Kritik nach Enthüllungsbuch über Trump So rechtfertigt Woodward die späte Veröffentlichung
Präsident Trump hat dem Starreporter im Winter verraten, dass er die Öffentlichkeit bewusst über die Gefährlichkeit des Coronavirus täuscht. Stellte Woodward daraufhin Geschäftsinteressen über die öffentliche Gesundheit?
Weniger als zwei Monate vor der Präsidentschaftswahl veröffentlicht der Starreporter Bob Woodward ein Buch mit brisanten Aussagen: US-Präsident Trump gab schon Ende des Winters im Gespräch mit dem Journalisten zu, dass er weiss, wie gefährlich das Coronavirus ist – und dass er der Öffentlichkeit dieses Wissen bewusst vorenthält.
In dem Land, das inzwischen mehr als 190'000 Covid-19-Tote und 6,3 Millionen Infizierte zählt, fragen sich nun viele: Warum hat der Enthüllungsjournalist dieses Wissen fast ein halbes Jahr für sich behalten? Der demokratische Gouverneur von New Jersey, Phil Murphy, sagte dem Fernsehsender CNN, er hätte deutlich früher Sicherheitsmassnahmen veranlasst, wenn er diese Informationen gehabt hätte.
Journalisten diskutieren, ob Woodwards Vorgehen moralisch zu verantworten ist. Andere werfen ihm vor, er sei mit Trumps Aussagen erst jetzt an die Öffentlichkeit gegangen, damit sich sein Buch wenige Wochen vor der Wahl besser verkaufe. Auf diese Weise stelle er Geschäftsinteressen über die öffentliche Gesundheit.
Woodward widerspricht diesen Vorwürfen. Er sagt, Trump erzähle Dinge, die einer Prüfung nicht standhielten. Deswegen habe er sich damals erst einmal dieselbe Frage gestellt wie schon als Reporter der Washington Post in Präsident Richard Nixons Watergate-Affäre: «Was wusste er und wann wusste er es?»
«Tödliches Zeug»
Trump habe ihm zwar bereits im Winter gesagt, dass er gewusst habe, dass das Virus hochansteckend und gefährlich sei, die Gefahr aber öffentlich heruntergespielt habe, sagte Woodward. Er habe als Reporter aber prüfen müssen, ob das tatsächlich zutreffe. Dafür habe er bis Mai gebraucht. Als er zudem herausgefunden habe, dass sich Trump bei seinen Interview-Aussagen über das Virus auf verlässliche Informationen gestützt habe, sei die Pandemie schon in den gesamten USA verbreitet gewesen.
«Wenn ich damals die Geschichte über das gebracht hätte, was er im Februar wusste, hätte uns das nichts gesagt, was wir nicht schon wussten», sagte Woodward. Die Angelegenheit sei bereits keine Sache der öffentlichen Gesundheit mehr gewesen, sondern eine politische Frage. Deshalb habe er sich darauf konzentriert, sein Buch vor dem Wahltermin herauszubringen.
Nach eigenen Aussagen hat Woodward zwischen Dezember und Juli 18 Mal mit dem US-Präsidenten gesprochen. Belegt werden diese Aussagen mit Tondokumenten. Im Februar habe er ihn erstmals auf das Virus angesprochen. «Das ist tödliches Zeug», sagte Trump laut Woodwards Buch «Rage», («Zorn»), das kommende Woche veröffentlicht werden soll. «Sie atmen einfach die Luft ein und das ist es, wie es sich überträgt. Das ist raffiniert, das ist heikel. Es ist auch tödlicher als selbst unsere heftigen Grippen.» Öffentlich erklärte Trump damals hingegen, das Virus sei nicht schlimmer als eine saisonale Grippe und die Regierung habe es völlig unter Kontrolle.
Im März räumte Trump dann gegenüber Woodward ein, er habe die Gefahr vorsätzlich kleingeredet. «Ich wollte es immer herunterspielen», sagte er Woodwards Buch zufolge. «Ich spiele es immer noch gern herunter, weil ich keine Panik verursachen will.»
sz/ap
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