Debatte um AbstimmungStändemehr soll für die Verträge mit der EU nicht nötig sein
Die SVP will für die Bilateralen III eine obligatorische Volksabstimmung mit Ständemehr-Hürde. Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats hat sich nun klar gegen diesen Vorschlag gestellt.
![Die schweizerische Bundespräsidentin Viola Amherd schüttelt der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen die Hand nach einer Pressekonferenz am 20. Dezember 2024 in Bern, Schweiz.](https://cdn.unitycms.io/images/8aUH8VWoK6_9R3PFcyNqgo.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=o1mMTNVQ01Q)
- Die Aussenpolitische Kommission empfiehlt, die EU-Verträge dem fakultativen Referendum zu unterstellen.
- Der Bundesrat könnte trotz Empfehlung ein obligatorisches Referendum beschliessen, bei dem es neben dem Volks- auch ein Ständemehr braucht.
- Eine Volksabstimmung über die Abkommen wird nicht vor 2028 erwartet.
Bereits heute ist klar: Das Stimmvolk wird das letzte Wort zum neuen Vertragspaket mit der EU haben. Umstritten ist allerdings, ob es für die Zustimmung neben dem Volks- auch das Ständemehr braucht.
Die Gegner der Bilateralen III wollen die neuen EU-Verträge dem obligatorischen Referendum unterstellen. Dann braucht es das Ständemehr, womit die Hürde für die EU-Verträge höher ist. Bei einem fakultativen Referendum würde diese zusätzliche Erfordernis wegfallen – und die Gegner müssten 50’000 Unterschriften sammeln, was für die SVP allerdings kein Problem sein sollte.
Den Entscheid, ob die Verträge dem fakultativen oder dem obligatorischen Referendum unterstehen, fällt der Bundesrat. Dabei berücksichtigt er auch die Empfehlungen der Aussenpolitischen Kommissionen (APK) des National- und des Ständerats. Jene des Nationalrats hat sich nun mit 15 zu 10 Stimmen dafür ausgesprochen, die EU-Verträge nur dem fakultativen Referendum zu unterstellen.
Die Kommission stützte sich dabei auf ein Gutachten des Bundesamts für Justiz. Dieses kommt zum Schluss, dass es keine Verfassungsgrundlage dafür gibt, ein Ständemehr zu verlangen. Mit anderen Worten: Rechtlich gesehen, müsste der Bundesrat die Bilateralen III dem fakultativen Referendum unterstellen, womit das Volksmehr genügen würde. Auch die bisherigen bilateralen Abkommen unterstanden nur dem fakultativen Referendum.
Wie entscheidet der Bundesrat?
Offen ist jedoch, ob sich der Bundesrat an die Empfehlungen hält. Nach der Veröffentlichung des Gutachtens im letzten Sommer behielt sich die Landesregierung vor, trotzdem eine Abstimmung mit Ständemehr zu beschliessen. Sie würde dies wohl damit begründen, dass der Inhalt der Verträge eine ausserordentliche Bedeutung von Verfassungsrang habe. Über die Art der Abstimmung will der Bundesrat entscheiden, wenn das Verhandlungspaket für die parlamentarische Beratung bereit ist. Dies dürfte Anfang 2026 der Fall sein.
Für die SVP ist klar, dass die Bedeutung der EU-Verträge zwingend ein obligatorisches Referendum erfordert. Die Schweiz werde mit dem Abkommen zur automatischen Rechtsübernahme verpflichtet, was die verfassungsmässigen Kompetenzen von Volk und Kantonen massiv einschränke. Die SVP wirft daher nach dem APK-Entscheid den anderen Parteien vor, die EU-Verträge am Volk und den Kantonen vorbeischmuggeln zu wollen. Neben der Linken seien auch die FDP-Vertreter voll auf EU-Linie. Und die Mitte stehe nicht mehr für die Rechte der kleineren Kantone ein.
Die Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU wurden im Dezember abgeschlossen. Die Abkommen werden zurzeit juristisch bereinigt und im Frühling paraphiert. Danach wird der politische Prozess im Inland beginnen. Die Departemente bereiten eine Botschaft vor, die das Abkommenspaket, die Anpassung der Schweizer Gesetze sowie flankierende Massnahmen umfasst. Die Vernehmlassung startet voraussichtlich vor der Sommerpause.
Volksabstimmung nicht vor 2028
Entscheiden muss der Bundesrat nicht nur über die Art der Volksabstimmung, sondern auch darüber, ob das Parlament separat über die drei neuen Abkommen zu Strom, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit entscheiden kann. Damit wäre gegen jedes der Abkommen ein separates Referendum möglich. Die Volksabstimmung dürfte nicht vor 2028 stattfinden.
Zurzeit werden für die Kompassinitiative Unterschriften gesammelt, die völkerrechtliche Verträge wie die Bilateralen III dem obligatorischen Referendum unterstellen will. Allerdings dürfte über die Initiative, falls sie zustande kommt, erst nach dem Urnengang zu den EU-Verträgen abgestimmt werden. Die Kompassinitiative enthält aber eine Rückwirkungsklausel, gemäss der die EU-Verträge nur in Kraft bleiben, wenn sie mit einem obligatorischen Referendum von Volk und Ständen angenommen wurden.
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