Kolumne «Miniaturen des Alltags»Sorry, lieber Nachbar, mein Daumen ist leider braun
Nicht alle haben ein Talent für Gartenarbeit. Redaktor Nicola Ryser musste das zuletzt wieder feststellen – zuungunsten seines Nachbarn.
Niemand ist perfekt. Oder anders gesagt: Jeder Mensch hat mindestens eine Schwachstelle, eine Achillesferse in irgendeinem Bereich des Lebens, mit welcher er einfach nicht zurechtkommt, egal, was er tut. Für einige ist es vielleicht das Kopfrechnen, für andere sind es jeglichen Sportarten mit Bällen.
Bei mir ist es der Umgang mit Pflanzen. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich mag Pflanzen. Sie bringen Farbe, Ambiente und Feng-Shui ins eigene Zuhause. Das Problem: Bei mir haben sie gefühlt eine Lebensdauer von zweieinhalb Wochen. Und ihr Tod ereilt sie dabei immer auf ähnliche Weise. Entweder sie ertrinken oder sie verdursten.
Die Todesserie begann in meinen Jugendjahren mit einem kleinen Kaktus – der in jeder Wüste auf der Welt gedeiht wäre, jedoch bei mir nach gut einem Jahr das Zeitliche segnete – und endete zuletzt mit einer Orchidee, die zwar wunderschön war, jedoch bessere Überlebenschancen in einem Topf schwimmend im Indischen Ozean gehabt hätte als bei mir.
Ich möchte hier festhalten: Ich bin kein Mörder. Also kein absichtlicher. Ich meine es doch nur gut. Und gelobe Besserung. Zumindest habe ich zuletzt nochmals eine Chance bekommen. Mein Nachbar ging vergangene Wochen in die Ferien und überliess mir guten Mutes seine Kräuter und – aufgepasst – seine Orchidee.
Die Zwischenbilanz nach einer Woche sieht jedoch düster aus. Das Basilikum hat wohl zu viele Sonnenbrände einstecken müssen, der Peterli riecht streng, und von der Orchidee ist nur noch der Stiel übrig. Zum Glück kommt der Nachbar bald wieder nach Hause, von da an beginnt die botanische Rekonvaleszenz. Und für nächstes Mal muss ich sagen: «Sorry, lieber Nachbar, mein Daumen ist leider braun. Auf die Haustiere kann ich aber gern aufpassen.»
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