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Konflikt um Ukraine
Putin und Lukaschenko: Gemeinsame Antwort auf den Westen

Bei ihrem Gespräch brauchte es keinen langen Tisch: Alexander Lukaschenko und Wladimir Putin im Kreml.
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Auf Alexander Lukaschenko war Verlass. Der Herrscher aus Weissrussland war an diesem Freitag in Moskau und hat seinem Gastgeber Wladimir Putin eine Art Treuebeweis mitgebracht. Die russisch-weissrussischen Manöver seien eine gemeinsame Antwort auf den Westen, sagte Lukaschenko.

Etwa 30’000 russische Soldaten stehen gerade auf weissrussischem Gebiet. Und die grosse Frage ist, ob sie nach Ende der Übung an diesem Sonntag auch wieder abziehen. Und falls ja, wann. Darüber werden sie noch entscheiden. Die Ukraine befürchtet, dass die Truppen bleiben.

Putin und Lukaschenko kennen sich seit Jahrzehnten. Wenn man das derzeitige Verhältnis symbolhaft verdichten wollte, könnte es der Eishockeymatch in Sankt Petersburg sein, kurz vor Silvester. Enge Bande mit nationalen Akzenten: Die beiden Machthaber spielten gemeinsam im Team der Weissen, auf Lukaschenkos Trikot aber war deutlich der Schriftzug Weissrussland zu lesen, jenes von Putin hatte die russische Trikolore als Farbe. Das Machtverhältnis drückte sich in Toren aus: Putin schoss sieben, Lukaschenko zwei.

Der Kremlchef und der Herrscher in Weissrussland suchen sich derzeit mehr denn je.

Zuvor hatten sie versichert, wie sehr man einander in schweren Zeiten stütze, Pandemie, Sanktionen, die Krise um die Ukraine: Der Kremlchef und der Herrscher in Weissrussland suchen sich derzeit vielleicht mehr denn je. Seitdem Lukaschenko rund um die Präsidentenwahl im Sommer 2020 skrupellos gegen seine politischen Widersacher und die unzufriedene Bevölkerung losschlagen liess, hat sich das Verhältnis wieder einmal gewendet. Die EU erkannte Lukaschenkos Amtsverlängerung nicht an, also blieb ihm keine Wahl, als sich enger an Moskau zu binden. Für Putin konnte es besser gar nicht kommen.

Manöver «Gemeinsame Entschlossenheit»

Putin kann nun die noch stärkere Abhängigkeit Minsks von Moskau nutzen. Lukaschenko erkannte kürzlich erstmals öffentlich die Annexion der Krim an, was er fast acht Jahre lang verweigert hatte. Und er stellte Putin nun sein Land zur Verfügung: Offiziell für das Manöver «Gemeinsame Entschlossenheit», zugleich aber konnte Russland so für die Ukraine im Norden eine weitere, dritte Bedrohungsfront aufbauen.

Ein mögliches politisches Gegengeschäft dafür, dass Moskau Lukaschenko gestützt hat, als der sich mit Polizeigewalt gegen seinen Sturz wehrte. Ohne Putins Hilfe wäre Lukaschenko womöglich nicht mehr an der Macht.

Noch bis vor zwei Jahren etwa war der weissrussische Diktator in der EU wieder ein wichtiger Ansprechpartner, und seine Schimpfkanonaden galten eher Putin. Seit 2014 war das Verhältnis der beiden Machthaber frostig. Denn mit der Krim-Annexion und dem von Russland unterstützten Krieg in der Ostukraine begann Lukaschenko auch um die Souveränität von Belarus zu fürchten. Und damit um seine eigene Macht.

Lukaschenko kämpfte jahrelang um politischen Spielraum. Er ging rhetorisch auf Distanz zu Putins Russland, antichambrierte im Westen, schaffte es, dass fast alle Sanktionen aufgehoben wurden, und bot sich als Vermittler im Ukraine-Konflikt an. Der Begriff «Minsker Abkommen» zeugt davon. Putin dagegen wollte eine engere Verflechtung mit Weissrussland erreichen, den auf dem Papier geschlossenen gemeinsamen Unionsstaat stärker ausfüllen.

Bislang gibt es keinen russischen Militärstützpunkt in Weissrussland, den Putin gern hätte. Doch Lukaschenkos Einfluss verringert sich.

Doch immer wieder gelang es Lukaschenko, auszuweichen. Er konnte es sich leisten, solange er auch mit dem Westen klarkam, der ihm internationale Kredite ermöglichte. Es gibt noch immer keine gemeinsame Währung, sondern den weissrussischen Rubel, es gibt bislang auch keinen russischen Militärstützpunkt in Weissrussland, den Putin gern hätte. Doch Lukaschenkos Einfluss hat sich stark verringert.

Dabei hatte er einst einen grossen Traum. Den Traum, selbst einmal Hausherr im Kreml zu werden. Das Gebilde des Unionsstaats hätte es ihm ja möglich machen können, und an Selbstbewusstsein hat es Lukaschenko selten gemangelt. Er herrscht seit 1994 in Weissrussland, der zwei Jahre ältere Putin wurde damals gerade erst stellvertretender Bürgermeister von Sankt Petersburg. Sie waren also durchaus auch politische Konkurrenten, durchsetzen konnte Lukaschenko seinen Wunsch nicht.

Andererseits liess Putin seinen weissrussischen Kollegen nie fallen, wenn der in Bedrängnis war und der Westen gegen ihn und sein Land Sanktionen beschloss. Putin soll Lukaschenko nie sonderlich gemocht haben. Er hält ihn aber für weitgehend berechenbar als einen rabiaten Machtmenschen, der einen demokratischen Machtwechsel verhindert, koste es, was es wolle.

Russland testet Atomraketen

Denn als es in Weissrussland eine Protestwelle gab, solidarisierten sich auch viele Russinnen und Russen. Also solidarisieren sich auch Putin und Lukaschenko. An diesem Samstag dürfte es vermutlich wieder zu sehen sein – wenn Lukaschenko zuschaut, wie Putin seine Atomstreitkräfte üben lässt. 

Die Übung stehe unter Führung des Präsidenten Wladimir Putin, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Freitag der Staatsagentur Tass zufolge mit. Ziel sei, die strategischen Nuklearwaffen auf ihre Zuverlässigkeit zu testen. Die Armee will demnach ballistische Raketen und Marschflugkörper abfeuern.

Putin als Oberbefehlshaber der Streitkräfte werde im Gefechtsstand dabei sein, sagte sein Sprecher Dmitri Peskow vor Journalisten. «Ohne das Staatsoberhaupt sind solche Starts nicht möglich. Sie wissen doch – der berühmte ‹schwarze Koffer›, der ‹rote Knopf›.»

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums ist das Manöver im Voraus geplant gewesen. Russland testet mehrfach im Jahr Raketen. Peskow sagte mit Blick auf den Test, es gebe keinen Grund zur Beunruhigung im Ausland. Derzeit laufe eine Reihe von Übungen, «die für Spezialisten aus anderen Ländern absolut transparent sind».