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Berechnung des Bundes der Steuerzahler
Soviel erhält Merkel nach ihrem Ausscheiden

Angela Merkel während einer Pressekonferenz im Hafen vom Stralsund: Sie wird den Wahlkreis Stralsund-Greifswald-Rügen-Vorpommern mit einem Direktmandat im Bundestag seit 1990 vertreten haben.
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Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wird nach dem Ausscheiden aus dem Amt nach einer Berechnung des Bundes der Steuerzahler monatliche Altersbezüge von rund 15’000 Euro (ca. 16’000 Franken) erhalten. Die 67-Jährige tritt nach fast 16 Jahren als Regierungschefin bei der Parlamentswahl im September nicht mehr an.

Diese Versorgungsansprüche ergäben sich aus ihrer langjährigen Mitgliedschaft im Bundestag sowie aus ihrer Zeit als Bundesministerin und Kanzlerin, teilte die Organisation am Freitag auf Anfrage mit.

Die Versorgungsansprüche sind gesetzlich geregelt. Für ihre Mitgliedschaft im Bundestag stehen sie im Abgeordnetengesetz, für ihre Zugehörigkeit zur Bundesregierung im Bundesministergesetz. Nach Paragraf 20 des Abgeordnetengesetzes stünde Merkel beispielsweise für ihre rund 31 Jahre im Parlament der Höchstbetrag von 65 Prozent der Abgeordnetenentschädigung zu. Allerdings werden die verschiedenen Versorgungsansprüche miteinander verrechnet.

Wie alle Altkanzler und ehemalige Bundespräsidenten wird die CDU-Politikerin zudem Anspruch auf ein Büro haben. Ausserdem werden ihr ein Büroleiter oder eine Büroleiterin, zwei Referenten, eine Schreibkraft und ein Fahrer finanziert.

Rennen um die Nachfolge völlig offen

Sechs Wochen, bevor die Bürger zu den Urnen für die Bundestagswahl gerufen werden, zeichnet sich in den Meinungsumfragen kein klarer Favorit mehr ab. Mehrere verschiedene Regierungsbündnisse sind denkbar.

Bei der Wahl geht es um die Nachfolge von Angela Merkel, die auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Nach den Umfragen ist es keineswegs mehr sicher, dass das Kanzleramt in der Hand der Christdemokraten bleibt, die in 52 der 72 Jahre seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 den Kanzler oder die Kanzlerin gestellt haben.

In einer jüngsten Forsa-Umfrage ist die CDU/CSU als derzeit noch stärkste Kraft im Lande auf 23 Prozent zurückgefallen. Im Wochenvergleich bedeutet das einen Verlust von drei, seit Mitte Juli gar von sieben Prozentpunkten.

Zweitstärkste Kraft bleiben, wie in den meisten anderen Umfragen, die Grünen vor den Sozialdemokraten (SPD), den Liberalen (FDP), der rechtspopulistischen AfD und der Partei Die Linke. Im künftigen nationalen Parlament müssten sich mindestens drei Parteien zusammenschliessen, um auf eine Mehrheit zu kommen.

Die derzeitige schwarz-rote Koalition aus CDU/CSU und SPD, die man früher als «grosse Koalition» bezeichnete, hätte schon lange keine Mehrheit mehr. Nach den Forsa-Zahlen, wäre eine «Jamaika»-Koalition (Schwarz-Gelb-Grün) aus CDU/CSU, FDP und Grünen möglich, eine «Ampel» aus Grünen, SPD und FDP, eine Kombination aus CDU/CSU, SPD und FDP oder auch ein Linksbündnis aus Grünen, SPD und Linker.

Probleme mit Kandidat Laschet

Lange sah es in Deutschland danach aus, dass keine Regierungsbildung ohne die Union, also Merkels CDU und ihre nur in Bayern antretende Schwesterpartei CSU, möglich sein würde. Geht es nach dem Umfragetrend, ist das nun nicht mehr so sicher. Glaubt man den Meinungsforschern, dann hat die Union ein Problem mit ihrem Kanzlerkandidaten, dem CDU-Vorsitzenden und nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet.

Denn würde der Regierungschef in Deutschland direkt gewählt, dann würden sich nach einer Insa-Umfrage aus der vorigen Woche 27 Prozent der Wähler für den SPD-Spitzenkandidaten, Bundesfinanzminister Olaf Scholz, entscheiden. Laschet käme nur auf 14 Prozent und die Grünen-Chefin Annalena Baerbock auf 13 Prozent. 36 Prozent der Befragten gaben an, niemanden der drei wählen zu wollen.

Der Kanzler oder die Kanzlerin wird in Deutschland nicht direkt gewählt, sondern vom neuen Bundestag. Nur die CDU/CSU, die SPD und die Grünen haben Kanzlerkandidaten aufgestellt. Im Unionslager hatte sich Laschet am 20. April gegen den CSU-Chef und bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder durchgesetzt. Letzterer war in den Umfragen zwar deutlich populärer, doch die Führungsgremien der grösseren der beiden Schwesterparteien erwiesen sich als stärker.

Mehr Angriffslust gefordert

In der Union ist schon Unmut über einen zu passiven Wahlkampf aufgekommen, Söder forderte mehr Angriffslust. Laschet versprach, der Wahlkampf werde in den kommenden Wochen noch Fahrt aufnehmen, zunächst hätten aber die Hilfen für die Hochwasseropfer Vorrang. Als Krisenmanager nach den schweren NRW-Überschwemmungen machte Laschet nicht immer eine glückliche Figur, bei einem Besuch im Dorf Swisttal im Katastrophengebiet wurde er von Einwohnern ausgebuht.

In der «Bild am Sonntag» sagte Laschet nun, er setze auf einen Wahlkampf, der die Unterschiede zwischen den Parteien klar sichtbar mache. Er sprach von einer «historischen Wahl».

Ein Kanzler Laschet als Nachfolger seiner Parteifreundin Merkel stünde in Europas grösster Volkswirtschaft wohl am stärksten für Kontinuität. In den grossen aussen- und europapolitischen Fragen gibt es aber auch bei den meisten anderen Partei keine grossen Unterschiede. Die Linke allerdings wehrt sich gegen Militäreinsätze im Ausland, was das Zustandekommen einer grün-rot-roten Koalition, falls sie auf eine rechnerische Mehrheit käme, erschweren dürfte.

Grüne, SPD und Linke wollen die Reichen im Lande mit einer höheren Einkommenssteuer stärker zur Kasse bitten und eine Vermögenssteuer einführen. Die Liberalen wehren sich gegen jede Steuererhöhung und versprechen den Bürgern Entlastung. Die Grünen wollen ein Umweltministerium mit Vetorecht bei Gesetzesvorhaben, die nicht konform mit dem Pariser Klimaabkommen von 2015 sind. Ausserdem will die Ökopartei möglichst bald ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde auf den deutschen Autobahnen einführen. Ob sie das durchsetzen kann, würde sich dann in den Koalitionsverhandlungen entscheiden.

sda/afp