Chinas wichtige Rolle im US-WahlkampfSündenbock China soll Trump die zweite Amtszeit sichern
Donald Trumps Berater erwägen, einen antichinesischen Wahlkampf zu führen und Joe Biden in die Nähe Pekings zu rücken. Kann das gelingen?
Der konservative aussenpolitische Experte und Kommentator Walter Russell Mead wartete mit gutem Rat für Donald Trump auf: «Angesichts der miesen Wirtschaftslage und des Schadens, den die Coronavirus-Pandemie dem Land zufügt, besteht Mr. Trumps wahrscheinlich einzige Chance für eine zweite Amtszeit darin, die kommende Wahl zu einer Abstimmung über China zu machen», schrieb Mead im «Wall Street Journal».
Mead steht nicht allein mit dieser Meinung: Intern debattieren sowohl enge Berater des Präsidenten als auch sein Wahlkampfstab, Peking für den Ausbruch der globalen Pandemie verantwortlich zu machen. Erleichtert würde eine solche Entscheidung durch die Desinformationspolitik und mangelnde Aufklärung Chinas über den Ursprung der Seuche.
«Beijing Biden»
Nicht nur möchten der Präsident und führende Republikaner wie Senator Tom Cotton (Arkansas) Peking im bald anlaufenden US-Wahlkampf an den Pranger stellen: Trumps wahrscheinlicher Gegner Joe Biden soll als chinafreundliches Weichei gezeichnet werden, Bidens Sohn Hunter als Profiteur, der in China dank seines Namens einträgliche Geschäfte machte.
In diesem Sinne beschimpfte Trumps Ex-Wahlkampfmanager Corey Lewandowski den demokratischen Präsidentschaftskandidaten als «Beijing Biden», derweil der Präsident warnte, Biden sei eine Gefahr für die US-Aussenpolitik, weil er Staaten wie China und Mexiko «verpflichtet» sei. China, so Trump, «bevorzugt Sleepy Joe» als Präsidenten, weil der Demokrat Peking nicht Paroli biete.
Als Beweis führt Trump an, dass frühere Präsidenten und besonders die Administration Barack Obamas untätig zugesehen hätten, wie Peking den amerikanischen Handelspartner über den Tisch gezogen habe. Trumps Problem mit einer solchen Strategie? Der Präsident und seine Tochter Ivanka haben in der Vergangenheit selbst Geschäfte mit China getätigt, unter anderem finanzierte die Bank von China zwei Immobilien, an denen Trump mit einem Drittel beteiligt ist.
«Wir arbeiten eng zusammen, ich habe sehr viel Respekt für China!»
Darüber hinaus rühmte sich der Präsident – Corona hin, Corona her – mehrmals seiner exzellenten Beziehung zum chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Der sei ein «Freund», ja ein «toller Typ», erklärte Trump.
Zwar hatte Washington unter Führung von Aussenminister Mike Pompeo die Tonart gegenüber Peking im März verschärft und den Erreger zur Entrüstung der chinesischen Führung als «Wuhan-Virus» bezeichnet. Seit Ende März aber ist der Umgang wieder freundlicher geworden, auch lieferte China dringend benötigte Schutzausrüstungen für amerikanische Krankenhäuser.
«Ich hatte soeben ein sehr gutes Gespräch mit Präsident Xi, und wir haben ausführlich über das Coronavirus diskutiert», twitterte Trump Ende März. Und weiter: «China hat viel durchgemacht und dadurch ein gutes Verständnis des Virus entwickelt – wir arbeiten eng zusammen, ich habe sehr viel Respekt für China!» Als US-Medien Chinas Corona-Desinformation kritisierten, nahm Trump Peking in Schutz: «Sie machen das, und wir machen das auch», wiegelte er ab.
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Solche Bemerkungen aber vertragen sich kaum mit einem antichinesischen Wahlkampf, zumal Trump damit rechnen müsste, dass womöglich neue Informationen über die chinesischen Geschäftsbeziehungen seines Unternehmens und seiner Familie ans Licht kämen. Trotzdem könnte Trumps Wahlkampfteam versuchen, Joe Biden als Marionette Pekings hinzustellen – in der Hoffnung, dass etwas davon hängenbleiben wird. Trump
hat den Ton unterdessen schon wieder verschärft. In einem neuen Reuters-Interview warf er China vor, seine Wiederwahl verhindern zu wollen und dafür auch die Coronavirus-Pandemie zu nutzen. «China wird alles
in seiner Macht Stehende tun, damit ich dieses Rennen verliere.»
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