Kritik an Plänen bei Strommangel
Spitäler bitten um «dringliche Audienz» bei Parmelin
Skilifte würden in einer Mangellage noch laufen, während der Strom für Grossverbraucher bereits rationiert wäre. Die Spitäler sind empört.
Bei Strommangel würden Skilifte unter Umständen noch laufen, während der Strom für Grossverbraucher wie Spitäler bereits rationiert wäre. So ist es in den Plänen vorgesehen, die der Bundesrat vor knapp drei Wochen präsentiert hat. Bis Montag haben Parteien und Verbände Gelegenheit, Stellung zu nehmen.
Für Private sieht der Plan des Bundesrats Einschränkungen und Verbote vor: Kleider dürften zum Beispiel nur noch mit 40 Grad gewaschen werden, in einem weiteren Schritt wäre Bügeln oder Streaming untersagt. Für Grossverbraucher würde der Strom rationiert.
Spitäler sehen Patienten gefährdet
Der Bundesrat argumentiert, die Kontingentierung sei eine wesentliche Massnahme, um Netzabschaltungen zu verhindern. Doch Betroffene wehren sich. «Für Spitäler, Kliniken und Pflegeinstitutionen ist eine unterbruchsfreie und vollständige Strombelieferung lebenswichtig», schreibt der Spitalverband H+ in seiner Stellungnahme. Auf dem Spiel stehe die Versorgung der Patienten.
Die Spitäler sind auch deshalb verärgert, weil sie – im Unterschied zu anderen Branchen – nicht einbezogen wurden. Sie hätten den zuständigen Bundesrat Guy Parmelin «dringend und mit Nachdruck» gebeten, die Spitäler frühzeitig einzubeziehen, schreiben sie. «Ausserdem haben wir Herrn Parmelin um eine dringliche Audienz in dieser Angelegenheit ersucht.» Die Spitäler, Kliniken und Pflegeinstitutionen seien nicht länger bereit, als eine Branche zweiter Klasse behandelt zu werden.
Konkret fordert H+ Ausnahmen für systemrelevante Betriebe – und stellt fest, Spitäler zählten ohne Zweifel dazu. Der Bundesrat stellt sich auf den Standpunkt, auch Betriebe mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen könnten ihren Stromverbrauch senken. Das könne in nicht systemrelevanten Bereichen geschehen. Ein Beispiel dafür wäre etwa die Spitalcafeteria.
Economiesuisse fordert andere Reihenfolge
Doch auch der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse fordert zwingende Ausnahmen – insbesondere, solange ein vollständiger, schweizweiter Kontingenthandel nicht gewährleistet ist. Ausgenommen werden sollten Verbraucher, die eine kritische Rolle für die Landesversorgung spielen oder aus produktionstechnischen Gründen auf eine unterbruchsfreie und vollständige Stromversorgung angewiesen sind.
Grundsätzlich begrüsst Economiesuisse aber, dass Massnahmen geplant werden – und dass Haushalte und Unternehmen beide einen Beitrag zur Bewältigung einer Mangellage leisten müssten. Die einzelnen Verbote kommentiert der Dachverband nicht. Doch aus seiner Sicht sollte der vierte Eskalationsschritt – jener mit Verboten von Kinos, Konzerten oder Skiliften – vor der Kontingentierung für Grossverbraucher erfolgen, da diese grosse Schäden verursachen würde. Der Strom für 34’000 Verbraucher soll also erst dann rationiert werden, wenn die Skilifte schon stillstehen.
SVP fühlt sich an DDR erinnert
Bei einigen Verboten ist aus Sicht von Economiesuisse unklar, wie die Einhaltung überprüft werden soll und wie die Betroffenen informiert würden. Das kritisiert auch die SVP. Besonders empört ist sie darüber, dass der Bundesrat schreibt, die soziale Kontrolle würde eine gewisse Rolle spielen. «Dass sich nun Nachbarn kontrollieren und denunzieren sollen, erinnert an Methoden aus der DDR», schreibt die Partei. Das sei höchst verwerflich. Die Eingriffe in die private Lebensführung seien «nicht durchsetzbar und in der Summe nicht angemessen». Die Pläne zur Kontingentierung kritisiert die SVP ebenfalls. Sie weist die Verordnungsentwürfe – die SVP-Bundesrat Guy Parmelin ausarbeiten liess – «zur vollständigen Überarbeitung» zurück.
Die SP begrüsst die Bestrebungen des Bundesrats zwar grundsätzlich. Sie stört sich aber daran, dass Haushalte schneller und drastischer von Einschränkungen betroffen wären als die Wirtschaft. Dieses Ungleichgewicht schwäche die Akzeptanz. Weiter kritisiert die SP, dass die Massnahmen teilweise energiepolitische Ziele untergraben – etwa dadurch, dass nicht zwischen Wärmepumpen und Elektroöfen unterschieden wird.
Mit weiterer Kritik ist zu rechnen: Andere Parteien und Verbände arbeiten noch an ihren Stellungnahmen.
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