Störche schlüpfen trotz Kälteeinbruch im April
Die ersten Storchenjungen sind in Oetwil und Hombrechtikon bereits geschlüpft. Zwei erwachsene Störche werden den Sommer am Zürichsee allerdings nicht mehr erleben.
Einem alten Volksglauben nach bringen die Störche die Babys. Einem Tier könnte diese Aufgabe zum Verhängnis worden sein. Es verhedderte sich mit dem Schnabel in einem Nuggi: Der Kunststoff legte sich so unglücklich um den Schnabel, dass der Storch wochenlang nicht mehr fressen konnte. Als er im März vom Hombrechtiker Storchenspezialisten Max Zumbühl endlich eingefangen werden konnte, wog er nur noch 2,3 statt der normalen drei bis vier Kilo. Die Betreuung in einer Rettungsstation für Vögel, wohin Zumbühl das Tier brachte, kam zu spät: Der abgemagerte Storch starb an einem Herzstillstand – selbst eine Herzmassage brachte nichts.
«Die Storchenpopulation ist schweizweit am Zunehmen.»
Doch symptomatisch für den Storchenbestand ist diese Geschichte aus dem Cluborgan des Ornithologischen Vereins Hombrechtikon nicht. Im Gegenteil: In Oetwil sind derzeit acht Horste besetzt und am Lützelsee haben sich 13 Storchenpaare niedergelassen. Manche der Tiere brüten noch, während einige Jungtiere, die schützende Eischale schon durchbrochen haben.
Junge hat es in mindestens zwei Oetwiler und drei Hombrechtiker Nestern. Wieviele Eier sich in den anderen Nestern befinden, ist noch unklar, da sich schlecht über deren Rand blicken lässt. Inzwischen schauen die ehrenamtlichen Helfer wieder positiv in die Zukunft. Dies nach einem harten letzten Jahr, als fast der ganze Nachwuchs ausgiebigen Regenfällen zum Opfer fiel – nur zwei Jungstörche in Oetwil überlebten.
Ein Nest bleibt leer
In einem Horst dürfte der Nachwuchs indessen ausbleiben. «Wir mussten vor Kurzem einen toten Storch aus einem der Nester bergen», erzählt Heidi Katzbach, Präsidentin des Storchenvereins Oetwil. Es handelt sich dabei um eines der Tiere aus den Anfangszeiten des Wiederansiedlungsprojekt des Storchenexperten Max Bloesch: Mit 33 Jahren hat es auch für einen Storch ein stolzes Alter erreicht. Die «verwitwete» Partnerin kümmert sich nun alleine um das Gelege. Von Erfolg gekrönt dürfte diese Anstrengung allerdings nicht sein. «Alleine hat der Storch keine Chance, die Jungen durchzubringen», sagt Katzbach. Normalerweise würden sich die Elterntiere beim Futtersuchen und Betreuen abwechseln. Fraglich ist aber auch, ob aus den beiden Eiern überhaupt etwas schlüpft. Mit Verweis auf das Alter der beiden Elterntiere meint die Storchenbetreuerin, dass es nicht sicher sei, ob die Eier überhaupt befruchtet sind. Der Tod des Storches, den sie über Jahrzehnte begleitet hat, geht ihr nahe: «Die Tiere wachsen einem schon ans Herz.»
So dramatisch solche Einzelschicksale sind, Auswirkungen auf den Storchenbestand im Bezirk Meilen haben sie nicht. «Um die Storchenpopulation zu sichern, muss ein Nachkomme pro Storch überleben», sagt Wildtierbiologe Klaus Robin. Da Störche gut 20, 30 Jahre oder eben wie im Fall des Oetwiler Storchs sogar 33 Jahre alt werden können, sei dies kein Problem.
Zuwanderung erwünscht
Auch in Bezug auf das Überleben der Jungtiere warnt er vor einer Dramatisierung. Trotz des schlechten Storchenjahrs 2016 wäre es demnach für den Bestand kein Problem, wenn einige Jungtiere den Eisheiligen, die oft im Mai noch einen Kälteeinbruch mit sich bringen, zum Opfer fielen. «Biologisch gesehen, ist es ein normaler Vorgang, dass nicht alle Jungen überleben», sagt Robin. Bei Störchen sei die Betroffenheit einfach grösser als bei anderen Tierarten, die weniger unter Beobachtung stünden. «Die Storchenpopulation ist schweizweit am Zunehmen», gibt der Uzner Entwarnung.
Ein Grund dafür, dass die Zahl der Störche in der Gegend stabil ist, sind Zuwanderer. So hat der Ornithologische Verein Hombrechtikon diesen Frühling etwa einen Neuzuzug aus dem baden-württembergischen Ebersbach verzeichnen können. Für Klaus Robin ist dies eine positive Entwicklung: «Das wünscht man sich, so kommt es zu einem vermehrten genetischen Austausch undzu weniger Inzucht.» Biologisch gesehen ist Personen- oder vielmehr Storchenfreizügigkeit auf jeden Fall sinnvoll. Ursache für solche Verpaarungen ist das Migrationsverhalten der Störche. «Da trifft dann ein Storch aus der Schweiz im Winter in Südeuropa auf einen Franzosen oder Deutschen und nimmt diesen mit – oder andersherum», beschreibt Robin die Datinggewohnheiten der Vögel. Sicher ist, dass auch diejenigen, die noch an den Storch glauben, sich keine Sorgen um den menschlichen Nachwuchs zu machen brauchen: Die Storchenpopulation am Zürichsee wird nicht so schnell aussterben.
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