Parteiversammlung in Chur«SVP-Mitglieder sind keine Putin-Versteher»
Parteipräsident Marco Chiesa bezog Stellung zum Ukraine-Krieg und zum Nato-Tabubruch der FDP. Anschliessend verabschiedeten die Delegierten eine Resolution zur Neutralität.
Ständerat und SVP-Parteipräsident Marco Chiesa (TI) hat in seiner Eröffnungsrede an der Delegiertenversammlung in Chur an die SVP-Grundwerte «Sicherheit» und «Freiheit» appelliert und sich gegen Unterstellungen für Putin-Verständnis gewehrt.
Diese Grundwerte seien mit dem Krieg in der Ukraine aktueller denn je, sagte Chiesa am Samstag. Die SVP sei die einzige Partei, die sich für die Stärkung der Armee einsetze. Nur so könne die Sicherheit der Schweiz gewährleistet werden. Er forderte deshalb, das Armeebudget um mindestens zwei Milliarden Franken, auf ein Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) aufzustocken.
Neutralität und klare Stellungnahme
Die «bewaffnete Neutralität» sei zudem der Grundpfeiler der Schweiz, betonte Chiesa weiter. Aktuell sei das Land aber weder ausreichend bewaffnet, noch neutral.
Er verurteilte damit auch die Forderung des FDP-Präsidenten Thierry Burkart vom Freitag, sich enger an die NATO anzulehnen. Dies würde bedeuten, dass Schweizer Soldaten im Ausland kämpfen und sterben würden, so Chiesa. Die SVP appelliere deshalb an die bewaffnete Neutralität: «Wir mischen uns nicht ein.»
Eine klare Stellung bezog er im Ukraine-Krieg: «Wir verurteilen Putins Krieg gegen die Ukraine.» Ebenso seien die SVP-Mitglieder keine «Putin-Versteher». Das Leid der ukrainischen Bevölkerung müsse aufhören. Es sei jedoch bedauerlich, dass der Bundesrat mit der Übernahme der EU-Sanktionen gegen Russland die Neutralität der Schweiz nicht mehr einbringen könne.
Resolution zur Neutralität verabschiedet
Die SVP hat eine Resolution zur Neutralität verabschiedet. Sie fordert darin, dass der Bundesrat die bewaffnete Neutralität wahre und die guten Dienste der Schweiz allen Kriegsparteien anbiete.
303 Delegierte stimmten am Samstag in Chur für die Resolution, bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung. Sie verlangen vom Bundesrat, Russland und der Ukraine aktiv die Guten Dienste anzubieten und dabei die Schweiz als Verhandlungsort vorzuschlagen. Alle diplomatischen Möglichkeiten sollen dabei ausgeschöpft werden.
Weiter soll die bewaffnete Neutralität konsequent gewahrt und dafür die Verteidigungsfähigkeit wiederhergestellt werden. Ausserdem geht es der SVP darum, dass die Schweiz keinen Beitritt zur Nato oder zur gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU anstreben soll.
Applaus für Köppel
Vor der Verabschiedung erhielt Nationalrat Roger Köppel (ZH) Standing Ovations, tosenden Applaus und Zurufe für sein Referat zur Neutralität. Er sagte, dass der Bundesrat mit der Übernahme der EU-Sanktionen gegen Russland die Neutralität aufgegeben habe.
Die SVP sei die einzige Partei, die sich strikt für die Wahrung der Schweizer Neutralität einsetze und alle Kriegsparteien gleich behandle. «Wir stehen auf der Seite der Schweiz», sagte Köppel.
Zwei Mal Nein, ein Mal Ja
Die Delegierten haben ihre Parole zur bevorstehenden Abstimmung über die Änderung des Transplatationsgesetzes gefasst. Mit 248 Nein zu 72 Ja-Stimmen und 12 Enthaltungen fiel der Entscheid sehr deutlich aus.
Die Änderung des Transplantationgesetzes sieht vor dass künftig jede Person automatisch zum Organspender, wenn sie sich nicht zu Lebzeiten schriftlich dagegen entschieden hat oder die Hinterbliebenen es ablehnen.
Dies mache unsere Körper zu einem Selbstbedienungsladen für Organe, sagte Nationalrätin Verena Herzog (TG) vor den Delegierten. Während der Diskussion kamen auch Gegenstimmen aus der Partei. Nationalrat Franz Grüter (LU) erzählte von seiner Tochter, die längerfristig auf ein Spenderherz angewiesen sein könnte und appellierte an seine Parteikollegen, die Vorlage anzunehmen.
Schliesslich entschieden sich die Delegierten deutlich für eine Nein-Parole. Es sei utopisch zu glauben, dass alle Bürgerinnen und Bürger wüssten, dass sie hätten widersprechen müssen, ihre Organe zu spenden, so Herzog.
Nein-Parole zur Änderung des Filmgesetzes
Zur Änderung des Filmgesetzes haben die Delegierten die Nein-Parole gefasst. Mit 271 Nein-Stimmen zu einer Enthaltung fiel der Entscheid sehr deutlich aus. Der Referent und Leiter des Referendumskomitees Samuel Hasler überzeugte die Anwesenden davon, dass bei einem Nein die Komsumentinnen und Konsumenten selber entscheiden könnten, welche Filme sie sehen möchten. Ausserdem wolle man mit der Änderung des Filmgesetzes nur Brüssel gefallen.
Ja-Parole der SVP zur Frontex-Vorlage
Nach langen Diskussionen haben sich die Delegierten zu einem Ja zur Frontex-Vorlage durchgerungen. Bundesrat Ueli Maurer weibelte für die Übernahme der EU-Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache: «Es geht um unsere Sicherheit».
Maurer machte klar, dass ein Nein zu dieser Vorlage einen Ausschluss aus Schengen/Dublin bedeute. Dies würde mit sich bringen, dass die Schweiz auch aus dem Sicherheitsverbund SIS ausgeschlossen würde. SIS sei heute das wichtigste Fahndungssystem um Kriminelle aufzuspüren. Die Schweizer Behörden würden täglich 300'000 Abfragen darin tätigen.
Die Delegierten folgten mit 204 Ja zu 104 Nein Stimmen und vier Enthaltungen schliesslich den Pro-Argumenten, den Schutz der Schengen-Aussengrenzen mit Frontex zu stärken.
Zuvor hatten diverse Delegierte in Wortmeldungen dafür gekämpft, die Vorlage abzulehnen und das Geld für den Ausbau von Frontex besser für den Schutz der Schweizer Grenze einzusetzen.
SDA/ij
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