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Ukrainische Fremdenlegion
Tausende Ausländer sind bereit, für die Ukraine zu sterben

Im Kriegseinsatz für die Ukraine: Zwei Kämpfer aus Grossbritannien am Bahnhof von Lwiw, bevor sie an die Front gingen.
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Povilas Limontas arbeitete bisher als Barkeeper, jetzt ist der 24-jährige Litauer in den Krieg gezogen. Diese Woche suchte er die Botschaft der Ukraine in Vilnius auf, um sich für die internationale Legion der Ukraine registrieren zu lassen. Als der junge Mann nach einer halben Stunde die Botschaft verliess, besass er ein Dokument mit einem QR-Code und Instruktionen für die Reise an einen bestimmten Ort an der polnisch-ukrainischen Grenze. «Ich bin fit und jung, und ich bin militärisch trainiert», sagte Limontas einer «Time»-Reporterin in Vilnius. «Es wäre egoistisch, wenn ich nichts tun würde.» Tatenlos der Aggression Russlands gegen die Ukraine zuzuschauen, kann er nicht. Inzwischen dürfte er in der Ukraine sein.

Kampfbereite Männer wie Povilas Limontas, die aus den ehemaligen Sowjetrepubliken im Baltikum stammen, haben eine zusätzliche Motivation, in den Krieg gegen Russland zu ziehen. Denn sie sind überzeugt: Wenn Russland die Ukraine erobert, sind ihre Länder als nächste dran – Litauen, Lettland und Estland. (Lesen Sie zum Thema eine Reportage aus Litauen: «Sind wir die Nächsten?»)

Povilas Limontas gehört zu den Tausenden Ausländern, die sich der ukrainischen Landesverteidigung angeschlossen haben. Seit Präsident Wolodimir Selenski kurz nach Kriegsbeginn die Bildung einer internationalen Legion der Ukraine angekündigt hat, häufen sich in den westlichen Medien die Berichte über Männer, die bereit sind, für die Ukraine zu kämpfen und zu sterben. (Lesen Sie auch das Selenski-Porträt «Die Welt macht ihn zum Helden – und lässt ihn im Stich».)

Auch US-Veteranen ziehen in den Krieg

Neben Männern, die noch nie in einem Krieg gekämpft haben, sollen auch Profis in den Krieg gegen Russland gezogen sein. So berichtete die «New York Times» über amerikanische Irak- und Afghanistan-Veteranen sowie Ex-Angehörige von Spezialeinheiten samt Nato-Training. Sie sprechen von einem «gerechten Kampf zur Verteidigung der Freiheit gegen einen autokratischen Aggressor». Die Zahl der freiwilligen Kämpfer aus den USA liegt angeblich bei rund 3000. Die US-Regierung rät allerdings davon ab, in den Krieg zu ziehen.

Hunderte von Kämpfern stammen aus Georgien, das 2008 von Russland angegriffen wurde, sowie aus Weissrussland, das offen die Aggression Russlands gegen die Ukraine unterstützt. Im Fall der weissrussischen Ukraine-Kämpfer handelt es sich vorwiegend um junge Männer, die vor der Repression von Diktator Alexander Lukaschenko in ein osteuropäisches EU-Land geflüchtet waren. Sie engagierten sich gegen Lukaschenko, jetzt kämpfen sie gegen die Invasionstruppen von Wladimir Putin: Beide sind ihre Feinde.

Informationen für den Kampfeinsatz in der Ukraine finden sich auf einer Website des ukrainischen Verteidigungsministeriums («Russia invaded Ukraine»). Dort wird in sieben Schritten erklärt, wie man sich den Streitkräften der Ukraine anschliessen kann. Als Anlaufstellen in der Schweiz sind die ukrainische Botschaft in Bern und deren Vertretung in Genf aufgelistet. Auf Twitter hat auch Aussenminister Dmytro Kuleba zum Kampf gegen Russland aufgerufen. Gemäss ukrainischen Angaben haben sich bisher 20’000 Menschen aus 52 Ländern bei der internationalen Legion der Ukraine gemeldet. Ob die Zahlen tatsächlich stimmen oder propagandabedingt zu hoch angesetzt sind, lässt sich von unabhängiger Seite nicht verifizieren.

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Unbestätigt ist auch die Information des ukrainischen Verteidigungsministeriums, wonach rund 80’000 im Ausland lebende Ukrainer in ihre Heimat zurückgekehrt sind, um gegen die russischen Invasoren zu kämpfen. Bei Kriegsbeginn vor zwei Wochen zählte die ukrainische Armee offiziell knapp 200’000 Mann. Hinzu kommen noch 900’000 Reservisten. Männliche Staatsbürger im Alter von 18 bis 60 Jahren dürfen das Land nicht verlassen. Zivilisten haben Waffen erhalten, damit sie sich in Freiwilligenbataillonen an der Verteidigung beteiligen können. Über die Zahl der Toten und Verletzten in den eigenen Reihen macht Kiew keine Angaben.

Moralische Stärkung der Ukraine

Dass sich Soldaten aus aller Welt dem Freiheitskampf der Ukraine anschliessen, bedeutet zumindest eine moralische Stärkung der ukrainischen Streitkräfte. Über ihren tatsächlichen militärischen Nutzen gibt es unterschiedliche Ansichten. Fremde Soldaten in die eigene Armee zu integrieren, braucht seine Zeit. So müssen etwa Einsatztaktiken und Befehlsketten koordiniert werden. Dazu können Sprachprobleme kommen. Schliesslich haben nicht alle Ausländer die gleiche Motivation für den Kriegseinsatz in der Ukraine.

Unter den ausländischen Kämpfern gibt es die Idealisten, die der Ansicht sind, dass ihre Heimatstaaten zu wenig machen für den ukrainischen Freiheitskampf. Dann hat es auch Söldner, die von einem Krieg in den anderen ziehen, dabei auch Abenteuer suchen und vor allem finanzielle Interessen verfolgen. Eine weitere Gruppe sind ideologisch motivierte Kämpfer, die sich rechtsextremen paramilitärischen Gruppierungen in der Ukraine anschliessen. Das berühmt-berüchtigte rechtsradikale Asow-Regiment, das der ukrainischen Nationalgarde angehört, rekrutiert über den Instantnachrichtendienst Telegram auch ausländische Kämpfer. (Lesen Sie zum Thema auch den Artikel «Schweizer Rechtsextreme rufen zur Kriegsteilnahme auf».)

Russland holt syrische Kämpfer

Inzwischen sieht sich auch der Kreml veranlasst, fremde Kämpfer anzuwerben, obwohl Russland gemäss US-Angaben mit fast allen für den Einmarsch in die Ukraine vorgesehenen Truppen in das Land eingerückt ist. Vor Invasionsbeginn hatte Russland mehr als 150’000 Soldaten an den Grenzen der Ukraine aufmarschieren lassen. Das Pentagon bestätigte zudem Medienberichte, wonach Russland insbesondere für die Schlacht um Kiew syrische Soldaten mit besonderer Kampferfahrung in Städten einsetzen will. (Lesen Sie zur militärischen Lage in der Ukraine den Artikel «Den Russen droht ein Afghanistan 2.0».)

Schon zu Beginn der Invasion berichtete unter anderem die Nachrichtenagentur Reuters über den Einsatz von über zehntausend Soldaten aus der russischen Teilrepublik Tschetschenien. In der Ukraine befinden sich offenbar auch Tausende Söldner der in vielen Ländern aktiven Wagner-Gruppe, die von kremlnahen Kreisen gegründet wurde. Die von einem russischen Neonazi geführte Söldnertruppe, die es offiziell gar nicht gibt, weil das Söldnertum in Russland verboten ist, wird auch als «Putins Schattenarmee» bezeichnet.

Bereits im Donbass kämpften seit 2014 ausländische Soldaten und Söldner auf beiden Seiten.