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Terror gegen Ukraines Zivilbevölkerung
Der tödlichste Angriff auf ein ziviles Ziel seit langem

Ukrainian rescuers work amongst rubbles of a destroyed shop and cafe after a Russian strike in the village of Groza, some 30 kilometres west of Kupiansk, eastern Ukraine, on October 5, 2023. A Russian strike on October 5, 2023, killed at least 50 people gathered for a wake at a shop and cafe in an eastern Ukrainian village, officials said. Interior Minister Igor Klymenko said the victims had gathered to remember a deceased villager in Groza in the Kharkiv region which has a population of 330. (Photo by Anatolii STEPANOV / AFP)

Bei einem Raketentreffer auf das Dorf Hrosa in der Ostukraine sind am Donnerstag mindestens 51 Menschen ums Leben gekommen – es ist der offenbar tödlichste einzelne Angriff in diesem Jahr in der Ukraine. In dem Dorf, das in der Region Charkiw etwa 30 Kilometer von der Frontstadt Kupiansk entfernt ist, lebten bis zum Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine rund 500 Menschen, heute waren es laut dem ukrainischen Innenminister Ihor Klymenko noch 330.

Klymenko sagte im ukrainischen Fernsehen, am Donnerstagmittag hätten sich in Hrosa mindestens 60 Einwohner nach einer Beerdigung im Dorfrestaurant zu einem Essen im Gedenken an den zu Grabe getragenen Nachbarn getroffen. Nach dem mutmasslichen Abschuss einer russischen Rakete lösten die Behörden Luftalarm aus – diesen beachten die meisten Ukrainer wegen der Häufigkeit der Alarme freilich längst nicht mehr.

Acht Minuten nach Beginn des Alarms sei um 13.24 Uhr Ortszeit offenbar eine von russischen Einheiten abgeschossene Rakete in dem Restaurant eingeschlagen – laut Innenminister Klymenko handelte es sich wahrscheinlich um eine Iskander-Rakete. Laut dem Minister hatten Dutzende Polizisten, Feuerwehrleute und Mediziner bis zum späten Nachmittag 51 Tote aus den Trümmern geborgen, darunter ein sechs Jahre alter Junge. Weitere Verletzte würden in Spitälern behandelt.

«Schändliches Verbrechen»

«Die Terroristen haben den Angriff absichtlich zur Zeit des Mittagessens ausgeführt, um eine maximale Zahl an Opfern sicherzustellen», sagte der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow. Im Dorf habe es keine militärischen Ziele gegeben. «Dies ist ein schändliches Verbrechen, das die Ukrainer einschüchtern soll.»

EDITORS NOTE: Graphic content / TOPSHOT - Ukrainian policemen carry bodies out of a destroyed shop and cafe after a Russian strike in the village of Groza, some 30 kilometres west of Kupiansk, eastern Ukraine, on October 5, 2023. A Russian strike on October 5, 2023, killed at least 50 people gathered for a wake at a shop and cafe in an eastern Ukrainian village, officials said. Interior Minister Igor Klymenko said the victims had gathered to remember a deceased villager in Groza in the Kharkiv region which has a population of 330. (Photo by Anatolii STEPANOV / AFP)

Auch der sich zu politischen Gesprächen in Spanien aufhaltende Präsident Wolodimir Selenski beschuldigte Russland des Angriffes und nannte ihn einen «absichtlichen Akt des Terrorismus». Selenski will bei seinen Gesprächen am Rand eines Treffens von EU-Führern unter anderem weitere Raketenabwehrsysteme für sein Land erreichen – die ukrainische Luftabwehr kann heute nur rund 85 Prozent der von Moskau abgeschossenen Raketen und Drohnen abfangen.

Auch der Schweizer Bundespräsident Alain Berset hat den Angriff verurteilt. «Das humanitäre Völkerrecht muss um jeden Preis respektiert werden», teilte er am Donnerstag im Kurznachrichtendienst X mit.

Ungewöhnlich hohe Opferzahl

Der Angriff ist der tödlichste auf ein ziviles Ziel in diesem Jahr – im Januar 2023 starben in der Grossstadt Dnipro 46 Einwohner, als ein russischer Marschflugkörper ein Mehretagenwohnhaus traf. Wegen ihrer Nähe zur Front gehören Städte und Dörfer im Osten der Ukraine zu den häufigsten Zielen russischer Raketen. Am 27. Juni etwa schlugen zwei russische Raketen im Zentrum von Kramatorsk über einer Pizzeria ein. Mindestens 13 Menschen starben, möglicherweise auch deutlich mehr.

In der Pizzeria trafen sich nicht nur verbliebene Bürger Kramatorsks, sondern auch hier stationierte Soldaten. Unter den Fotos der Toten vor der zerstörten Pizzeria, vor denen Trauernde Blumen und Kerzen abstellten, sah diese Redaktion bei einem Besuch in Kramatorsk auch dasjenige eines US-Soldaten in Uniform. Bei einem früheren russischen Raketentreffer auf den Bahnhof von Kramtorsk starben wenige Wochen nach Beginn der russischen Invasion am 8. April 2022 mindestens 62 Zivilisten, als Hunderte Menschen auf einen Zug warteten.

Erst am 6. September starben in der ebenfalls frontnahen Stadt Kostjantiniwka mindestens 15 Menschen beim Einschlag einer Rakete. Eine Rekonstruktion der «New York Times» ergab indes, dass es sich in diesem Fall offenbar um ein Unglück handelte, weil eine vom ukrainischen Militär abgeschossene Rakete zum Abfangen einer von Russen abgeschossenen Rakete offenbar ihr Ziel verfehlte und im Zentrum von Kostjantiniwka abstürzte. Ukrainische Behörden bestritten, die Rakete abgefeuert zu haben.