personalfachmann und IT-Spezialist. Im Juli 2020 schied er aus der Reserve aus. Zuletzt arbeitete Shamsud J. bei einer Beratungsfirma. Gerichtsunterlagen über zwei Scheidungen weisen darauf hin, dass er Geldprobleme hatte. Nachbarn und Bekannte beschrieben Shamsud J. gegenüber Medien als höflichen, unauffälligen Mann, der zurückgezogen in Houston lebte.

Ein Tesla-Geländewagen explodiert vor Trump-Hotel

Die Ermittler gehen nun unter anderem der Frage nach, ob ein Zusammenhang besteht mit der Explosion eines Tesla-Geländewagens vor dem Trump-Hotel in Las Vegas am Neujahrstag. Ein Mensch kam dabei ums Leben, sieben wurden verletzt. Tesla-Chef Elon Musk ist der wichtigste Geldgeber von Donald Trump. Laut dem Sheriff von Las Vegas befanden sich im Kofferraum des Elektrofahrzeugs Feuerwerksraketen, Gaskartuschen und Kanister mit Brennstoff; die Ermittlungen zur Identität des Fahrers und zu möglichen Motiven laufen. Laut «Wall Street Journal» soll es sich um einen 37 Jahre alten Soldaten aus Colorado handeln, ein Mitglied der Spezialeinheit «10th Special Forces Group». Er habe in Deutschland Dienst geleistet und sei zuvor in Afghanistan, dem Kongo und Tadschikistan gewesen. Er habe sich für die Feiertage in den USA befunden.

Präsident Biden sagte, derzeit gebe es keine Hinweise, dass die Fälle zusammenhingen. Eine Gemeinsamkeit zwischen den beiden Ereignissen tauchte aber bald auf. Beide Fahrer hatten sich die Geländewagen über die Plattform Turo besorgt, die Autos privater Anbieter an Mieter vermittelt. Turo wird in den USA allerdings millionenfach benutzt.

Biden warnte vor voreiligen Schlussfolgerungen, die Schuldzuweisungen aber haben längst begonnen. Kritik gab es etwa an den Sicherheitsvorkehrungen der Behörden von New Orleans. Der Tatort, die Bourbon Street in der Altstadt, dem French Quarter, ist eine beliebte Ausgehmeile in der Touristenstadt, die allein im vergangenen Jahr mehr als 17 Millionen Besucher anzog. Zum Jahreswechsel halten sich besonders viele Menschen in der Stadt auf. Am Mittwochabend sollte dort die Sugar Bowl stattfinden, ein Playoff-Spiel des beliebten College-Footballs. Es wurde auf Donnerstag verschoben.

Das Football-Grossereignis Superbowl kommt in die Stadt

Normalerweise riegeln Poller die Bourbon Street ab. Allerdings wurden diese vor kurzem demontiert, da die Stadt neue versenkbare Poller installieren wollte, wie Polizeichefin Anne Kirkpatrick sagte. Die Arbeiten an den Strassensperren gehörten zu den Vorbereitungen für die Superbowl, das Finalspiel der Football-Saison am 9. Februar. Anfang März folgt das meistbesuchte Ereignis der Stadt, der Karneval Mardi Gras. Die Polizei hatte in der Neujahrsnacht zwar ein Patrouillenfahrzeug in der Zufahrt zur Bourbon Street abgestellt. Doch der Täter fuhr auf dem Gehsteig an der Blockade vorbei, wie Kirkpatrick sagte.

Bei Fox News wurden am Mittwoch allerdings bald ganz andere Schuldzuweisungen erhoben. Die Bundespolizei FBI und die Terrorabwehr der Geheimdienste hätten versagt, behaupteten mehrere Gäste des rechten Fernsehsenders. Verantwortlich seien Präsident Biden und die Demokraten. Das ist ganz im Sinne von Donald Trump, der am 20. Januar das Weisse Haus übernehmen wird. Er will das Justizministerium, die Bundespolizei und die Geheimdienste grundlegend umkrempeln, weil diese Ermittlungen gegen ihn geführt hatten, wegen des Sturms auf das US-Capitol vor vier Jahren und wegen nachlässigen Umgangs mit Geheimakten.