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Ticker zur Medienkonferenz
«So hohe Preissprünge hat es noch nie gegeben»: Sommaruga erklärt Notfall-Massnahme für Axpo

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bundesrat hat für den Energieversorger Axpo den Rettungsschirm aktiviert.

  • Er spricht Axpo eine Kreditlinie von bis zu 4 Milliarden Franken, diese ist an strenge Bedingungen geknüpft. Der Kredit unterliegt marktüblichen Zinsen, einem Risikozuschlag und einem Dividendenverbot.

  • Mit der temporären Staatshilfe soll eine Kettenreaktion verhindert werden, bei der andere Stromunternehmen mitgerissen werden.

  • Notwendig ist der Kreditrahmen aufgrund der enormen Preisausschlägen auf den Energiemärkten. Solche habe es noch nie gegeben, sagt Sommaruga.

  • Oberstes Ziel des Bundesrats sei es, damit die Stromversorgung in der Schweiz sicherzustellen.

  • Axpo-Eigentümer wie die Kantone Zürich und Aargau oder die EKZ begrüssen den Rettungsschirm. Der Berner Stromkonzern BKW kritisiert den schritt allerdings.

Die gesamte Medienkonferenz können Sie hier nachschauen.

Sommaruga beginnt: Extreme Situation am Strommarkt

«Energie ist in Europa knapp, seit Russland die Ukraine angegriffen hat», erklärt Bundesrätin Sommaruga. Der Bundesrat verfolge ein Ziel: «Es geht darum, die Energieversorgung in der Schweiz sicherzustellen», sagt Bundesrätin Simonetta Sommaruga zur Eröffnung. «Auch in extremen Situationen». Und so eine gebe es derzeit, das zeigten die aktuellen Preissprünge im Energiebereich. Diese hätten sich so stark verschärft, dass die Axpo den Bund am Freitag um eine temporäre Liquiditätsüberbrückung gebeten hat. Dieses Gesuch wurde am Wochenende geprüft und vom Bundesrat am Montag bewilligt. Die Axpo kann nun die vier Milliarden Franken Kredit beziehen, wenn dies nötig wird, damit die Energieversorgung der Schweiz nicht gefährdet wird.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Medienkonferenz

  • Bundesrätin Simonetta Sommaruga, Vorsteherin Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK)

  • Benoît Revaz, Direktor des Bundesamts für Energie (BFE)

  • Sabine D’Amelio-Favez, Direktorin der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV)

Benoît Revaz, Simonetta Sommaruga und Sabine D'Amelio-Favez während der Medienkonferenz am Dienstagmorgen in Bern.

Ausgangslage: Bund stützt Axpo mit Milliardenkredit

Dem Stromkonzern droht akute Zahlungsunfähigkeit. Nun greift der Bundesrat zu einer drastischen Massnahme. (Lesen Sie dazu: Paukenschlag im Schweizer Energie-Business: Bund stützt Axpo mit Milliardenkredit)

Es geht um die Stabilität des Schweizer Stromnetzes: Hat einer der grossen einheimischen Produzenten auf einmal kein Geld mehr, um am Stromhandel teilzunehmen, könnte das ganze System kollabieren – und ein Black-Out das Land lahmlegen.

Wie es aussieht, wird dieses Szenario nun akut. Der Axpo-Konzern ist in Zahlungsnot geraten – und muss vom Bundesrat gerettet werden. Dies wurde am Dienstagmorgen bekannt. «Verwaltungsrat und Geschäftsleitung von Axpo haben entschieden, beim Bund am 2. September 2022 einen Antrag auf eine Kreditlinie in Höhe von bis zu 4 Milliarden Franken zu stellen. Der Bundesrat und die Finanzdelegation haben diesem Antrag am 5. September 2022 zugestimmt», teilte die Axpo am Dienstagmorgen mit. Der Bundesrat bestätigt den Sachverhalt in einer Medienmitteilung. Energieministerin Simonetta Sommaruga (SP) und weitere Verantwortliche wollen um 8.30 Uhr an einer Medienkonferenz in Bern über die Einzelheiten informieren.

Gemäss Medienmitteilung des Bundesrats wird der sogenannte Rettungsschirm aktiviert, den die Regierung in der ersten Jahreshälfte für die Stromkonzerne kreiert hat. Dieser sieht Bundesdarlehen für «systemkritische» Stromunternehmen vor, denen Zahlungsunfähigkeit droht. Als systemkritisch – das heisst unverzichtbar für eine funktionierende Stromversorgung – gelten vor allem Axpo, Alpiq und BKW.

Die anderen beiden grossen Stromkonzerne Alpiq und BKW scheinen vorerst nicht betroffen. Alpiq hatte an der Medienkonferenz kürzlich betont, trotz der steigenden Strompreise erstmal zurechtzukommen. Zum Jahreswechsel hatte Alpiq ähnliche Probleme und daher staatliche Hilfen beantragt, diesen Antrag dann aber wieder zurückgezogen. Die Aktivierung des Schweizer Energie-Rettungsschirms durch den Bundesrat begrüsst Alpiq nun, wie es in einer Mitteilung heisst. Dies sende ein wichtiges, vertrauensbildendes Signal an die Märkte.

Bei BKW sank der Reingewinn im ersten Halbjahr zwar um zwei Drittel auf 71 Millionen Franken, die Liquidität ging aber nur leicht zurück: das Unternehmen verfügte per Ende Halbjahr aber kurzfristige Mittel von knapp einer Milliarde.

Notrecht: Höchste Zeitnot

Vorgesehen ist eigentlich, dass der Rettungsschirm eine reguläre gesetzliche Grundlage erhält. Im Juni stimmte der Ständerat der Vorlage zu; schon nächste Woche soll auch der Nationalrat darüber entscheiden. Statt den Ausgang der parlamentarischen Debatte abzuwarten, wendet der Bundesrat die Bestimmungen nun aber per sofort via Notrecht an. Dies zeigt, wie ernst die Lage für die Axpo ist.

Dass der Bundesrat im schlimmsten Fall so handeln würde, stellte Sommaruga schon während der Juni-Debatte im Ständerat klar: «Wir rechnen mit einem Zeitrahmen von 24 bis 48 Stunden, um eine Liquiditätsunterstützung zu gewähren», sagte die Energieministerin damals. Das knappe Zeitfenster für die Rettung dürfte erklären, weshalb Sommaruga jetzt nicht einmal mehr die ordentliche Bundesratssitzung vom Mittwoch abwartet.

Stürme an der Börse

Gesichert ist, dass den Stromkonzernen die hohen Preise im Handelsgeschäft zu schaffen machen. Bei einem Stromverkauf über die Börse müssen die Konzerne Sicherheiten hinterlegen. Erst wenn der Strom geliefert wird und das Geschäft abgeschlossen ist, bekommen die Firmen dieses Geld wieder zurück.

Wenn der Strompreis steigt, dann steigen auch die Sicherheiten, die die Konzerne bei der Börse hinterlegen müssen. Dadurch wächst der Liquiditätsbedarf der Firmen. In den vergangenen Tagen schnellten die Strompreise in Europa in ungeahnte Höhen. Die Hauptgründe dafür sind der Ukraine-Krieg und Russlands Entscheid, kein Gas mehr über die Pipeline Nord Stream 1 nach Europa zu liefern. Diese Verwerfungen bringen nicht nur Schweizer Konzerne, sondern auch europäische Branchengrössen in die Bredouille. Deutschland etwa stützt den Uniper-Konzern mit Milliardenhilfen, um eine Pleite zu verhindern.

Seltene Massnahme

Dass der Bundesrat per Notrecht eine Firma rettet, kommt äusserst selten vor. Dramatisch in Erinnerung geblieben ist die Hilfsaktion für die Grossbank UBS im Oktober 2008. Die weltumspannende Finanzkrise brachte die UBS damals an den Rand des Untergangs. Bundesrat und Nationalbank sprangen mit Liquiditätshilfen von rund 60 Milliarden Franken ein. Die UBS galt als «too big to fail», zu gross, um sie scheitern zu lassen – so ähnlich wie heute Axpo, Alpiq und BKW.

Stromhändler im Interview

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SDA/hä/anf