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Niedrigste Fertilitätsrate von 198 Ländern
Südkorea vergreist, ganze Städte verschwinden

Die Geburtenrate sinkt: Japan ist die älteste Gesellschaft der Welt. Aber Südkorea wird den Nachbarn noch vor 2045 überholen. Ältere Frau in Seoul.  
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Der Kindertag ist in Südkorea seit den Siebzigerjahren ein gesetzlicher Feiertag. Es gibt Geschenke, Eltern unternehmen etwas mit dem Nachwuchs. Und der Präsident öffnet die Tore seines Amtssitzes, des Blauen Hauses in Seoul. Dieses Jahr empfing Moon Jae-in alle 38 Schülerinnen und Schüler der kleinen Doseong-Primarschule in Pyeongchang. Natürlich online, wegen Corona. Der Präsident bedauerte ausdrücklich die Distanz. Es gab Spiele und ein Quiz. Und die First Lady Kim Jung-sook sagte: «Ihr seid ein wertvoller Schatz unseres Landes.»

Kein anderes Land zeigt so deutlich den Zusammenhang zwischen Wohlstand und Bevölkerungsrückgang. Im jüngsten Jahresbericht des UNO-Bevölkerungsfonds (UNFPA) weist Südkorea erneut die niedrigste Fertilitätsrate von 198 Ländern auf – nur 1,1 Kinder bekommt demnach eine Südkoreanerin; weltweit liegt der Wert bei 2,4.

Noch hat Japan die älteste Gesellschaft, aber nicht mehr lange

Gleichzeitig ist wegen des guten Gesundheitssystems die Lebenserwartung gestiegen. Noch ist Japan die älteste Gesellschaft der Welt. Aber in ihrem Dezemberbericht stellte die Bank of Korea fest, Südkorea werde den Nachbarn noch vor 2045 überholt haben, weil Südkoreas Geburtenrate «schneller sinkt als erwartet».
Der Demografieforscher Choi One-lack vom privaten Wirtschaftsforschungsinstitut Keri sagte der Nachrichtenagentur Reuters kürzlich: «Viele kleine Städte laufen Gefahr zu verschwinden.» Der Präsidialausschuss für alternde Gesellschaft und Bevölkerungspolitik, dem Moon Jae-in persönlich vorsitzt, kommt zu dem Schluss: «Südkorea hat ein ernsthaftes Problem.»

Südkorea war nach dem Ende des Koreakriegs ein armes Land. Noch in den Achtzigerjahren gehörte Geburtenkontrolle zur Staatsräson, welche die Politik unter anderem mit Angeboten zur freiwilligen Sterilisation verfolgte. Es funktionierte.

Ehe nicht mehr so wichtig

Aber heute ist Südkorea eine reiche, kapitalistische Konsumgesellschaft. Der Lebensstandard ist gestiegen. Die Ansprüche werden höher. Gleichzeitig wird der Wettbewerb um ein gutes Auskommen schärfer. Der Arbeitsmarkt ist umkämpft und nicht für jeden sicher. Vor allem in der Metropolregion Seoul, in der die Hälfte der 51 Millionen Menschen Südkoreas leben, sind die Preise für Wohnraum stark angestiegen. Und die Pandemie hat noch mehr Leute davon abgehalten, eine Familie zu gründen. «Junge Menschen nehmen Arbeit und Leben wichtiger als Ehe und Kinder», teilt der Präsidialausschuss mit und liefert Zahlen: 2010 dachten in Südkorea 62,6 Prozent der unverheirateten Männer und 46,8 Prozent der unverheirateten Frauen, die Ehe sei wichtig. 2020 taten das bei den Männern 40,8, bei den Frauen 22,4 Prozent.

«Viele kleine Städte laufen Gefahr zu verschwinden»: Moon Jae-in, Präsident von Südkorea. 

Was tun? Im Dezember hat Moons Regierung ihren neuen Vierjahresplan zur Bevölkerungspolitik herausgebracht. Dieser sieht höhere Sozialausgaben vor, die noch deutlich unter dem Schnitt innerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) liegen. Ein monatlicher Babybonus sowie mehr Unterstützung zur Elternzeit und Kinderbetreuung sind vorgesehen. Kampagnen für einen gesunden Lebensstil sollen die Gesundheitssysteme entlasten, mehr vernetzte lokale Pflegedienste den Altenpflegenotstand lindern. Und der Präsidialausschuss empfiehlt «grundlegende und realistische Massnahmen», um strukturschwache Gebiete so zu fördern, dass nicht mehr alle nur nach Seoul wollen.

Moon Jae-in darf nicht mehr antreten

Grosse Vorhaben. Moon Jae-in wird sie nicht mehr lange anschieben. Der nächste Kindertag liegt am Ende seiner fünfjährigen Amtszeit. Im Frühjahr 2022 sind Präsidentschaftswahlen, Moon darf nicht mehr antreten. Und die konservative Opposition war bei Kommunalwahlen zuletzt vor Moons Demokraten – auch ohne erkennbaren Plan gegen Südkoreas Überalterung.