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Elisabeth Baume-Schneider alarmiert
1,2 Millionen Menschen in der Schweiz fühlen sich rassistisch diskriminiert

Bundesraetin Elisabeth Baume Schneider, SP, Vorsteherin EDI, Eidgenoessisches Departement des Innern

Interview und Bilder in ihrem Buero in der Inselgasse 1 in Bern


© Franziska Rothenbuehler | TAMEDIA AG
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1,2 Millionen Menschen geben an, in den vergangenen fünf Jahren rassistisch diskriminiert worden zu sein. Das ist fast jede fünfte Person in der Schweiz.

Die Zahl stammt aus einem Bericht, den die Fachstelle für Rassismusbekämpfung am Donnerstag veröffentlicht hat. Die Fachstelle gehört zum Innendepartement, das seit Anfang Jahr von der Sozialdemokratin Elisabeth Baume-Schneider geleitet wird. 

Laut dem Monitoring sind Personen im Alter von 15 bis 39 Jahren sowie Menschen mit Migrationshintergrund besonders betroffen. Die Arbeitswelt ist der Bereich, in dem Diskriminierung am häufigsten vorkommt: 69 Prozent der Befragten, die von rassistischer Diskriminierung berichten, erlebten diese im Arbeitsalltag oder bei der Arbeitssuche. 

Dabei reicht die Diskriminierung von ungerechtfertigter Benachteiligung im Bewerbungsprozess über Beleidigungen und Mobbing am Arbeitsplatz bis hin zu Lohndiskriminierung. An zweiter und dritter Stelle der Diskriminierungsorte stehen der öffentliche Raum (30 Prozent) und die Schule (27 Prozent).

Die Daten des Berichts basieren primär auf Selbsteinschätzungen der Betroffenen, die das Bundesamt für Statistik erhoben hat. Diese Zahlen hat die Fachstelle mit Berichten von Beratungs- und Meldestellen sowie Gerichtsunterlagen ergänzt und zu einem Gesamtbild zusammengefügt.

Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider gibt sich im Vorwort zum Bericht alarmiert. Die Zahlen seien nicht eine Sammlung von Einzelfällen, sondern «Ausdruck eines tiefer liegenden Problems: von strukturellem Rassismus».

Dieser komme «in gesellschaftlich verankerten Werten und Vorurteilen» zum Ausdruck, schreibt die SP-Bundesrätin, zudem «in der hartnäckigen Benachteiligung und Ausgrenzung bestimmter Gruppen».

Rassistische Gewalt hat abgenommen

Der Bericht zeigt aber auch, dass gewalttätige körperliche Angriffe mit rassistischem Hintergrund in den vergangenen Jahren zurückgegangen sind. Dagegen haben verbaler Rassismus und Diskriminierung zugenommen. 

Als Leiterin der Fachstelle für Rassismusbekämpfung ist  Marianne Helfer zuständig f¨¨ür den Bericht. Sie sieht in den beiden Entwicklungen keinen Widerspruch: «Eine leichte Abnahme physischer Gewalt bei gleichzeitiger Zunahme verbaler Diskriminierung zeigt, dass wir es mit einer Verlagerung der Ausdrucksformen von Rassismus zu tun haben – insbesondere online.»

Der Bericht nimmt auch ein umstrittenes Thema auf: Racial Profiling. So heisst eine polizeiliche Praxis, Personen einzig aufgrund von Merkmalen ethnischer Zugehörigkeit oder Herkunft zu kontrollieren – ohne dass irgendein konkreter Verdacht vorliegt.

Laut dem Bericht erheben vor allem dunkelhäutige Männer den Vorwurf, nur wegen ihres Aussehens von der Polizei kontrolliert zu werden. Von den betroffenen Polizeikorps und ihren politischen Vorgesetzten werden solche Vorwürfe aber regelmässig bestritten.

Dennoch hat die Fachstelle die Erfahrungen dieser Männer eins zu eins in den Bericht aufgenommen. Fachstellenleiterin Helfer sagt dazu: «Die Erfahrungen von Personen, die Racial Profiling melden, sind nicht zu leugnen.» Diese Selbstdeklarationen seien ein wichtiger Indikator für die Realität vieler Menschen in der Schweiz und müssten deshalb ernst genommen werden.

Mehr Gesetze gegen Diskriminierung

Bundesrätin Baume-Schneider fordert aufgrund der Erkenntnisse zum Handeln auf: «Begegnen wir den Erfahrungen der Betroffenen mit Respekt. Arbeiten wir gemeinsam für eine Gesellschaft, die Rassismus nicht hinnimmt und gegen Diskriminierungen vorgeht.» 

Gefragt, worin die Arbeit konkret liegen könnte, sagt Fachstellenleiterin Helfer, der Zugang zum Recht für Diskriminierungsbetroffene sei anerkanntermassen nicht immer gewährleistet. «Deshalb fordern internationale Menschenrechtsgremien von der Schweiz schon seit längerem die Schaffung einer Antidiskriminierungsgesetzgebung.»