Prozess gegen Patrick WalderEx-Chef der Zürcher SVP muss wegen Vorwurf der Rassendiskriminierung vor Gericht
«Nicht integrierbare Gewalttäter»: SVP-Kantonsrat Patrick Walder ist wegen einer Medienmitteilung aus dem Jahr 2019 angeklagt. Er plädiert auf unschuldig.

- Die SVP Kanton Zürich veröffentlichte nach einem tödlichen Angriff auf einen achtjährigen Buben in Frankfurt eine umstrittene Medienmitteilung.
- Der Eritreische Medienbund kritisierte die pauschale Verurteilung bestimmter Bevölkerungsgruppen und erstattete Strafanzeige.
- SVP-Politiker Patrick Walder muss sich am 14. Mai 2025 wegen Rassendiskriminierung vor dem Bezirksgericht Uster verantworten.
- Es gilt die Unschuldsvermutung.
Es war eine Tat, die nicht nur in Deutschland für Empörung sorgte: Im Juli 2019 schubste ein 40-jähriger Mann am Frankfurter Hauptbahnhof völlig unerwartet eine gleichaltrige Frau und ihren achtjährigen Sohn vor einen einfahrenden Intercity-Express (ICE) ins Gleisbett.
Obwohl der Zug lediglich mit 30 km/h unterwegs war und der Lokführer eine Notbremsung einleitete, konnte der ICE nicht rechtzeitig anhalten. Die Mutter rettete sich auf einen schmalen Fussweg zwischen den Gleisen. Der Bub wurde vom Zug überrollt und starb noch vor Ort.

Einen Tag später griff die SVP des Kantons Zürich den Vorfall auf und versandte eine Medienmitteilung mit dem Titel «Eritreischer Flüchtling aus Zürich bringt Bub um!». Demnach habe der Mann «aus reiner Mordlust» einen Buben getötet.
Die «abscheuliche Tat» zeige auf, dass es sich «bei solchen Personen um nicht integrierbare Gewalttäter handelt», schrieb die SVP. Zudem bringe die Asylgewährung für Eritreer «unsere Familien, namentlich Frauen und Kinder, in Gefahr». Als Ansprechpartner für Rückfragen war der damalige interimistische SVP-Präsident Patrick Walder angegeben. Bis Dezember 2022 war die Medienmitteilung laut Archive.org online, später wurde sie gelöscht.
Vertreter des Eritreischen Medienbundes Schweiz und der Organisation Linke POC erstatteten daraufhin Strafanzeige gegen Walder. Der heutige SVP-Kantonsrat und Dübendorfer Gemeinderat muss sich nun am 14. Mai, fast sechs Jahre nach der Anzeige, wegen Rassendiskriminierung vor dem Bezirksgericht Uster verantworten.
Staatsanwaltschaft: «Feindseliges Klima geschaffen»
In ihrer Anklage schreibt die Staatsanwaltschaft Zürich, die SVP-Medienmitteilung vermittle den Eindruck, Eritreer und insbesondere eritreische Asylsuchende seien in ihrer Gesamtheit nicht integrierbare Gewalttäter und würden allesamt zu erhöhter Gewaltanwendung neigen.
Als interimistischer Parteipräsident wäre Walder verpflichtet gewesen, strafrechtlich relevante Inhalte zu unterbinden. Zudem habe er um die Wirkung «einer solchen pauschalen Verunglimpfung» auf durchschnittliche Lesende gewusst. Der Beschuldigte habe dadurch «die Schaffung eines feindseligen Klimas in der Öffentlichkeit» gegen Eritreer und eritreische Asylsuchende «als Grundlage für Hass und Diskriminierung« gegen diese Ethnie in Kauf genommen.
Die Staatsanwaltschaft hat bei einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren Gefängnis eine bedingte Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 210 Franken (8400 Franken) sowie eine Busse von 800 Franken für Walder beantragt. Verteidigt wird er vom Zürcher Milieuanwalt Valentin Landmann. Es gilt die Unschuldsvermutung.
«Untergräbt Rechtsstaat und Demokratie«
Semira Abebe, Sprecherin des Eritreischen Medienbundes Schweiz, teilt in einer aktuellen Medienmitteilung mit: «Wenn demokratisch gewählte Politikerinnen und Politiker in offiziellen Stellungnahmen gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen hetzen, untergräbt das unseren Rechtsstaat und die Demokratie.»

Diese Form der «Hetze» sei Teil eines bekannten rechten Narrativs, das sich seit Jahrzehnten wiederhole: «Ob gegen italienische Arbeitsmigrantinnen und -migranten, tamilische Geflüchtete, Menschen vom Balkan oder schwarze Menschen – immer wieder werden bestimmte Gruppen pauschal verurteilt, entmenschlicht und als Sündenböcke instrumentalisiert», schreibt der Eritreische Medienbund.
Patrick Walder: Text in «heisser Phase» des Wahlkampfs entstanden
Der beschuldigte SVP-Politiker Patrick Walder sagt dieser Redaktion am Rande der Kantonsratssitzung vom Montag, dass er auf unschuldig plädieren werde: «Ich sehe keinen Straftatbestand dahinter, weder Rassendiskriminierung noch einen anderen.»
Zudem habe er die Medienmitteilung damals nicht verfasst. Wer der Autor gewesen war, sei für ihn nach fast sechs Jahren nicht mehr nachvollziehbar. «Es war während der Sommerferien, in der heissen Phase vor den Nationalratswahlen», sagt Walder. Er kritisiert die Staatsanwaltschaft, die sich viel Zeit gelassen habe, «um dann doch Anklage zu erheben».
Der heutige Präsident der SVP Zürich, Domenik Ledergerber, sagte dieser Redaktion, er stehe hinter Walder.
Angreifer litt an psychischer Störung
Jener damals 40-jährige Mann aus Eritrea, dessen Tat am Frankfurter Hauptbahnhof im Jahr 2019 Auslöser für die SVP-Medienmitteilung war, hatte seit 2006 in der Schweiz gelebt und seit 2011 eine Niederlassungsbewilligung.
Das Landgericht Frankfurt erklärte ihn für schuldunfähig, weil er zum Tatzeitpunkt an einer paranoiden Schizophrenie litt. Der Bundesgerichtshof bestätigte 2021 die dauerhafte Unterbringung des Mannes in einer Psychiatrie in Deutschland.
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