Flugstopps wegen OmikronSüdafrika sieht sich ungerecht behandelt
Wegen der neuen Virusvariante haben viele Länder den Flugverkehr aus Südafrika eingestellt. Doch die Reisebeschränkungen lassen sich umgehen.
«Die Zahlen sind über Nacht explodiert», sagt der Mann am Schalter von Ethiopian Airlines. Der Flug von Kapstadt nach Addis Abeba am Freitag war eigentlich nur mässig gebucht, was sich schnell änderte, als die britische Regierung beschloss, den direkten Flugverkehr nach Südafrika wegen der neuen Corona-Variante Omikron einzustellen.
Es ist eine Vorsichtsmassnahme, die sich leicht umgehen liess. Tausende Briten buchten Flüge mit Ethiopian Airlines oder den grossen Airlines vom Golf und flogen nun eben über die Emirate oder Äthiopien nach Hause. Die meisten von ihnen fliehen eher nicht vor der neuen Variante. Sie fliegen, solange es noch Flüge gibt.
Südafrika steht zwar vor dem Beginn der vierten Welle, in der Ferienregion rund um Kapstadt wurden am Samstag aber nur 121 neue Fälle gemeldet. Viele Südafrikaner reagieren deshalb mit grossem Unverständnis auf die Flugbeschränkungen aus Europa, wo die Pandemie fast unkontrolliert wütet.
«Es scheint, dass wir und der afrikanische Kontinent im Allgemeinen der Sündenbock sind.»
In Südafrika sind die Beschränkungen des öffentlichen Lebens auch grösser als in vielen europäischen Ländern: In der Öffentlichkeit herrscht Maskenpflicht, und grössere Veranstaltungen sind nicht erlaubt.
Vor allem für die Tourismusindustrie am Kap sind die Reisebeschränkungen ein harter Schlag. In Südafrika beginnt gerade die Hochsaison, zum ersten Mal seit dem Beginn der Pandemie waren die Buchungen wieder gestiegen. Gesundheitsminister Joe Phaahla nannte die Einschränkungen «ungerechtfertigt».
Einer der Wissenschaftler, die die Entdeckung der neuen Virusvariante am Donnerstag öffentlich gemacht hatten, sagte, dass Südafrika für seine Transparenz «bestraft werde». «Nur weil wir hier und sehr schnell diese Variante identifiziert haben, heisst das nicht, dass die Variante aus Südafrika stammt. Sie wurde hier nur entdeckt», sagte Tulio de Oliveira, der Chef des Genomforschungsinstituts Krisp.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat bisher davon abgeraten, Reisebeschränkungen für das südliche Afrika einzuführen. Erst müsse das Virus besser verstanden werden. Dennoch haben mittlerweile Dutzende Länder von Grossbritannien über Israel bis Singapur genau das getan.
Klagen und Kritik aus der Tourismusbranche
Auch das Afrikanische Zentrum für Infektionskrankheiten (Africa CDC) hatte sich nach Entdeckung der neuen Variante gegen Reisebeschränkungen ausgesprochen. In der Pandemie habe man festgestellt, dass Reisebeschränkungen für Reisende aus Ländern mit einer neuen Variante zu keinem bedeutsamen Ergebnis geführt hätten.
«Das ist eine Kurzschlussreaktion, aber mit einem sehr starken Schneeballeffekt», sagte Richard de la Rey von Dark Giraffe Marketing, einem Veranstalter von Safaris und Strandferien in Moçambique, Tansania und Südafrika.
«Niemand weiss etwas Genaues über diese Variante, und sie nehmen einfach das Schlimmste an.» Reiseveranstalter wie er werden gerade von Stornierungen überrollt, viele der etwa 700’000 Jobs in der Tourismusbranche sind gefährdet. «Es scheint, dass wir und der afrikanische Kontinent im Allgemeinen der Sündenbock sind.» (Lesen Sie auch den Artikel «Schweiz verschärft Einreiseregeln».)
Omikron-Infizierte bisher nicht schwer erkrankt
Die bislang mit der neuen Coronavirus-Variante infizierten Menschen in Südafrika sind nach Angaben der dortigen Medizinervereinigung Sama bislang nicht schwer erkrankt. Die Vorsitzende des südafrikanischen Ärzteverbands, Angélique Coetzee, sagte der BBC, dass die bisher in ihrem Land festgestellten Fälle nicht schwerwiegend seien. Allerdings seien die Untersuchungen zu dieser Variante noch in einem sehr frühen Stadium. Es seien nur rund 24 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft.
«Die Patienten klagen meist über einen schmerzenden Körper und Müdigkeit, extreme Müdigkeit, und wir sehen es bei der jüngeren Generation, nicht bei den älteren Menschen», sagte sie. Es handle sich nicht um Patienten, die direkt in ein Spital eingeliefert würden, sagte Coetzee.
Ausserdem erklärte sie, man müsse sich aber Sorgen machen, dass die neue Variante ältere Menschen, die zusätzlich an Diabetes oder Herzkrankheiten litten, viel härter treffen könnte. In Südafrika sind nur etwa sechs Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre alt.
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