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Staatshilfe für SR Technics
Schweizer Millionen für hoch verschuldeten chinesischen Konzern?

SR Technics ist am Flughafen Zürich zwar deutlich präsent. Für den Platzhirsch Swiss spielt der Betrieb allerdings bloss eine kleine Rolle.
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Wenn sich im Spätherbst die Jury zur Bestimmung des Worts des Jahres trifft, dürfte es «systemrelevant» zumindest in die engere Auswahl schaffen. Das Etikett öffnet Unternehmen die Tür für Staatshilfen: So darf die Fluggesellschaft Swiss im Verbund mit ihrer Schwester Edelweiss 1,5 Milliarden Franken Kredit bei einem Bankenkonsortium aufnehmen, für die grösstenteils der Steuerzahler bürgt. Dies, obwohl noch 2010 eine vom Bundesrat eingesetzte Expertenkommission zur Ansicht gelangt war, dass die Swiss nicht systemrelevant sei. Die im Corona-Jahr 2020 zuständigen Politiker sind zu einem anderen Schluss gekommen.

Mit dem Technikdienstleister SR Technics könnte jedoch auch eine Firma Hilfe durch den Bund erhalten, die für die Swiss und das Funktionieren ihres Drehkreuzes am Flughafen Kloten irrelevant geworden ist. Das Unternehmen, das mittlerweile dem hoch verschuldeten chinesischen HNA-Konzern gehört, wurde in den 1990er-Jahren als Techniktochter der Swissair gegründet und führte bis vor etwa zehn Jahren die Wartungsarbeiten an den Maschinen der Swiss durch.

Dann aber entschied die Airline, ihre Flugzeuge selbst zu warten. Grössere Checks lässt die Swiss heute ausserdem bei Anbietern im Ausland vornehmen. «Bei SR Technics kauft Swiss nur vereinzelte, kleinere Dienstleistungen ein», erklärt eine Swiss-Sprecherin.

SR Technics anspruchsberechtigt

Warum kommt SR Technics dann für Bundeshilfe infrage? Ein Grund ist, dass SR Technics an den Landesflughäfen der einzige Anbieter ist für die sogenannte Line-Maintenance an den Linienjets ausländischer Fluggesellschaften. Das ist die Wartung von Maschinen, die bloss ein paar Minuten oder Stunden auf Schweizer Boden stehen, um dann wieder abzufliegen. Damit Zürich, Genf und Basel von aussen her angeflogen werden können, ist SR Technics also durchaus relevant. 2019 waren ausländische Carrier für die Hälfte der gut 18’000 Langstreckenflüge ab Zürich verantwortlich.

Der Bundesrat geht davon aus, dass bis zu 600 Millionen Franken nötig sein könnten, um die den Airlines zuliefernden Sektoren Catering, Bodenabfertigung und Flugzeugtechnik zu stützen. Der Caterer Gategroup und der Abfertiger Swissport dürfen allerdings wegen ihrer weltumspannenden und auf Schulden basierenden Unternehmensstrukturen im Moment kein Geld beziehen.

Bei SR Technics dagegen ist es möglich, das Schweizer Geschäft juristisch vom ausländischen Geschäft zu trennen und Sicherheiten für das Darlehen festzumachen. Damit wäre garantiert, dass das Geld nicht an die marode Eignerin HNA abfliesst, die während der Corona-Krise unter die Flügel des chinesischen Staats geflüchtet ist.

Branchenkenner sagten gegenüber dieser Zeitung, dass SR Technics lange unprofitabel gewesen sei und sie sich nicht vorstellen könnten, dass es heute anders ist.

Weder beim zuständigen Finanzdepartement noch bei SR Technics ist in Erfahrung zu bringen, wie weit die Hilfe gediehen ist. Läuft es wie bei der Swiss, könnte SR Technics noch im Mai zu seinem Geld kommen. Wie hoch der Bedarf ist, ist unbekannt – SR Technics publiziert keine Zahlen. Es dürften mehrere Dutzend, wenn nicht Hunderte Millionen sein.

Bekannt ist lediglich, dass das Unternehmen bei einem Umsatz von ungefähr 1,5 Milliarden Franken rund 3000 Mitarbeiter beschäftigt, davon etwa 1300 in Zürich. Branchenkenner sagten gegenüber dieser Zeitung, dass die Firma lange Jahre unprofitabel gewesen sei und sie sich nicht vorstellen könnten, dass es heute anders ist.

«Easyjet ist kaum systemrelevant»

Als weiterer Grund für mögliche Staatshilfen zählt, dass die Swiss-Schwester Edelweiss und Easyjet Switzerland auf den Technikdienstleister setzen. Der Bundesrat hält die beiden Airlines ebenfalls für systemrelevant. Dies ist unter Experten umstritten. Die Ferienfluggesellschaft Edelweiss erhält bloss Bundesunterstützung, weil sie Leistungen für den Swiss-Hub Zürich erbringt.

Easyjet Switzerland dagegen fliegt von Genf und Basel aus Kurz- und Mittelstrecken, die alle selbsttragend sind. «Würde Easyjet das nicht mehr tun, würde kurz- bis mittelfristig eine andere Gesellschaft die Routen übernehmen. Also ist die Gesellschaft kaum systemrelevant», sagt ein Branchenkenner, der nicht genannt werden will. Das ausgeklügelte Hub-System mit Swiss und Edelweiss könne dagegen so schnell niemand ersetzen.

Easyjet widerspricht und weist darauf hin, dass man über 1000 Mitarbeiter an seinen beiden Schweizer Standorten beschäftige. Zudem sei das Hub-Modell überhaupt veraltet, und man müsse sich fragen, warum das Drehkreuz um jeden Preis aufrechterhalten werden müsse. Noch hat Easyjet Switzerland keine Bundesunterstützung erhalten. Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga stellt sich bislang auf den Standpunkt, dass die Easyjet-Mutter im Vereinigten Königreich noch über genug Liquidität verfügt, um ihre Schweizer Tochter zu unterstützen.