Geheimtipp PortugalStille und Sterne sind die Trümpfe
Der Alentejo im Süden Portugals ist eine perfekte Destination für die erste Flugreise nach der Pandemie. In der Knochenkapelle braucht es starke Nerven.
Das Hinterland von Lissabon wirkt geradezu prädestiniert für Touristen, die Dichtestress hassen: Keine 30 Menschen leben hier durchschnittlich pro Quadratkilometer – anders als in der portugiesischen Hauptstadt, wo es weit über 5000 sind. Also nichts wie raus aus der Metropole. Schon die Fahrt über die 17 Kilometer lange Vasco-da-Gama-Brücke ist imposant. Der Tejo schimmert blau, bald folgen endlose Äcker und eine fast leere Autobahn. Untrügliche Zeichen, dass wir uns inzwischen im Alentejo befinden – zu Deutsch jenseits des Tejo. Das Ziel der Reise ist die Kleinstadt Évora, eineinhalb Stunden Autofahrt von Lissabon entfernt.
Die Region, die gut ein Drittel Kontinentalportugals umfasst, aber in der nur knapp acht Prozent der Bevölkerung des Landes lebt, wird bis heute durch die Landwirtschaft geprägt. Vor allem Getreide und Ölpflanzen gedeihen in der Gegend, in der es im Sommer trocken-heiss und im Winter nasskalt ist. Am Rande Évoras empfängt uns das Tivoli Ecoresort, umgeben von Feldern und Korkeichen. Das 2018 eröffnete Hotel verfügt über eine eigene Solaranlage, zwischen deren Panels Esel und Schafe grasen. Die ganzjährig geöffnete Anlage ist grosszügig in die Breite gebaut, die Suiten bestehen aus weissen, in Reihen angelegten Kuben. Zur Isolation der Gebäude wurde Kork verwendet. Das erstaunt wenig, ist doch der Süden Portugals eines der grossen Anbauzentren von Korkeichen.
Mitten in Évora stossen wir denn auch auf weitere Verarbeitungsmöglichkeiten, die über den Weinzapfen hinaus reichen. Kork ist in zahlreichen Schaufenstern zu sehen, verarbeitet zu Taschen, Schuhen und vielem mehr. Die Stadt, mit 57 000 Einwohnern die grösste des Alentejo, steht zu Recht auf der Liste des Unesco-Weltkulturerbes. Von den Römern, Westgoten über die Mauren: Alle haben hier Spuren hinterlassen.
Geköpfter Sultan im Stadtwappen
Mélanie Wolfram, Historikerin mit deutschen Wurzeln, führt kenntnisreich durch ihre Wahlheimat. Manche Gebäude erzählen wunderliche Geschichten: Der römische Tempel (Templo de Diana), sagt die Führerin, sei einst auch als Schlachthaus genutzt worden. In der Kathedrale macht sie auf die seltene Darstellung der schwangeren Marienstatue und auf dem Dach des Kreuzgangs auf ein makaberes, in Stein gehauenes Bildnis aufmerksam: Es zeigt den Raubritter Geraldo mit dem geköpften Sultan und dessen Tochter – das Stadtwappen Évoras.
Aber bevor es noch gruseliger wird, geht es zur Universität aus dem 16. Jahrhundert und zum Praça de Giraldo, dem prächtigsten Platz der Stadt, der von schönen Häusern mit Laubengängen gesäumt ist. Schwer vorstellbar, dass er bis ins frühe 19. Jahrhundert als Hinrichtungsplatz diente. Einen Ort lässt Wolfram mit keiner Touristengruppe aus: die Knochenkapelle, die zur Kirche Igreja Real de Sao Francisco gehört. Tausende von Gebeinen und Schädeln säumen, kunstvoll arrangiert, das Innere.
Verlässt man Évora ostwärts, treten Reben an die Stelle der Felder. Die nächste Gemeinde, Reguengos de Monsaraz, folgt erst nach 40 Kilometern, nach weiteren 15 Kilometern Monsaraz, ein hübscher mittelalterlicher Ort. Die Burg aus der Araberzeit ermöglicht einen beeindruckenden Rundblick: Gegen Westen erhascht das Auge die Weite des Alentejo – gegen Osten die riesige Wasserfläche des Alqueva-Stausees, der 85 Kilometer lang ist und teils die Grenze zu Spanien markiert.
Kunstgalerie im Restaurant
Die Stille fällt angenehm auf. In dieser menschenleeren Gegend sind Lärmquellen rar.
Die ehemalige Olivenölfabrik Sem-Fim in Reguengos de Monsaraz steht längst still. Zahlreiche Pressen sind aber immer noch zu bestaunen. Tiago Kalisvaart, der auf dem See mit seinem holländischen Lastkahn Schifffahrten und Dark-Sky-Erlebnisse anbietet, führt hier in der zweiten Generation ein Restaurant mit integrierter Kunstgalerie – ein Ort zum Geniessen. Auf der Speisekarte stehen einfache regionale Gerichte: Fleisch, Fisch, Gemüse, herzhafte Suppen und süsse Desserts.
Beim Verlassen des Restaurants zeigt sich ein weiterer Pluspunkt der Gegend: Der Himmel wirkt riesig, die Sterne sind wegen der geringen Lichtverschmutzung extrem gut zu sehen. Eine Initiative macht sich dies zunutze und will hier ein Schutzgebiet errichten, wo sich Fans ganz der Sternenbeobachtung hingeben können. Platz hat es für sie definitiv genug.
Die Reise wurde unterstützt von Tivoli Hotels & Resorts.
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