Massnahmen gegen Wagner-GruppeEU sanktioniert russische «Schattenarmee»
Die Söldnertruppe Wagner soll unter anderem in der Ukraine und in Syrien gekämpft haben und von einem Putin-Vertrauten finanziert werden. Jetzt geht die EU gegen sie vor.
Die Europäische Union hat Sanktionen gegen eine russische Söldnertruppe in Kraft gesetzt, die wegen Einsätzen in Konfliktgebieten wie der Ukraine und Syrien in der Kritik steht. Die neue deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock und ihre EU-Kollegen billigten am Montag in Brüssel einstimmig Strafmassnahmen gegen die sogenannte Wagner-Gruppe, wie es in einer Erklärung hiess. Moskau bestreitet eine offizielle Verbindung zu den Verbänden, die als «Russlands Schattenarmee» gelten.
Die EU wirft der Söldnertruppe laut der Erklärung «schwere Menschenrechtsverstösse» wie Folter und gezielte Tötungen in Konfliktherden vor. «Wagner ist eine militärische Privatgesellschaft, die eingesetzt wird, um die Sicherheit in Europa und Drittländern in seiner Nachbarschaft zu untergraben, vor allem in Afrika», betonte ein EU-Diplomat.
Die neuen Sanktionen richten sich gegen die Wagner-Gruppe selbst, acht Verantwortliche und drei Unternehmen, die mit ihr in Verbindung gebracht werden. Das Vermögen der Betroffenen in der EU wird damit eingefroren, die Beteiligten werden mit Einreisesperren belegt. Der Beschluss trat mit Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft.
Die Wagner-Truppe soll unter anderem an der Seite pro-russischer Separatisten in der Ukraine gekämpft haben sowie in Syrien, Libyen und in der Zentralafrikanischen Republik. Finanziert wird sie laut Enthüllungsjournalisten von dem russischen Oligarchen Jewgeni Prigoschin, einem Vertrauten des russischen Staatschefs Wladimir Putin.
Finanzsanktionen gegen Moskau geplant
Wegen der jüngsten Spannungen mit Russland bereitet sich die Europäische Union zudem auf neue Wirtschafts- und Finanzsanktionen gegen Moskau vor. Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell betonte in Brüssel, die Aussenminister würden «ein klares Signal senden, dass jede Aggression gegen die Ukraine hohe Kosten für Russland bedeutet». Eine ähnliche Erklärung hatten Baerbock und die anderen Aussenminister der G7-Staaten bereits am Wochenende in Liverpool veröffentlicht.
In der EU ist unter anderem im Gespräch, Russland von dem internationalen Finanztransaktionssystem Swift auszuschliessen, das seinen Sitz in Belgien hat. Die EU, die Ukraine sowie die Nato werfen Russland eine massive Truppenverstärkung an der Grenze zur Ukraine vor. Auch auf dem ersten EU-Gipfel mit dem neuen deutschen Kanzler Olaf Scholz am Donnerstag wird dies eine zentrale Rolle spielen.
Stopp von Nord Stream 2 gefordert
Im Zusammenhang mit dem Konflikt fordern Polen und andere EU-Länder von Berlin, auf die Inbetriebnahme der fertiggestellten Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 zu verzichten. Baerbock hatte sich vor ihrem ersten Brüsseler Aussenrat klar für einen solchen Verzicht ausgesprochen.
Baerbock betonte am Sonntagabend im ZDF-«heute journal», dass die Pipeline «die Vorgaben des europäischen Energierechts nicht erfüllt und die Sicherheitsfragen ohnehin noch im Raum stehen». Scholz hatte sich noch am Sonntag bei einem Polen-Besuch ausweichend geäussert. Die Inbetriebnahme liegt derzeit formal auf Eis, weil die deutsche Netzagentur Mitte November rechtliche Bedenken bei der Zertifizierung angemeldet hatte.
Baerbock verdeutlichte in Brüssel auch den Willen der deutschen Ampel-Koalition, Mehrheitsbeschlüsse in der EU zu stärken: «Ein starkes Europa darf sich nicht bei aussenpolitischen Fragen von der Einstimmigkeit schwächen lassen», betonte sie. Dafür gibt es in der EU aber bisher keinen Konsens: Länder wie Frankreich oder Polen sehen die Aussenpolitik als ihr Hoheitsgebiet.
Erstmals berieten die EU-Aussenminister auch über einen möglichen politischen Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking im Februar. Eine einheitliche Linie der Mitgliedstaaten zeichnet sich bisher nicht ab. Die USA, Australien, Grossbritannien und Kanada haben bereits einen diplomatischen Boykott angekündigt.
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