Auf Sylt gefunden und verlorenAls die Archäologen anrückten, war das Schiffswrack verschwunden
Am Strand von Sylt tauchte das Gerippe eines vermutlich über hundert Jahre alten Schiffes auf. Fachleute wollten es untersuchen – und kamen zu spät.
Das Fundbüro ist in diesem Fall auch keine Hilfe. Bei der Sylter Inselverwaltung sind in den vergangenen zwei Wochen laut Online-Suchportal genau vier Fundsachen abgegeben worden: ein Smartphone, ein Turnsack, eine Jacke und eine Krankenkassenkarte. Das Wrack eines alten Segelschiffes war nicht darunter. Dabei sind die vermissten Trümmer viel grösser als eine Plastikkarte, und Schiffe versinken auch weniger leicht mal eben im Sand. Und doch teilt das archäologische Landesamt Schleswig-Holstein mit, sei genau das passiert.
Vor einer guten Woche war das Wrack noch da. Nachdem ein Sturmtief Anfang Januar über Norddeutschland hinweggefegt war, hatte das Meer die Überreste eines Schiffes an einem Strand südlich von Westerland freigespült. In den Tagen danach legte sich wieder eine Sandschicht über das Holz, doch die Koordinaten seien dokumentiert gewesen, heisst es.
Nun sind Fachleute nach Sylt gefahren, um den Fund zu untersuchen. Doch unter dem Sand fanden sie: nichts. Fast drei Stunden lang hätten sie mit Spaten und einem Metalldetektor gesucht sowie mit Eisenstäben im Boden gestochert, ohne Erfolg, berichtet die Nachrichtenagentur DPA. Am Ende zogen die Archäologen unverrichteter Dinge wieder ab.
Stürme und Gezeiten fördern immer wieder Wracks zutage
«Das ist einfach die Nordsee», meint die Behörde. Denn eigentlich sei alles gut gelaufen. Ein Spaziergänger habe die Trümmer entdeckt und einen Lokalhistoriker gerufen, das war am Sonntag, 12. Januar. Am Montagmorgen stellte man ein Team zusammen und suchte nach einem guten Zeitraum, zu dem das Meer nicht zu nahe an die Fundstelle heranreichte. Denn je näher das Wasser, desto feuchter ist der Boden, desto tiefer sinkt man ein. Eine Woche später waren die Bedingungen vertretbar. Doch die Nordsee war schneller.
Tatsächlich ist das Meer an der nordfriesischen Küste gut darin, Dinge verschwinden zu lassen, auch grosse. Die Westwinde und der Mangel an geschützten Ankerplätzen liessen dort mengenweise Segelschiffe auf Grund laufen. Immer wieder fördern Stürme und die Gezeiten ihre Reste zutage.
Erst im Februar und März 2022 wurden auf der Insel Süderoogsand die Überreste von drei Schiffen entdeckt. 2017 stiessen Einwohner der Hallig Hooge bei einer Wattwanderung auf ein wegen seiner Bauform ungewöhnliches, sogenanntes Halb-Kraweelschiff, das auf das frühe 17. Jahrhundert datiert wird. Und auf Sylt haben Spaziergänger 2016 die rund 300 Jahre alten Trümmer eines Plattbodenschiffes gefunden.
Im Sand bleibt das Schiff gut aufgehoben
Welches Schiff nun vor der Küste liegt, woher es kam und wann es gestrandet ist, das hätten die Archäologen gerne herausgefunden. Auf Fotos seien Kupferbolzen zu sehen; demnach handle es sich wohl um ein hölzernes Schiff aus dem 19. Jahrhundert. Aber man gehe schon davon aus, dass das Schiff wieder auftauche. Dass ein Schiffswrack vorübergehend im Sand versinke, das komme häufiger vor. Da unten sei das Schiff erst einmal gut aufgehoben. Und wenn es wieder da sei, «dann fahren wir noch einmal raus», sagen die Forscher.
Bis dahin appellieren sie an alle Spaziergänger: «Sollte das Wrack erneut sichtbar werden, bitten wir Sie, sich umgehend mit uns in Verbindung zu setzen!»
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