Mehrwertsteuer-RabattHoteliers pochen auf Verlängerung ihres 270-Millionen-Franken-Privilegs
Hotels profitieren heute von einem tieferen Mehrwertsteuersatz. 2027 läuft dieser aus, doch die Branche will daran festhalten. Wieso ihre Chancen gut stehen – trotz Sparpaket und Übernachtungsboom.

- Die Hotelbranche spart dank ihrer tieferen Mehrwertsteuer jährlich 270 Millionen Franken.
- SVP-Ständerätin Esther Friedli will den Sondersatz dauerhaft im Gesetz verankern.
- Der Bundesrat hält dies für unnötig, weil es dem Schweizer Tourismus heute gut gehe.
- Die Wahrscheinlichkeit einer siebten Verlängerung des Sondersatzes ist hoch.
Es geht um viel Geld. 270 Millionen Franken spart die Schweizer Hotellerie Jahr für Jahr dank ihres Sondersatzes bei der Mehrwertsteuer. Während für die meisten Güter und Dienstleistungen 8,1 Prozent fällig werden, sind es bei Übernachtungen (samt Frühstück) lediglich 3,8 Prozent.
Diese Spezialbehandlung gilt seit 1996. Sie wurde als vorübergehende Massnahme eingeführt, um die seinerzeit notleidende Hotellerie zu unterstützen. Inzwischen wurde der Sondersatz aber bereits sechsmal verlängert.
Zuletzt geschah dies 2017. Damals hätten sich die Hoteliers ihr Privileg am liebsten gleich definitiv gesichert. Entsprechend wollten sie es im Gesetz dauerhaft verankern lassen. So weit mochte das Parlament dann aber doch nicht gehen. Stattdessen verlängerte es den Sondersatz befristet bis Ende 2027.
55 Prozent aller Gäste aus dem Ausland
Nun steht die siebte Verlängerung zur Debatte. Die St. Galler SVP-Ständerätin Esther Friedli hat eine entsprechende Motion eingereicht, die am nächsten Montag im Ständerat traktandiert ist.
Auch jetzt ist wieder von einer «definitiven Festlegung des Sondersatzes» die Rede. Damit will Friedli «die bewährte Ordnung bei der Mehrwertsteuer» fortsetzen und Planungssicherheit schaffen.
Ihr zufolge braucht die Hotelbranche den tieferen Steuersatz, «um auch nur annähernd international konkurrenzfähig zu sein». Hebe man die Steuer an, müssten die Hotels die Mehrkosten auf die Übernachtungspreise überwälzen. «Das Preisniveau in der Schweiz ist heute schon hoch», gibt Friedli zu bedenken.

Sie betreibt mit ihrem Partner, dem ehemaligen SVP-Präsidenten Toni Brunner, einen Landgasthof im Toggenburg und sitzt im Vorstand des Branchenverbands Gastrosuisse. Ihr «Haus der Freiheit» wäre laut Friedli aber weniger betroffen als andere. Denn der Betrieb mache den grössten Teil des Umsatzes mit Essen und Getränken, nicht mit den neun Gästezimmern. Überdies kämen 98 Prozent der Kundschaft aus der Schweiz.
Betrachte man hingegen die gesamte Branche, so Friedli, würden 55 Prozent aller Übernachtungen auf ausländische Gäste entfallen. Entsprechend habe die Hotellerie Exportcharakter, weshalb die Spezialbehandlung angebracht sei. «Ausser Dänemark haben alle EU-Staaten einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für die Beherbergung», gibt die Gastronomin zu bedenken.
Friedli mahnt, für die Branche sei der Sondersatz existenziell. Denn die Margen seien knapp. Viele Betriebe hätten schwierige Jahre hinter sich und müssten immer noch Corona-Kredite zurückzahlen.
Bundesrat hält Sondersatz für nicht mehr nötig
Der Bundesrat hingegen will nichts von einer Verlängerung des Sondersatzes wissen. Er begründet das unter anderem mit der positiven Entwicklung des Tourismus. Dieser sei nicht mehr auf die vorübergehende Massnahme angewiesen.
Erreichte doch die Branche im vergangenen Jahr ein neues Rekordhoch mit 42,8 Millionen Logiernächten. Das sind 2,6 Prozent mehr als im Vorjahr und 38 Prozent mehr als 1996. Dieser Trend werde sich wohl fortsetzen, schreibt die Landesregierung in ihrer Stellungnahme zur Motion Friedli.
Auch widerspreche eine Verlängerung des Sondersatzes dem bundesrätlichen Ziel, die Mehrwertsteuer zu vereinfachen. Von einem Wechsel zum Normalsatz verspricht sich der Bundesrat weniger administrativen Aufwand – sowohl bei den betroffenen Unternehmen als auch bei der Steuerverwaltung.
Vor allem aber will er nicht auf die Mehreinnahmen von jährlich 270 Millionen Franken verzichten. Der Bundesrat kann dieses Geld angesichts seiner Finanznöte gut gebrauchen. Und er hat es in der Finanzplanung auch bereits eingestellt. Sollten sich die Hoteliers im Parlament durchsetzen, fehlt dem Bund also noch mehr Geld als bisher prognostiziert. In der Folge müsste man anderswo mehr sparen oder die Steuern erhöhen.
Keller-Sutter macht sich keine Illusionen
Die Wahrscheinlichkeit, dass es dazu kommt, ist hoch. Denn Esther Friedlis Anliegen ist im Parlament breit abgestützt. Der Fraktionschef der Mitte, Philipp Matthias Bregy, hat im Nationalrat eine weitere Motion mit demselben Wortlaut eingereicht. Sein Vorstoss gelangt aber erst später zur Abstimmung, weshalb sich die Aufmerksamkeit nun auf den Ständerat richtet.
Dessen vorberatende Kommission empfiehlt Friedlis Vorstoss mit 7 zu 2 Stimmen zur Annahme. Damit will sie sicherstellen, dass das Gesetz rechtzeitig angepasst und der Sondersatz nahtlos verlängert werden kann. Im Bericht der Kommission steht aber auch, der Sondersatz könne «im Rahmen des Entlastungspakets einer neuen Beurteilung unterzogen werden».
Finanzministerin Karin Keller-Sutter macht sich freilich keine grossen Illusionen. Obwohl die zusätzlichen 270 Millionen Franken noch in ihrem Finanzplan stehen, glaubt sie nicht wirklich daran, wie sie vor den Medien durchblicken liess. Denn die Tourismusbranche ist im Parlament gut vertreten. So gut, dass das Steuerprivileg wohl auch ein siebtes Mal verlängert wird.
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