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Konflikt EU - Weissrussland
Ukraine und Litauen warnen vor russischem Truppenaufmarsch

Abwehr von Flüchtlingen: Polnische Soldaten an der Landesgrenze in der Nähe von Grodno, Weissrussland.
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Der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba hat am Montag in Brüssel seine Kollegen aus der Europäischen Union über einen massiven russischen Truppenaufmarsch an seiner Landesgrenze informiert. Plant Wladimir Putin also einen Einmarsch in der Ukraine? Der litauische Aussenminister Gabrielius Landsbergis empfahl bei dieser Frage einen genauen Blick auf die Landkarte.

Putin habe seine Truppen in genau gleicher Entfernung zur Ukraine und zu Weissrussland stationieren lassen. Womöglich halte der russische Präsident sich also beide Optionen offen: einen Einmarsch in der Ukraine, aber auch einen Einmarsch in Weissrussland.

Eine verstärkte russische Militärpräsenz zur Unterstützung des Autokraten Alexander Lukaschenko, irgendwann vielleicht sogar eine Annexion seien durchaus vorstellbar, sagte Landsbergis. Am Ende könnten russische Beamte an den Grenzen zu Polen, Lettland und seinem Heimatland stehen.

Eine «Annahme» sei das alles natürlich, sagte der konservative Politiker Landsbergis auf Nachfrage. Aber er nutzte die Annahme, um der Öffentlichkeit und seinen 26 Amtskollegen aus der Europäischen Union den Ernst der Lage zu verdeutlichen. Zumindest die osteuropäische Sicht auf den Ernst der Lage.

Der weissrussische Autokrat Alexander Lukaschenko hat Tausende Menschen ins Land gelockt mit dem falschen Versprechen, sie dürften in Polen, Litauen und Lettland die Grenzen zur EU überqueren und weiterreisen nach Deutschland. Aber dahinter stecke Putin, sagte Landsbergis. Migration sei das «sensibelste Thema überhaupt» für die Europäische Union. Putin wolle die EU damit destabilisieren. «Deshalb müssen wir jetzt Lösungen finden. Und wir müssen Resilienz aufbauen für künftige Krisen.»

EU beschliesst neues Sanktionsinstrument

Die 27 Aussenminister taten bei ihrem Treffen unter Vorsitz des EU-Aussenbeauftragten Josep Borrell ihr Bestes, Entschlossenheit zu demonstrieren. Wie erwartet brachten sie eine weitere Sanktionsrunde gegen das Regime von Lukaschenko auf den Weg, die mittlerweile fünfte seit den dreist manipulierten Wahlen im August 2020.

Das neue Sanktionsinstrument richtet sich gegen Einzelpersonen und Organisationen, die an der Schleusung von Migranten nach Weissrussland und an deren politischer Instrumentalisierung beteiligt sind. Im Visier hat die EU, neben Reiseveranstaltern und Hotels, vor allem die staatliche weissrussische Fluggesellschaft Belavia. Sie soll künftig keine Flugzeuge mehr von europäischen Gesellschaften leasen können. Leasinggeschäfte macht Belavia beispielsweise mit dem dänischen Unternehmen Nordic Aviation Capital oder der irischen AerCap.

166 Einzelpersonen aus Weissrussland stehen bislang auf der Sanktionsliste, darunter Diktator Lukaschenko und sein Sohn und nationaler Sicherheitsberater Viktor Lukaschenko. Hinzu kommen fünfzehn Organisationen, die mit Sanktionen belegt sind. Diese Liste soll nun in den nächsten Tagen erweitert werden anhand des am Montag beschlossenen Instrumentariums.

«Wir sind noch lange nicht am Ende der Sanktionsspirale angelangt.»

Heiko Maas, Deutschlands Aussenminister

Die Aussenminister der EU appellierten an die internationalen Fluggesellschaften, keine Migranten mehr nach Minsk zu bringen. Andernfalls müssten sie mit dem Entzug von Überflugrechten und Landegenehmigungen im europäischen Raum rechnen. Turkish Airlines hatte bereits am Freitag angekündigt, Passagiere aus dem Irak, Syrien oder dem Jemen dürften nicht mehr nach Weissrussland fliegen. Ausserdem würden keine One-Way-Tickets nach Minsk mehr verkauft. (Lesen Sie zum Thema den Artikel «Tausende Migranten sind im Niemandsland gefangen».)

Wer das nicht tue, müsse mit harten Sanktionen rechnen, heisst es aus Brüssel. Aber ob das alles reicht, um Lukaschenko und mit ihm Putin zu beeindrucken? «Wir sind noch lange nicht am Ende der Sanktionsspirale angelangt», sagte Deutschlands Aussenminister Heiko Maas. Er plädierte ebenso wie sein litauischer Kollege Landsbergis für schärfere Wirtschaftssanktionen gegen Weissrussland.

Handelsbeschränkungen richten sich bereits gegen die Kali-, Erdöl- und Zigarettenindustrie, Säulen der weissrussischen Volkswirtschaft, aber durchschlagenden Erfolg scheinen diese Massnahmen nicht zu haben. Die EU nennt ihre Strategie «gradual approach», also schrittweises Vorgehen. Kritiker nennen das Vorgehen halbherzig. Die EU nehme Rücksicht auf Mitgliedsländer, die mit Weissrussland Geschäfte machten.

Russland könnte im Konflikt vermitteln

Während die EU-Aussenminister in Brüssel berieten, liess Wladimir Putin über einen Kremlsprecher verbreiten, Russland könne in dem Konflikt vermitteln. Alexander Lukaschenko behauptete derweil, er habe die Migranten bereits aufgefordert, in ihre Heimatländer zurückzukehren, aber sie würden nicht auf ihn hören.

Das dürfe man nicht ernst nehmen, sagte der litauische Aussenminister Landsbergis. «Tausende fühlen sich von Lukaschenko getäuscht. Sie dachten, sie dürften nach Deutschland reisen, jetzt sitzen sie in weissrussischen Wäldern fest und wollen wieder nach Hause.»

Für diese Menschen müsse es sicheres Geleit zum nächstgelegenen Flughafen geben. Und dieser liege in Grodno, Weissrussland. Die EU könne bei dem Transfer «technische Hilfestellungen leisten», sagte Landsbergis. Auch auf dieses Angebot der EU wird Lukaschenko wohl eher nicht eingehen.